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Predigt zu Apostelgeschichte 27 in Auszügen, 16. Sonntag nach Trinitatis 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

heute feiern wir das Abendmahl miteinander - außer der Reihe, weil es Anfang September und am nächsten Sonntag nicht passt. Ausfallen lassen wollen wir es nicht.
Weshalb? Es ist vielen in der Gemeinde sehr wichtig. Aber warum?
Für viele von uns ist der persönliche Zuspruch der Vergebung ganz entscheidend.
"Für Dich gegeben" - Jesus hat sich in den Tod gegeben, damit wir leben können.
Das ist ein zentraler Punkt, wenn wir Abendmahl feiern, aber - es ist nicht der Einzige!
In einer kleinen Gruppe haben wir uns darüber unterhalten und da kam die Anregung:
Mach das doch mal zu Thema einer Predigt: was noch drin steckt im Abendmahl.
Deshalb lade ich Sie heute ein, mitzugehen auf eine abenteuerliche Geschichte aus der Anfangszeit der Gemeinde.
Eine Geschichte, bei der man den Bezug zum Abendmahl zunächst einmal gar nicht erkennt.
Im vorletzten Kapitel seiner Apostelgeschichte erzählt Lukas vom Schiffbruch des Paulus auf seiner Reise als Gefangener nach Rom.
Zwei Jahre vorher war Paulus in Jerusalem gefangen gesetzt worden - erst, um ihn vor einer aufgebrachten Menge zu schützen, dann wegen des Vorwurfs, Aufruhr zu schüren.
Sein Prozess wurde lange verschleppt - er berief sich auf sein römisches Bürgerrecht und hatte so den Anspruch, vor ein kaiserliches Gericht nach Rom gebracht zu werden.
Der Reisebericht ist lang und ausführlich. Ich fasse deshalb zusammen und lese dann nur den für heute morgen entscheidenden Abschnitt:
Ein römischer Offizier mit Namen Julius bekommt den Auftrag, Paulus und einige andere Gefangene aus Cäsarea an der Küste des heutigen Israel nach Italien in die Hauptstadt zu bringen.
Die Truppe aus vielleicht zwanzig Soldaten und zehn Gefangenen bricht also auf.
Es kommt einem ein bisschen so vor, als wenn sie per Anhalter unterwegs gewesen seien.
Keine direkte Verbindung ist zu kriegen. Die ersten beiden Schiffe bringen sie jeweils nur kurze Strecken voran. An der Südküste der Türkei stockt die Reise. Es ist Spätherbst, das Wetter wird schlechter. Kleine Schiffe wagen gar nicht mehr, die Häfen zu verlassen.
Aber dann läuft in Myra ein großer Getreidefahrer aus Ägypten ein.
Sein Ziel: Rom, möglichst noch vor dem Winter.
Hauptmann Julius atmet auf und bucht sofort alle freien Plätze. Mit der Abteilung Soldaten und den Gefangenen sind nun 276 Mann an Bord. Eine Titanic der Antike.
Es geht weiter, aber mühsam gegen den Wind. Schließlich erreichten sie die Ostspitze Kretas - die letzte große Insel vor der Überfahrt nach Italien.
Das Wetter wird immer schlechter und Paulus, ein erfahrener Seereisender - spricht mit dem Hauptmann. Er rät dazu, dort, wo sie gerade sind, zu überwintern.
Sonst droht für Schiff und Mannschaft echt Gefahr.
Aber - so erzählt Lukas - der Hauptmann glaubte dem Steuermann und dem Schiffseigner mehr als Paulus. Wenigstens noch einen Hafen weiter wollten sie segeln, nur um die Insel herum - dort sei das Überwintern bequemer.
So wird´s gemacht und es passiert: Sie laufen aus, widrige Winde erfassen das Schiff und treiben es weg vom Land. Aus dem Wind wird ein Sturm. Sie verlieren völlig die Orientierung und 14 Tage lang treiben ziellos dahin - nur gebremst durch Schleppanker.
Dann glauben die Seeleute, eine Veränderung der Wellen zu spüren. Es ist Land in der Nähe! Es ist finsterste Nacht - trotzdem versuchen sie, mit dem Beiboot zu türmen.
Paulus kriegt Wind davon und warnt den Hauptmann. Der gibt Befehl und die Soldaten kappen die Seile des Beibootes, das schon zu Wasser gelassen war.
Die Meuterei ist so eben abgewendet, der Sturm tobt nach wie vor.
Dann graut der Morgen. Lukas schreibt:
Und als es anfing hell zu werden, ermahnte Paulus sie alle, Nahrung zu sich zu nehmen, und sprach: Es ist heute der vierzehnte Tag, dass ihr wartet und ohne Nahrung geblieben seid und nichts zu euch genommen habt. Darum ermahne ich euch, etwas zu essen; denn das dient zu eurer Rettung; es wird keinem von euch ein Haar vom Haupt fallen. Und als er das gesagt hatte, nahm er Brot, dankte Gott vor ihnen allen und brach's und fing an zu essen. Da wurden sie alle guten Mutes und nahmen auch Nahrung zu sich.
