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Ihr Lieben,
wir haben anhand der Bilder hier in der Kirche immer wieder mal die Geschichte
von Philippus und dem reichen Minister aus Afrika gehört. Die beiden trafen
sich auf einer staubigen Straße in öder Gegend, sie sprachen miteinander
über Jesus und am Ende ließ der Afrikaner sich taufen - und zog seiner
Straße fröhlich.
Das alles ist nachzulesen in Apostelgeschichte Kapitel 8 am Ende.
Es ist ein bisschen so etwas wie eine Leitbildgeschichte für unsere Gemeinde.
- Wie der Afrikaner bemühen wir uns um die Bibel.
- Wie Philippus und der Andere suchen wir das Gespräch miteinander und
dabei Begegnungen, die nicht oberflächlich sind, sondern die uns Anstöße
zum Glauben geben.
- Und wir freuen uns, wenn jemand auf dem Weg Christus findet und sein Leben
festmacht bei ihm. Die Philippus - Gemeinde ist der Philippus - Geschichte auf
der Spur.
Eben haben wir die Fortsetzung der Geschichte bei Lukas gehört.
Unmittelbar an Philippus anschließend geht es wieder um eine Begegnung
auf einer Straße in öder Gegend. Wieder erlebt einer auf dem Weg
einen entscheidenden Impuls zum Glauben. Diesmal ist es der Pharisäer und
Christenverfolger Saul, der sich später Paulus nennt. Er wird zum wichtigsten
Denker und Gemeindegründer der ersten Christen. Ich lese Apg. 9, 1-9
Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des
Herrn und ging zum Hohenpriester und bat ihn um Briefe nach Damaskus an die
Synagogen, damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn
er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe. Als er aber auf
dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich
ein Licht vom Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die
sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach: Herr, wer
bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die
Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst. Die Männer aber, die seine
Gefährten waren, standen sprachlos da; denn sie hörten zwar die Stimme,
aber sahen niemanden. Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er
seine Augen aufschlug, sah er nichts. Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten
ihn nach Damaskus; und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und
trank nicht.
Auf zwei Weisen ist dem Pharisäer und Christenverfolger Saul der Auferstandene
begegnet:
Einmal direkt in Licht und Himmelsstimme - das führte zu seiner Bekehrung.
Und - etwas verborgen - vorher und nachher in der Gemeinde; das begleitete Saulus
seither.
Über die Bekehrung des Paulus ist viel gesprochen worden.
Es war ein herausragendes, ein einzigartiges Geschehen.
Aus dem fanatischen und gewaltbereiten Verfolger Saus, vor dem die Christen
zu Recht Angst und Schrecken hatten, wurde ein glühender Zeuge des Auferstandenen.
Paulus war für viele Christen damals so was wie der Goldmedaillenträger
der Nation.
Was ihm widerfuhr - da vor Damaskus - das war eine echte Ausnahmeerfahrung.
So was beeindruckt und viele haben Paulus bewundert und auch beneidet -
aber: solche Bekehrungsgeschichten haben immer den negativen Effekt, dass wir
normalen Christen uns daneben eher klein und unbedeutend fühlen.
Wer von uns kann schon so was vorweisen?
- Eine so dunkle Vergangenheit, von der wir uns sichtbar abgewendet hätten?
- Oder gar eine solche Begegnung mit Christus, die uns buchstäblich umgehauen
hätte.
Unwillkürlich vergleichen wir uns und müssen dann natürlich innerlich
passen.
Dann bleibt uns nur, zu denken: "Tja, schön, aber leider unerreichbar".
Dann hätten wir heute nicht mehr als eine Heldenstory, bei der wir innerlich
draußen bleiben. Beobachter, die zwischen Bewunderung, Sehnsucht und Schmerz
hin und her schwanken.
Die andere Weise, wie Christus dem Saul begegnet ist, halte ich für viel
spannender:
Christus begegnet Menschen in seiner Gemeinde. Auch das erzählt diese Geschichte.
Saul, dieser zornige und fromme junge Mann war erfüllt von einem religiösen
Eifer, der einem geradezu Angst machen konnte. Er gab sich nicht damit zufrieden,
dass die Christen, die irgendwie öffentlich auffielen und so zum Ärgernis
wurden, aufgegriffen und beseitigt wurden. Nein, nachdem er einmal begriffen
hatte, was Christen glaubten, da wollte er nicht mehr ruhig schlafen, solange
noch irgendeiner mit diesem Glauben frei und unbehelligt rumlief. Toleranz?
Kein Gedanke!
Ihm ging es da um nach seiner Meinung irregeleitete Menschen.
Jetzt macht ihm Jesus klar, was er überhaupt getan hat: Er hat sich mit
Gott angelegt!
Saul, Saul, warum verfolgst Du mich?.
Das heißt doch nicht weniger als dies: Wo jemand wegen seines Glaubens
Nachteile in Kauf nehmen muss, da darf er klar wissen: Jesus ist nicht nur an
seiner Seite, nicht nur solidarisch mit dem Leidenden. Sondern er leidet bis
heute selber, wo jemandem Leid getan wird.
Vorhin haben wir es im Evangelium gehört: "Wer euch hört, der
hört mich"
Das bedeutet auch: "Wer Euch anrührt, der rührt mich an."
Das gilt nicht für jedes Unrecht, was geschieht, nicht für jedes Leiden,
das uns widerfährt. Aber wo Verfolgung geschieht, weil jemandem unser Glaube
ein Dorn im Auge ist, da legt derjenige sich mit Jesus an. Da sind wir nie allein.
Jesus hat gesagt: Wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet,
der verachtet den, der mich gesandt hat.
