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Predigt zu Römer 8, 14 - 17, 14. Sonntag nach Trinitatis 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

vor einigen Tagen besuchte ich eine sehr alte Dame zu ihrem Geburtstag. Und die überraschte mich mit dem Satz: "Ich bin richtig gespannt, wie es sein wird im Himmel!"
Tja, hab ich mir gedacht, das ist mal eine positive Einstellung zum Leben und zum Sterben.
Kein Jammern, kein Klagen. Kein ängstliches Festhalten an diesem Leben -
sondern die Offenheit für das, was dann kommt.
Aber dann folgte ein Satz, der machte mich ein bisschen traurig:
"Man weiß ja nicht, wie es sein wird."
Ist das wirklich so? Ja, solange wir von uns ausgehen, von unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten. Auch mit dem besten Willen, mit der besten Auswahl guter und frommer Leistungen werden wir nie mehr wissen als dies:
"Ich hoffe, dass Gott gerecht ist und dass er das Gute belohnt."
"Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!"
- das können wir uns nicht selber sagen.
Gewissheit im Glauben - das zu haben steht nicht in unserer Hand.
Christen - so hat mal jemand gesagt - überschreiten ständig die Grenze zwischen zwei Räumen. In dem einen Raum stimmt der Satz: "Man weiß ja nicht..."
Es ist der Raum unserer Vernunft, unserer Möglichkeiten, unserer Kraft und Schwachheit.
Paulus nennt das "das Leben im Fleisch".
Der andere Raum heißt: "Leben im Geist". Hier wirkt eine andere Kraft - Gottes Geist.
Und der gibt uns die Gewissheit, die wir uns nicht einreden oder erarbeiten können.
Es ist die unerschütterliche Zuversicht, von der Paulus erfüllt ist. Von dieser Kraft spricht er in den folgenden Zeilen: Römer 8, 14-17:
Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.
Nur: niemand von uns lebt auf Dauer in diesem Raum des Geistes.
Wir können noch nicht einmal aus eigener Kraft oder Entscheidung da hineinkommen.
Was geschieht: Gottes Geist zieht uns weg aus dem Raum des Fleisches hinein in den Raum des Geistes. Er weckt in uns Gewissheit, Er lässt uns glauben.
Dinge, die wir uns nicht selber geben können.
Das ist kein Grund zum Resignieren! Paulus spricht Menschen an, die eine Erfahrung mit Gottes Geist gemacht haben. In dreifacher Weise wirkt Gottes Geist:
Er lässt uns erkennen: wir sind Kinder Gottes
Er macht uns zu Betern
Er lässt uns erkennen: wir sind Erben
1. Gottes Geist lässt uns erkennen: wir sind Kinder Gottes
Es ist ein christlicher Allgemeinplatz geworden: Wir sind Kinder Gottes - vielleicht sogar ein allgemein religiöser Allgemeinplatz: Wir alle sind doch Kinder Gottes.
Wer so redet und denkt, hat die Bildwelt der Bibel verlassen und steht in der Gefahr, sentimental zu werden.
In der Bibel wird sehr behutsam mit dieser Bezeichnung umgegangen.
Längst nicht alle Kinder Israels sind gleich Kinder Gottes!
Nur an einer Stelle spricht Gott davon, dass einmal ein Mensch sein Kind genannt wird.
Es ist in der Verheißung an den König David. Da sagt Gott ihm:
"Ich will dir einen Nachkommen erwecken, dessen Königtum ich bestätigen will ewiglich. Ich will sein Vater sein - er soll mein Sohn sein. Meine Gnade soll nicht von ihm weichen. Sein Königtum soll beständig sein in Ewigkeit vor mir." 2. Sam. 7, 12-16
"Er soll mein Sohn sein" -
das ist nicht eine biologische Aussage, sondern vielmehr ein Ehrentitel.
Und bei seiner Taufe hört Jesus Gottes Stimme: "Du bist mein lieber Sohn"
Von diesem Moment an wusste er, was seine Berufung, ja, sein Adel war.
Er ist tatsächlich der angekündigte Nachkomme Davids, der König für ewige Zeiten.
Deshalb hat er mit diesem ungebrochenen Urvertrauen des Kindes mit Gott gesprochen.
Die Anrede Gottes als Papa - das war eines der auffallenden Kennzeichen dessen, was Jesus dann seinen Jüngern vermittelte.
Über Jesus - und nur über ihn, entsteht diese innige Verbindung zu Gott.
Und wie bei Jesus selber ist die Taufe das Schlüsselereignis, das es klar macht:
Paulus wählt hier ganz bewusst die Formulierung: "Wir haben empfangen",
Das ist liturgische Sprache aus den Tauffeiern in den ersten Gemeinden.
Damals wurden selbstverständlich nur Erwachsene getauft.
Denn mit der Taufe verbunden war das Bekenntnis: "Christus ist der Herr."
