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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Psalm 8, 3 -6, Cantate 2004 [Tauferinnerung nach fünf Jahren]-- Drucken

Ihr Lieben,

wir sind natürlich keine Wemmiks.
Holzpuppen, die den ganzen Tag nichts anderes tun als sich gegenseitig Bewertungen ankleben? Nein! Wir haben doch anderes und besseres zu tun.
Die Wemmiks sind schon etwas beschränkt. Sie wachsen nicht, sie lernen kaum was dazu und - ja, das zeichnet sie aus: sie bleiben, wie sie sind.
Bis auf den einen - den kleinen Helden der Geschichte: Punchinello.
Er ist einer der Verlierer in der Gesellschaft der Wemmiks.
Einer, den keiner leiden kann und der auch nicht gerade besonders hoch von sich selber denkt.
Der eher denkt: Ich kann sowieso nichts! Ich bin nichts Besonderes. Keiner findet mich wichtig - und so findet er sich selber auch nicht wichtig.
Aber wahrscheinlich ist es gerade das, was Punchinello ganz gut kann: Er denkt nach. Über sich selbst. Über die Anderen.
Er begreift das gnadenlose System der Bewertungen. Und leidet daran.
Und als er dieser rätselhaften Lucia begegnet, an der einfach keine Punkte und keine Sterne kleben bleiben, da tut er genau das nicht, was sonst alle Wemmiks tun:
er versucht gar nicht erst, ihr etwas anzukleben - weder einen Stern noch einen Punkt. Stattdessen redet er mit ihr. Das scheinen die Wemmiks sonst nicht gerade gut zu können.
Er fragt sie: Wie machst Du das, dass Du so anders bist? Dass an dir die Punkte nicht kleben bleiben? Punchinello sieht nicht besonders toll aus, er ist unauffällig, aber das kann er:
Er kann die richtigen Fragen stellen.
Was muss ich tun, um anders zu werden?
Und Lucia gibt ihm den entscheidenden Hinweis:
Geh zu Eli, dem Schnitzer.
Lucia gibt ihm damit kein Patentrezept - sie zeigt ihm nur eine Spur.
Lebensveränderungen geschehen nie auf Knopfdruck, nie mal eben im Vorbeigehen.
Wer anders werden will, der muss bereit sein, sich auf einen Weg zu machen.
Geh zu Eli, dem Schnitzer, der dich gemacht hat!
Suchen und entdecken muss Punchinello es selber, wie man so leben kann, dass man die Urteile der Anderen nicht ständig mitschleppen muss.
Punchinello denkt über den Vorschlag nach und dann macht er sich auf den Weg -
zu diesem fremdem Haus oben auf dem Hügel.
Von weitem gesehen hatte er es schon lange. Er wusste auch: da wohnt Eli, der Schnitzer, der all die Holzfiguren gemacht hat. Aber selber hingehen? Auf die Idee ist er nie gekommen.
Jetzt probiert er es aus. Und entdeckt erst mal, dass da alles viel größer ist.
Der Hocker, die Werkzeuge und der Tisch - und natürlich Eli selbst auch.
Trotzdem bekommt Punchinello keine Angst. Weil gar kein Grund besteht, Angst zu haben.
Mein Lieblingsbild ist das drittletzte in der Serie:
Da sitzt der kleine Punchinello schließlich auf dem Werktisch und Eli legt seine große Hand ganz zart auf die kleine Schulter dieses Männchens und sagt:
"Du bist wichtig für mich, weil Du mir gehörst." Einfach so.
Was für eine befreiende Botschaft! Das ist uns von unserem Schöpfer zugesagt bei der Taufe: "Du gehörst zu Gott. Er hat Dich lieb, weil Er dich gemacht hat."
So einfach und so befreiend!
Das lassen wir alle uns gerne sagen. Klar!
Auch Punchnello lächelt auf diesem Bild wie einer nur lächeln kann. Pures Glück!
Nur - einmal so ein wohliges Gefühl zu spüren, das löst noch nicht sein Lebensproblem.
Die Punkte kleben weiterhin überall an ihm, als ob er Masern hätte.
Und wenn wir die Geschichte übertragen, dann müssen wir wohl zugeben:
Ein gelegentlicher Gottesdienst, in dem wir hoffentlich etwas von Gottes unbändiger Liebe zu uns hören, der mag zwar gut tun - aber andere Menschen werden wir dadurch nicht.
Und wir sind selber auch ganz gut dabei, Sternchen oder Punkte zu vergeben, oder?
Na gut, die bösen Punkte, die vergeben wir natürlich nicht. Aber Sternchen? Fleißkärtchen oder Treupunkte? Für jedes Kind, das regelmäßig in den Kindergottesdienst kommt?
Oder sein Zimmer aufgeräumt hat? Oder sonst was getan hat?