Bei der Wortwahl kann man stutzig werden: er nahm Brot, dankte Gott vor ihnen allen und brach's und fing an zu essen. - das sind fast exakt die Worte aus dem Abendmahlsbericht.
Die Worte, die wir in jeder Mahlfeier hören.
Lukas gebraucht hier liturgisch fest geprägte Sprache.
Worte, die schon Jesus so gesagt hatte. Das ist kein Zufall!
Bei den ersten Christen hieß das Abendmahl einfach "Brotbrechen". Vermutlich hat es auch nicht jedes Mal Wein gegeben. Die komplette Form - wie wir sie kennen, losgelöst von einem Essen zum Sattwerden, das hat sich erst später entwickelt.
Zur Zeit des Paulus jedenfalls waren Mahlfeier und Mahlzeit selbstverständlich eins.
Und es gibt eine Formulierung in den Abendmahlsworten, die darauf hinweist:
Jesus hat gesagt: Dieser Kelch ist der neue Bund, geschlossen in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut - und jetzt kommt´s - sooft ihr davon trinket, zu meinem Gedächtnis.
Der Auftrag zur Wiederholung kann so verstanden werden, dass wir bei jedem Abendmahl im Gottesdienst an Jesus denken sollen. So ist es uns vertraut.
Es kann aber auch andersherum gemeint sein: sooft ihr vom Gewächs des Weinstocks trinkt, so oft ihr Brot esst, denkt dabei an mich und daran, was ich für Euch getan habe.
Dazu passt, dass die Jünger in Emmaus den Auferstandenen beim Brotbrechen erkannten - nicht im Gottesdienst, sondern zu Hause, an ihrem Tisch.
Aus Siebenbürgen wurde mir mal ein alter Brauch erzähltr: Da war es üblich, in jeden Laib Brot, den man anschnitt, erst ein Kreuz zu ritzen. Genau das ist es!
Nehmt mich mit in Euren Alltag! - sagt Jesus. Verwahrt mich bloß nicht in heiligen Räumen.
Das hat Paulus offenbar mitten im Chaos dieses Sturmes getan - Jesus ganz gelassen bezeugt.
Zwei Dinge werden daran deutlich:
1. Der Glaube hält Leib und Seele zusammen. "Ich ermahne Euch, etwas zu essen, denn das dient zu eurer Rettung".
"So ermahne ich Euch an Christi statt: Lasst Euch versöhnen mit Gott." - so hat Paulus selbst mal den Inhalt seines Predigens zusammengefasst. Hier klingt es sehr ähnlich.
Wenn Paulus ermahnte, dann erzählte er von Christus.
Außer ihm waren sicher höchstens noch eine Handvoll Christen mit an Bord. Bei 276 Mann. Vordergründig gilt: sie alle haben auf Paulus gehört und dann auch gegessen. Und sie alle haben die Strandung überlebt.
Ähnlich wie schon die Mannschaft, die den Jona ins Meer warfen, hat sich wohl die komplette Mannschaft dem Gott anvertraut, von dem Paulus sprach und sich später taufen lassen. Deshalb war Lukas so wichtig, die genaue Zahl zu nennen.
Am Mahl des Herrn dabei zu sein, das weckt eine Sehnsucht nach Jesus.
Das gilt heute wie damals.
Und so wie die Seeleute ihr Leben noch mal neu geschenkt bekamen, so erinnert das Brot, das wir teilen, uns daran: wir sind gerettet! In alle Ewigkeit.
Wir haben das Leben noch einmal neu geschenkt bekommen.
Paulus machte es vor - und sie alle fassten Mut und aßen auch.
2. Das andere, was ich an Paulus erkenne:
Er denkt radikal von der Zukunft her und radikal für andere.
Obwohl die Leute ja gegen seinen Rat, völlig selbst verschuldet in diese Lage gekommen sind, hat er sich nicht beleidigt zurück gezogen - nach dem Motto: "Wenn ihr nicht hören wollt, dann seht doch zu, wo ihr bleibt."
Nein, Paulus denkt von der Zukunft her. Er ist fest verwurzelt in Christus - der uns aus der Zukunft entgegen kommt. Da bleibt kein Platz für das Pflegen gekränkter Eitelkeiten.
Wer vom Mahl Jesu her lebt, der ist nicht nachtragend.
Der sieht die Anderen immer in dem Licht, das uns von der Ewigkeit her entgegenstrahlt.
Paulus sah in den Leuten in Seenot - mit all ihren Fehlern, mit ihrem Verrat aneinander, mit ihrer Angst und Verzweiflung - die, die Jesus retten wollte.
Das überstrahlt alle Dunkelheiten. Das macht uns zu einer Gemeinschaft von Versöhnten.
Deshalb feiern wir das Abendmahl nie allein. Rechts und links neben uns stehen andere, die Jesus genauso angenommen hat wie uns, die er genauso liebt - so, wie sie sind.
Das Abendmahl - es erinnert uns mitten im Alltag an die Ewigkeit, die auf uns wartet.
Und es stiftet eine Gemeinschaft, die über Sympathie und Freundschaft weit hinausrecht.
Alle sind eingeladen. Auch heute gilt:
"Nehmt Nahrung zu Euch. Keinem wird auch nur ein Haar vom Haupt fallen."
Darum kommt und esst vom Brot des Lebens. Kommt und trinkt vom Kelch des Heils.

Amen!

Björn Heymer