Wer das sagen konnte, der hatte etwas erlebt von diesem Grenzübertritt. Der hatte eine Geisterfahrung hinter sich. Denn ohne Gottes Geist kann niemand bekennen.
Weil bei uns heute Taufe und Bekennen nicht mehr zusammen gehört, weil wir heute jede menge Menschen haben, die zwar getauft sind, aber nie zu einem persönlichen Bekenntnis angeleitet wurden, deswegen können wir auch nicht mehr sagen:
"wer einmal getauft wurde, hat den Geist empfangen."
Denn der Geist kommt nicht durch die Taufe. Sondern genau umgekehrt ist es:
Wer den Geist empfängt, der begehrt die Taufe.
Paulus beschreibt hier, was Gott an uns tut:
Er holt uns hinüber in den Raum des Glaubens.
Der Geist Gottes macht uns zu einem Kind Gottes.
Und das ist eine sehr konkrete Aussage bei Paulus: ein Kind Gottes ist, wer mit dem einen Sohn, mit Jesus verbunden ist. Ohne Jesus gibt es keine Kindschaft.
Kind zu sein, das hat eine doppelte Auswirkung:
Wir reden mit dem Vater wie Kinder es tun
Und: Wir sind zu Erben eingesetzt das steht fest.
2. Deswegen nun das Zweite, was der Geist Gottes tut: Er macht uns zu Betern
Wir haben einen Geist der Kindschaft empfangen, durch den wir rufen: "Abba, lieber Vater"
Wenn mein Sohn Till, der gerade mal 20 Laute beherrscht, zu mir Papa sagt, dann geht mir wirklich das Herz auf. Meistens ist in diesen zwei Silben eine solche Begeisterung, ein solches Vertrauen zu spüren - das ist etwas Wunderbares.
Wer Papa sagt wie ein Kind, der weiß mit unerschütterlicher Gewissheit: Ich werde gehört. Und der Papa sorgt in jedem Fall gut für mich.
Kein Papa erfüllt seinem Kind jeden Wunsch - auch das wissen alle, die selber Eltern sind. Aber einem rechten Vater ist das Ergehen seines Kindes nie gleichgültig.
Von meinen Kindern lerne ich im Moment neu, was es heißt, kindlich zu beten:
Kinder reden so, wie sie es gerade können. Ganz normal.
Beten im Geist Gottes ist persönliches Reden, nicht allgemein.
Das klingt dann vielleicht nicht immer geschliffen und bis ins Kleinste zuende gedacht.
Betend dürfen wir auch selber um Klarheit ringen. Es wird Gott nicht langweilig, wenn wir ihm unser Herz ausschütten. Da ist sicher auch Mansches dabei, was einseitig ist, unausgewogen und vielleicht sogar falsch.
Das darf ruhig sein - solange es ehrlich und von Herzen kommt.
Damit machen wir Gott Ehre - auch wenn er nicht alle unsere Gebete erhört.
3. Schließlich noch dies: wer Kind Gottes ist, der ist auch Erbe.
Die alte Frau, die ich zum Geburtstag besucht habe, hatte von beidem etwas:
Von der erwartungsvollen Neugier: da wird etwas Neues kommen, wenn dieses Leben zuende ist. Ich falle nicht ins Nichts, ich verschwinde nicht einfach.
Es steht etwas Wunderbares bevor.
Diese Hoffnung hat ihren Grund in dem, was wir von Jesus wissen:
Er wurde von Gott aus dem Tod auferweckt. Er hat ein Leben, dem kein Sterben etwas anhaben kann. Und das steht uns auch bevor.
Das andere ist uns sicher auch vertraut: "Man weiß ja nicht, wie es sein wird"
Wenn die Hoffnung die Auswirkung von Gottes Geist in uns ist, dann ist dieser Satz der Ausdruck unserer menschlichen Möglichkeiten - und Grenzen:
Sterben kann man nicht ausprobieren. Da sind wir alle Anfänger.
Und solange wir auf unsere Möglichkeiten schauen, solange bleibt uns nicht mehr als dies:
"Man kann es ja nicht wissen..."
Christen sind Grenzgänger - das bleibt wahr.
Einerseits bleiben wir ganz in den Grenzen dieser Welt gefangen - werden Zweifel und Angst behalten, solange wir leben.
Andererseits weckt Gottes Geist in uns den Glauben - die Gewissheit: wir sind in Gottes Hand. Wir haben das Erbe - Anteil an der zukünftigen Herrlichkeit.
Eine Sterbende aus unserer Mitte macht uns, die wir sie begleiten in diesen Tagen Mut zum Glauben, wie es wohl nur Menschen in der Nähe des Todes tun können.
Auch sie tut das nicht aus ihrer Kraft heraus - sondern offenbar, weil Gott ihr in diesen Wochen des Abschieds besonders viel Glauben schenkt. - Ein Glauben, der ausstrahlt.
Bekenntnis, kindliches Gebet und Gewissheit - alle drei gehören zusammen und stärken einander. Alle drei sind im Tiefsten nicht unser Werk, sondern das Werk des Geistes in uns.
Wer das erkennt, der stimmt ein in das Staunen des Paulus wenige Zeilen weiter:
O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit.

Amen!

Björn Heymer