Ohne Anreiz oder Benotung geht doch nichts in der Erziehung, oder?
Was wir als Kinder tief verinnerlicht haben, das bleibt als Haltung auch später prägend.
Und so sind auch wir Erwachsenen schnell beleidigt, wenn mal die erwartete Streicheleinheit nicht kommt. Wenn der Einsatz, den einer geleistet hat, nicht genügend gesehen wird.
Wemmik - Denken steckt tief in uns - in jedem von uns.
Eigentlich ist es eine ziemlich gefährliche Botschaft, die diese nette Kindergeschichte transportiert: Nimm die Meinung der Anderen nicht so wichtig! Mach dich nie abhängig davon, was andere über dich denken! Du bist o.k. - so, wie du bist !
Und doch - es würde uns so befreien!
Wie machst Du das, Lucia? Dass an Dir keine Bewertung kleben bleibt - und dass von Dir keine Bewertung ausgeht. Lucia - ihr Name heißt: Licht - sie streift ja nicht nur jede Form der wertenden Bemerkung über sich einfach ab. Sie selber verteilt auch keine Aufkleber.
Und so fühlt sich in ihrer Gegenwart jeder wohl, der ein geringes Selbstwertgefühl hat, der glaubt, er sei schlecht oder nutzlos. Menschen, die wertfrei Annahme ausstrahlen, die wirken wie ein Magnet, die ziehen andere an.
Um so zu werden hilft keine Medizin, auch keine Erkenntnis im Sinne eines Aha - Erlebnisses. Lucia ist, wie sie ist, weil sie immer wieder die Nähe ihres Schöpfers sucht.
Nicht, um sich da Predigten anzuhören, sondern um sich seiner Gegenwart bewusst zu bleiben. Um sich zu vergewissern: Ich bin o.k., so wie ich bin. Eli - das ist einer der Namen Gottes in der Bibel - er hat mich gemacht und Er macht keine Fehler.
Von Eli geht so viel selbstverständliche Annahme aus - da braucht es keine Worte.
Jetzt aber doch die Frage: Ist das denn wahr? Steht das so in der Bibel oder hat sich das jemand ausgedacht, weil er sich das gerne wünscht?
Vorhin haben wir den Psalm 8 miteinander gebetet. Wir hören noch einmal Verse daraus:
Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet.
Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk,
den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:
was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,
und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?
Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott,
mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.
Hier kommt einer aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der unfassbar große und gewaltige Gott denkt an einen einzelnen Menschen - und mehr noch: er nimmt sich seiner an.
Das bedeutet nicht weniger als dies: Wir sind Gott wirklich nicht egal!
Was uns bewegt, das bewegt auch ihn. Was uns traurig macht, darüber weint auch Er.
An unserer Freude nimmt Gott gerne Anteil. Unfassbar. So ist Gott.
Darum zeigt uns die Geschichte der Wemmiks wirklich einen Weg, wie unser Leben anders werden kann: Wer die Nähe Gottes sucht, der wird davon geprägt.
Wer darunter leidet, dass er sich von den Meinungen und Urteilen der Anderen abhängig macht, dem kann Stille und Gebet helfen.
Selbstsicher wird der, der immer wieder die Gegenwart Gottes sucht.
Denn ausreden kann man weder sich noch anderen das eigene Selbstwertgefühl.
Wenn gelegentlich mal ein Punkt abfällt, dann wäre schon viel geschehen:
Da hat wieder mal jemand eine niederschmetternde Bemerkung über Deine Kleidung gemacht - und Du weißt ja selber ganz genau, dass Stilsicherheit nicht deine Sache ist - oder dass Du dir schicke Klamotten einfach nicht leisten kannst.
Aber anstatt dass Dich das nun wieder tagelang runterzieht, setzt Du dich still hin und erzählst Gott, was in Dir gerade wühlt. Dein Gefühl der Kränkung, deine Hilflosigkeit, die Wut.
All das breitest Du aus und dann wird es still in Dir. Und in die Stille hinein klingt dieser eine Satz: "Du bist mein Kind! Lass dir doch daran genug sein."
Es reicht unserer Seele nicht, das einmal verstanden zu haben.
Damit uns das verändert, brauchen wir immer wieder die heilsame Nähe Gottes.
Um das Staunen nicht zu verlernen.

Amen!

Björn Heymer