Im Bereich der Wirtschaft nennt man das Prokura. Der Chef eines Untermnehmens
kann ja nicht immer und überall selber da sein. Darum erteilt er einzelnen,
besonders bewährten und vertrauenswürdigen Mitarbeitern die prokura.
Das heißt: Dieser ist mein Stellvertreter. Er oder sie kann rechtsgültig,
in meinem Namen alle Entscheidungen fällen, alle Verträge unterschreiben,
die nötig sind.
Und genau das hat Jesus seinen Jüngern übertragen:
Ihr seid meine Prokuristen auf der Erde - nicht irgendwelche kleinen Mitarbeiter,
sondern dies: die vollmächtigen Stellvertreter.
Das ist unsere Berufung! In der Geschichte tritt Jesus dem Mann in den Weg,
der seine Prokuristen bedroht hat.
Dürfen wir das wirklich auf uns beziehen? Dürfen wir uns so als Stellvertreter
Christi wissen?
Seit Pfingsten Ja! Der Geist Gottes ist der Schlüssel.
Wer vom Geist Gottes erfüllt handelt, der handelt als Stellvertreter Christi.
Damals wie heute.
Nebenbei gesagt: der Anspruch des römischen Bischofs, Stellvertreter Christi
auf Erden zu sein, der ist nicht falsch, nur zu eng gedacht.
Falsch ist, wenn die römische Kirche dies normalen Christen absprechen
wollte.
Eine besondere Ehrenposition innerhalb der Gemeinde lässt sich daraus nicht
ableiten.
Der Einzige, dem Ehre in der Gemeinde gebührt, ist der Herr selber.
Aber zurück.
Der religiös - fanatische Saul - ein el Sadre der damaligen Zeit - musste
da auf dem Weg nach Damaskus erkennen: in seinem Hass und Eifer traf er nicht
nur irgendwelche Menschen, er hatte sich gegen den Auferstandenen gerichtet.
Und der trat ihm nun in den Weg:
Ein Lichtglanz vom Himmel umleuchtete ihn - dem frommen Schriftgelehrten war
sofort klar, was da geschah: Die shekina Gottes zeigte sich. Die Einwohnung
Gottes auf der Erde.
Das göttliche Licht. Daran bestand für ihn kein Zweifel.
Dieses Licht war dem Mose bei seiner Berufung am Dornbusch begegnet.
Dasselbe Licht führte die Israeliten bei Nacht durch die Wüste.
Den Hirten erschien es in der Nacht, als Jesus geboren wurde.
Jesus war von diesem Licht umgeben, als er sich taufen ließ.
Und später wieder, als drei Jünger miterlebten, wie er auf einem Berg
mit den großen Propheten der Vergangenheit, mit Mose und Elia sprach.
Zu Pfingsten erschien dieses feurige Licht Gottes, als der Heilige Geist auf
die Jünger fiel.
Und jetzt umleuchtete dieser Lichtglanz den Saul.
Er fragt zwar: "Herr, wer bist Du?" Aber schon in der Anrede wird
deutlich, dass er die Antwort längst weiß: Hier hat er es mit Gott
selber zu tun - mit niemand sonst.
Und dann sagt die Stimme: "Ich bin Jesus, den du verfolgst."
Jetzt wage noch einer, zwischen Gott und Jesus einen Unterschied zu machen.
Im göttlichen Licht ertönt die Stimme von Jesus. Da gilt: Christus
ist wahrhaftig Gott.
Und jetzt kommt etwas ganz Erstaunliches. Oder besser gesagt:
Es kommt etwas nicht, was wohl jeder erwartet hätte:
Kein Wort des Vorwurfs. Keine Anklage. Nicht einmal ein Aufruf zur Buße.
Stattdessen eine Einladung:
"Steh auf und geh in die Stadt. Da wird man dir sagen, was du tun sollst."
Das ist Gnade pur! Jesus wusste: dieser Saul stand dabei, als Stephanus gesteinigt
wurde.
Und er fand das auch gut. Trotzdem: Jesus nimmt Saul ohne Vorleistung an.
Alles, was Saul, später Paulus in seinem weiteren Leben noch getan hat,
hat hier seinen Ursprung: in diesem Annehmen ohne Bedingungen zu stellen.
Es ist der einzige Schlüssel dazu, wie Menschen sich ändern können
- indem sie erst mal so angenommen werden, wie sie sind. Die Bibel nennt das
Gnade.
Wir wissen, wie es weiter gegangen ist. Saul fastet und schweigt drei Tage lang
- seine Augen versagen den Dienst.
Es ist, als wenn Saul die drei Tage im Grab verbringt - wie Jesus selbst.
Dann schickt Jesus ihm einen seiner Leute.
Keine neue Lichterscheinung. Eher eine ganz nüchterne Begegnung.
Wieder gilt diese ganz selbstverständliche Gleichung: Wo meine Leute sind,
da bin ich auch.
Es gibt keine lebendige Beziehung zu Christus ohne Gemeinde.
Das ist der Normalfall des Glaubens - nicht die Lichterscheinungen.
So höre ich aus dieser Geschichte drei Klarheiten:
1. Einen klaren Trost: Wo wir angetastet werden um Jesu willen, da bekommen
Menschen es direkt mit Jesus zu tun. Da stehe ich nie alleine da.
2. Eine klare Platzanweisung: Jesus finde ich heute in der Gemeinde - nirgends
sonst.
3. Und ein klarer Auftrag: Wir sollen so wie Jesus Menschen annehmen - ohne
Bedingungen zu stellen.
Alles klar?
Amen!