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Predigt zu 1. Petrus 5, 5b - 11, 15. Sonntag nach Trinitatis 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

vermutlich kennen Sie das alle: den sogenannten Türklinkeneffekt.
Da waren Sie irgendwo zu Besuch, und in dem Moment, als Sie sich verabschieden, fallen Ihnen - oder dem Gastgeber plötzlich lauter ganz wichtige Dinge ein, über die man eigentlich noch reden sollte.
Manchmal denke ich, in den Briefen der Apostel in der Bibel ist das ähnlich - in den letzten Zeilen stehen oft ganz wichtige Dinge.
Heute hören wir aus dem 1. Petrusbrief einen Teil der Schlussermahnungen.
Ich bitte Sie: wenn Sie das jetzt hören, achten Sie einmal darauf, wie Ihre Reaktion ist.
Was ist Ihnen vertraut, was befremdet Sie. Gibt es gar etwas, was Sie ärgert?
Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass eben dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.
Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Wie ist es Ihnen ergangen?
Vier Stichworte kamen nacheinander zur Sprache:
1. Demut - darüber sollen wir heute nachdenken - wollen Sie sich darauf einlassen?
2. Werft Eure Sorgen auf Gott - ein schöner, frommer Satz mit Verheißung - zu fromm, um wahr zu sein?
3. Der Widersacher - ein brüllender Löwe - sprechen wir über den Teufel?
4. Und dan ging es da noch um die ewige Herrlichkeit - das mag bei den ersten drei Themen etwas untergegangen sein.
Das Thema heute morgen ist also Demut.
Was ist Demut? Was haben Sie vor Augen, wenn Sie sich einen demütigen Menschen vorstellen? Also, ich denke zunächst an ein altes, stilles Mütterlein, das ihr Leben lang für andere die Wäsche und alles mögliche gemacht hat und dabei nie geklagt hat. Bewundernswert sicher, aber ehrlich gesagt, nicht gerade attraktiv als Vorbild für mich.
Das Verb dazu heißt demütigen - es kommt ja auch hier vor. Wir sollen uns demütigen unter Gottes gewaltige Hand. Im Passiv - gedemütigt werden das gehört zu den schlimmsten Dingen, die Menschen einander antun können. Die Folterbilder aus dem Irak gehen mir durch den Kopf - Demütigung ist grausam.
Da hat das Wort Demut plötzlich einen sehr schrillen, abschreckenden Klang.
Kann das gemeint sein, wenn Petrus uns ermahnt: "Haltet fest an der Demut"?
Es stimmt schon - Demut galt und gilt - zumindest theoretisch - bis heute als eine der christlichen Haupttugenden. Nur, bevor ich etwas positives darin erkennen kann, fallen mir Leidensgeschichten ein. Berichte von Menschen, die brutal gedemütigt wurden in der hehren Absicht, ihnen Demut beizubringen. Da ist Machtmissbrauch getrieben worden im Namen einer falsch verstandenen christlichen Tugend.
Da muss doch etwas grausam falsch gelaufen sein.
Denn echte Demut hat es nie mit Kriecherei, nie mit gebrochenen Persönlichkeiten zu tun.
Tatsächlich war Demut das wichtigste Kennzeichen des Auftretens Jesu: das er sanftmütig und von Herzen demütig war. So war er - gemäß der Ankündigung des Propheten Jesaja.
Kein Zufall, dass es genau das ist, was Philippus dem Afrikaner auf dem dritten Bild hier erzählt: Jesus war wahrhaftig demütig - und konnte so zur Erlösung werden für uns.
Wir müssen also auf Jesus schauen, wenn wir verstehen wollen, was Demut wirklich ist:
1. Demut hat nichts mit Äußerlichkeiten zu tun. In der Antike war die Demut ein wichtiges Thema der Denker und Dichter. Und es gab jede Menge Leute, die ihre Demut durch sichtbare Dinge demonstrieren konnten: Die einen kleideten sich in Lumpen, andere verzichteten auf Haarschnitt oder Körperpflege, verachteten das Geld oder bestimmte Speisen. All das kann Ausdruck von Demut sein - es kann aber ebenso gut eine Masche sein.
