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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Philipper 3, 7 - 14, 9. Sonntag nach Trinitatis 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

die Predigtabschnitte in diesen Sommerwochen führen uns an Grundfragen des Glaubens heran. Über klare Anfänge in der Urgemeinde und einen klaren Lebensstil kommen wir heute zu einem weiteren Thema: es geht um eine klare Zielsetzung im Glauben.
Aus einem Brief, den Paulus geschrieben hat, weil er in seiner Gemeinde verleumdet wurde, hören wir, wie er sehr persönlich antwortet:
Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.
Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn.
Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde,
dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt,
sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit,
die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.
Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden,
damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.
Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei;
ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte,
weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.
Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel,
dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.

1. Eine klare Absage
2. Ein klares Ziel
3. Eine klare Gewissheit
Eine klare Absage - Paulus hat keine theoretischen Abhandlungen über Themen des Glaubens verfasst. Wenn er Briefe geschrieben hat, dann war irgendwo etwas angebrannt - dann gab´s Streit oder Missverständnisse. Und da Paulus nie lange an einem Ort war, hatte er meist schlechte Karten. Wenn über ihn und seine Predigten diskutiert wurde, dann konnte er sich erst mal nicht verteidigen. Er hörte erst mit Verspätung über Freunde, was alles so behauptet wurde. In Philippi waren Leute aufgetreten, die sagten:
Um bei Gott angenommen zu sein, genügt es beileibe nicht, sich einfach nur die Gnade gefallen zu lassen - wie der Paulus es verkündigt. Etwas müssen wir schon selber tun:
Wer Christ sein will, der muss die Gebote einhalten. Der muss regelmäßig in den Gottesdienst kommen. Der muss verlässlich seinen Beitrag für die Armenkasse leisten.
Gnade hin und her, aber billig verschleudert wird sie nicht!