Und nun fällt auf: von Jesus wird nichts dergleichen berichtet. Im Gegenteil: sein Auftreten wirkte den Frommen zu lax, zu genussvoll, manchmal auch zu aggressiv.
Trotzdem oder gerade deshalb sagt Er: lernt von mir wahre, nicht veräußerlichte Demut.
2. und das ist das Entscheidende: Demut nimmt sich selber nicht so wichtig.
Demütig wie Jesus meint: nichts für sich selber wollen. Sein Leben hingeben für Andere.
Die meisten Menschen kreisen in ihren Gedanken vor allem anderen um sich selber kreisen. Und das kann zu sehr unterschiedlichem Verhalten führen.
Den klassischen Egoisten, der nur das tut, was ihm selber gefällt und nützt, den erkennen wir leicht. Und wer nur eine Spur von Verantwortungsbewusstsein gelernt hat, der weiß:
so funktioniert kein Zusammensein. Es braucht soziale Verantwortung, wenn das Miteinander gelingen soll.
Aber auch jemand, der sich im Dienst für eine gute Sache aufopfert und dafür Anerkennung und Lob erntet, der kann in seinem Herzen genauso egoistisch sein wie der andere.
Wir alle haben unterschiedliche Wege gelernt, unsere Zuendung zu bekommen. Manche verstehen es meisterhaft, durch soziales Engagement ihre Streicheleinheiten einzusammeln.
Das mag zwar gesellschaftlich nützlich sein, aber mit Demut hat das nichts zu tun.
Wenn wir mit unserem Tun für uns selber was anstreben, dann sind wir nicht demütig, sondern - ja, was? Das Gegenteil von Demut ist nicht einfach Hochmut, sondern eher Angst.
Die Angst, selber zu kurz zu kommen. Die Sorge, dass niemand nach uns fragt, wenn wir uns einsetzen. Und diese Angst, die verhindert echte Demut.
Darum spricht Petrus hier im selben Atemzug von den Sorgen.
"Alle eure Sorgen werfet auf ihn, denn er sorgt für Euch."
Was für ein ermutigender Satz. Wir sollen Werfer werden. Wirf deine Sorgen auf Gott!
Mir kam meine Mutter in den Sinn, die immer wieder erzählt hat, dass sie ganze Nächte lang nicht geschlafen hat, weil sie sich Sorgen machte um ihre Kinder gemacht hat.
Kennen Sie das auch? Dass Sorgen wie Mühlräder im Kopf herum gehen. Dass sie unsere ganze Aufmerksamkeit fordern und uns nicht zur Ruhe kommen lassen.
Was steht dahinter? Ist es nicht die Vorstellung, es hängt alles an uns? Dass es nur auf uns ankommt, ob eine Situation gut ausgeht? Ist in unseren Sorgen nicht Hochmut versteckt?
Dass wir meinen, wir allein könnten die Probleme der Welt lösen?
Sich Sorgen zu machen, das ist nicht die christliche Form, mit Probleme umzugehen.
Was aber dann? Es gibt ja wirklich Bedrohliches genug. Die Welt überfordert uns.
Müssen wir uns da nicht Sorgen machen?
Nein! Denn das Sorgen beinhalten die falsche Vorstellung, wir könnten für Lösungen sorgen.
Richtig ist vielmehr die Klage. Klagen heißt: vor Gott das ausbreiten, was uns bedroht.
Die Psalmen sind voll davon.
Da können wir es neu lernen, wenn wir das Klagen verlernt haben.
Aber das tun wir nicht. Stattdessen machen wir uns Sorgen.
Weil wir uns nicht demütigen unter die Hand Gottes, sondern ihn vergessen haben.
Wer die Welt immer so wahrnimmt, dass Gott da ist, der wird klagen - so wie Jesus geklagt hat. Aber er wird sich keine Sorgen machen.
Demütig sein heißt: mit Gottes Eingreifen rechnen!