Das klingt ja sehr vernünftig und ist auch alles richtig - bis auf ein kleines Wort:
Das "muss" ist falsch! Unser Verhalten ist nie das Thema Nr. 1 des Glaubens.
Und wenn es noch so beeindruckend wäre.
Denn wenn man so anfängt, dann ist der Weg kurz dahin, sich zu vergleichen.
Wer tut eigentlich viel für die Gemeinde, wer nur wenig?
Wem gebührt Achtung und Aufmerksamkeit? Auf wessen Meinung hören wir?
Und ehe wir es richtig gemerkt haben, ist Glauben zu einem System geworden, zu einer Verhaltensnorm. Das macht es in der Beurteilung einfach - auch die Verurteilung Anderer hat dann wieder seine Normen - und schon ist die Gemeinde ein säuberlich sortierter Kreis, der zu mir passt. Andere haben darin keinen Platz mehr.
Und zu all dem sagt Paulus Nein! Nie und nimmer darf Gemeinde so werden.
Wenn die Kriterien für Gemeindezugehörigkeit noch so fromm und richtig wären - wo immer sie festgemacht werden an unserem Verhalten, da wird´s gesetzlich und unbarmherzig. Und damit kalt und lieblos. Paulus, der das so sagt, ist nicht irgendwer.
Wenn überhaupt einer, dann er hätte sich groß herausstellen können:
Seine Herkunft war mehr als sauber - geborener Jude wie Jesus selber, von der Frömmigkeit her der pharisäischen Richtung angehörend - auch das stand den Christen am nächsten.
Paulus war ausgebildeter Theologe, kannte sich also bestens aus in der Bibel.
Und er hatte tadellos gelebt - gemäß den vielen Geboten und Vorschriften des Mose.
Paulus hatte echt was vorzuweisen. Und wer kann das schon von sich sagen?
Und über all das sagt er nur ein Wort: Dreck - genau übersetzt Kot. Er nimmt hier das berüchtigte Wort mit Sch, das wir Kindern immer ausreden wollen.
Alles, worauf er als frommer Mensch stolz sein könnte - und zwar zu recht - nach menschlichen Maßstäben - bedeutet ihm gar nichts.
"Ich erachte es für Dreck!" also: "ich lass es los und will es nie wieder sehen!"
Na schön - denken wir, kann er ja so machen. Aber Paulus schreibt dies nicht als ein Bekenntnis, sondern als einen Aufruf:
"Leute, wenn ihr die Gnade nicht verlieren wollt, dann bildet Euch nichts auf Eure Taten ein. Das ist Gift für die Hoffnung! Hört ihr das? Gift ist es! Und wenn es noch so süß schmeckt. Früher oder später trocknet Euer Glaube aus. Und dann habt ihr nichts mehr!"
Es gibt kein anderes Thema, wo Paulus sich so ereifern, aufregen konnte wie hier.
Ein klares Nein, eine totale Absage an alle Werke!
Dem gegenüber steht bei ihm ein ebenso klares Ziel.
2. Ein klares Ziel
Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. Das steht in der Mitte seines ganzen Argumentationsgangs.
Damit beschreibt Paulus das größte Ziel seines Lebens: Ich will Christus erkennen.
Erkennen meint in der Sprache der Bibel viel mehr als wir vermuten.
Hier geht es nicht um ein sehen oder wahrnehmen. Nicht um ein Begreifen.
Sondern in der Bibel ist erkennen ein andauernder Prozess - eine Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen wird so beschrieben - Ausdruck innigster Gemeinschaft, die nie langweilig wird. Nicht um Wissen geht es, sondern um Nähe.
Paulus war zutiefst ein Mystiker, einer, der von seiner ersten Begegnung mit dem Auferstandenen nie mehr losgekommen ist. "überschwängliche Erkenntnis" - so beschreibt er das, war auf der staubigen Straße nach Damaskus geschah:
seine Christus- Vision; ein Erlebnis, das ihn buchstäblich umgehauen hat.
Von dem Moment an war nichts anderes mehr wirklich wichtig in seinem Leben.
Kann man das übertragen? Wer macht schon solche Erfahrungen? Und wer spricht darüber?
Mystiker sagen in der Regel wenig von dem, was sie erleben - das Erkennen mit dem Herzen - in Zeiten der Stille, das ist oft gar nicht in Worte zu fassen.
Christus erkennen, das entzieht sich einer Beschreibung - gerade weil es ganz anders ist als die sichtbare Welt.
Menschen mit solchen Glaubenserfahrungen erkennt man an ihrer Bescheidenheit - daran, dass sie wenig Aufhebens um sich selbst macht.
"Christus allein ist genug" - ist die innere Haltung.
Wie wir dahin kommen können? Es gibt keine Gebrauchsanweisung, kein Trainingsplan.
Wohl aber Spuren, denen wir folgen können. Lieder der Anbetung sind eine solche Spur.
Wir singen sie in den Sing and pray - Zeiten. Gelegentlich an Sonntagabenden.
Räume der Stille aufzusuchen ist eine weitere Spur - am besten unter Anleitung eines erfahrenen Menschen. Es gibt gute Bücher, die dem weiterhelfen, der auf der Suche ist.
Paulus sagt es einfach, wie es für ihn ist:
"Ich habe ein klares Ziel - alles andere ist mir nicht mehr wichtig."
Wer so glaubt, der gewinnt etwas, was keine eigene Leistung bringen wird:
3. Eine klare Gewissheit
Ich hole etwas weiter aus:
Jeder von uns kennt Namen, die sind in unserm Gedächtnis wie eingebrannt.
Immer wieder mal kommen sie hoch - und in dem Moment, wenn wir an diesen Menschen denken, durchfährt uns ein Schmerz. Wie eine längst vernarbte Wunde, die sich doch wieder meldet. Es sind Namen von Menschen, deren Schicksal wir nicht verstehen.
Jemand träumt von einem Menschen, der bereits seit Jahren tot ist und wacht beklommen auf.
Eltern mussten unter Tränen ein Kind loslassen, das an einer rätselhaften Krankheit starb.
Eine junge Mutter bekam Krebs und innerhalb weniger Monate stand die Familie allein da.
Ein tragischer Unfall erschüttert ein Leben so, dass nichts mehr so ist wie vorher.
Immer wieder geht es um die rätselhafte dunkle Macht des Todes.
Warum geschieht so etwas? Auch bei Menschen, di es nun wirklich nicht verdient haben.
Da mögen wir noch so gewiss sein in unserem Glauben - der Schmerz dieser Frage bleibt.
Die Frage nach dem Warum findet keine Antwort.
Nun ist das Beobachten von Leid schon schwer genug - was soll nun der sagen, der selber mitten drin steckt? Paulus war keine Beobachter, wenn es um Leid geht.
Ich erinnere daran - das Papier, auf dem dieser Brief geschrieben wurde, hatte den modrigen Geruch eines römischen Gefängnisses an sich. Paulus lag in Ketten und rechnete damit, zum Tod verurteilt zu werden. Und - das finde ich beeindruckend, er ist ehrlich:
Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei;
ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte,
weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.
Seine tiefe Beziehung zum Auferstandenen - seine Erfahrungen der Nähe zu Jesus, haben ihn nicht etwa abgeklärt und selbstsicher gemacht. "Glaubt nicht, ihr Lieben, ich hätte die Gewissheit in der Tasche. Glaubt nicht, mir fiele die Zuversicht leicht. Ich bin nicht vollkommen!" Paulus kannte auch Zweifel, kannte das Gefühl der Gottverlassenheit - vermutlich auch den bohrenden Gedanken: "Was ist, wenn das alles gar nicht wahr wäre?"
Aber das Eine wusste er: "Mein Glaube hängt gar nicht an mir. Ich bin längst von Christus ergriffen." Das zählt. Viel mehr als mein Glauben, mehr als meine frommen Leistungen.
Der Auferstandene lebt - die Grenze des Todes ist sehr wohl meine Grenze, aber nicht Seine Grenze. All die rätselhaften Schicksale, all die Todesfälle, von denen wir wissen und die uns Not machen, sie erscheinen in einem anderen Licht:
Wer stirbt, der ist hinüber gegangen zu Christus - der Schmerz des Abschieds, die reale Angst vor dem eigenen Sterben, sie können zur Ruhe kommen, wenn wir dem Auferstandenen begegnen. Und eigentlich auch nur dann!
Auch dafür gilt: Ergriffen hab ich´s noch nicht, aber dem will ich nachjagen - gerade dann, wenn es um mich oder in mir dunkel wird. Darum ist es so wichtig, das klare Ziel im Blick zu behalten: Jesus, der Christus, Jesus, der Lebendige.

Amen!

Björn Heymer