Jetzt wird auch deutlich, weshalb Petrus betonen kann: "Alle miteinander - haltet fest an der Demut" Denn Demut ist nicht eine Typfrage! Es gibt nicht Leute, denen es leichter fällt, demütig zu sein als anderen. Das trifft nur für das Zerrbild von Demut zu. Für bestimmte Persönlichkeitstypen trifft es zu, dass sie Verhaltensmuster bevorzugen, die wir als demütig deuten.
Jesus schaut die Herzen an. Und er fragt nach Glauben - denn das ist Vertrauen in den lebendigen Gott.
Folgen wir Petrus weiter in seinen Ermahnungen:
Als er das hier schrieb, dachte er wohl an die Worte Jesu beim letzten Abendmahl:
"Simon, Simon, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Aber ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre."
Unser Herr weiß, dass der Widersacher nicht locker lässt im Kampf um die Herzen derer, die Jesus nachfolgen wollen. Und der Widersacher darf das tun - bei Hiob, bei Petrus, und auch bei der Gemeinde.
Jesus verhindert es nicht, aber er betet für uns, dass unser Glaube nicht aufhöre.
Jesus weckt immer neu in uns den Glauben. Und das haben auch wir bitter nötig.
Welches Gesicht der Teufel heute in unserer Wirklichkeit?
Damals waren die Christen in akuter äußerer Bedrängnis. Sie riskierten ihr Leben, wenn sie sich zu Jesus bekannten. Das gibt es bis heute und das ist nicht romantisch zu verklären.
Verfolgung für Leib und Leben - das ist eine harte Bedrängung für jeden Glaubenden.
Nun, das kennen wir nicht. Lässt uns deshalb der Satan in Ruhe? Hat er uns vielleicht gar vergessen? Nein, das sicher nicht!
Die Bedrohung für uns heute hat einen Namen und der ist: Gleichgültigkeit.
Die hat uns alle ziemlich in den Krallen - vielleicht sogar schon im Maul.
Es rührt uns nicht wirklich, wie viele Menschen in unserer Stadt leben, die keine Christen sind, die nie etwas Einladendes vom Glauben gehört haben.
Wenn sich Menschen zum Gebet versammeln - ja, man geht vielleicht mal hin, um es sich anzuschauen, aber die Fürbitte als einen Dienst zu erkennen - nein, das stört dann doch unser sorgsam geplantes Leben.
Wir lassen auch die Not, von der wir hören, nicht wirklich an uns heran.
Zu sehr sind wir überfordert von der Masse an Informationen, die auf uns einprasselt.
Wenn ich mal einen Abend Tagesschau und Tagesthemen gesehen habe, dann mach ich nicht den Apparat aus, um vor Gott zu klagen, nein, dann bin ich so platt, dass ich höchstens noch etwas Zerstreuung hinterher schiebe und dann müde ins Bett falle.
Die Liste ließe sich weiterführen. Wir sind fest in den Klauen des Zeitgeistes - und der sagt: "Es ist alles egal. Wir können ja doch nichts machen. Und die Mühe lohnt nicht"
Das alles ist nun nicht einfach unser falsches Verhalten, für das wir uns ein schlechtes Gewissen machen müssten. Das ist der Widersacher des Glaubens, der will, dass wir uns in Sorgen verzehren, anstatt zu glauben. Dem widersteht fest im Glauben, sagt Petrus.
Gleichgültigkeit hat nichts mit Glauben zu tun, sie ist das Gegenteil davon.
Darum erinnert Petrus uns an das Fundament, auf dem unser Glaube ruht:
"Der Gott aller Gnade hat Euch berufen zu seiner ewigen Herrlichkeit in Jesus Christus. Er wird Euch, die ihr jetzt eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, festigen und gründen."
Das hat Gott vor mit uns.
Darum lässt es uns nicht kalt, was mit den Menschen um uns herum geschieht.
Darum können wir das Sorgen sein lassen. Wenn schon, dann sollen wir ihm klagen, was uns bedrückt.
Darum sind wir auch befreit zu wahrer Demut: dazu, dass wir uns selber nicht mehr für die Mitte der Welt halten, sondern, wie Paulus es sagt:
Seid untereinander so gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus entspricht: In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst.

Amen!

Björn Heymer