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Predigt zu Hosea 11, Judica 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

dreimal haben wir in der vergangenen Woche miteinander im Buch des Propheten Hosea gelesen. Es ist das älteste schriftliche Zeugnis davon, dass Gott einen Menschen dazu beruft, in seinem Auftrag in die jeweilige Gegenwart hinein zu sprechen.
Prophetenbücher zu lesen kann einen schon schocken! Denn meistens hatten sie Gottes Strafgericht anzukündigen. So auch Hosea. Er trat auf am Ende einer Zeit des Wohlstands und des Friedens - einer Zeit, in der die Menschen vergessen hatten, nach Gottes Geboten zu leben. Die Reichen wurden immer reicher - und die Armut wurde immer bitterer.
Als sich am Horizont die feindliche Macht der Assyrer drohend erhob, musste man kein Prophet sein, um zu wissen: Es wird bald in einer großen Katastrophe enden.
Was Hosea zum Propheten macht, ist dies:
Er deutet die Gegenwart von Gott her. Gott hat seinen Boten tief in Gottes Herz schauen.
Darum sind Propheten nicht Wahrsager, sondern Zeugen Gottes.
Ich lese aus dem Buch Hosea das 11 Kapitel:
Als Israel jung war, hatte ich ihn lieb und rief ihn, meinen Sohn, aus Ägypten; aber wenn man sie jetzt ruft, so wenden sie sich davon und opfern den Baalen und räuchern den Bildern. Ich lehrte Ephraim gehen und nahm ihn auf meine Arme; aber sie merkten's nicht, wie ich ihnen half. Ich ließ sie ein menschliches Joch ziehen und in Seilen der Liebe gehen und half ihnen das Joch auf ihrem Nacken tragen und gab ihnen Nahrung, dass sie nicht wieder nach Ägyptenland zurückkehren sollten. Nun aber muss Assur ihr König sein; denn sie wollen sich nicht bekehren. Darum soll das Schwert über ihre Städte kommen und soll ihre Riegel zerbrechen und sie fressen um ihres Vorhabens willen. Mein Volk ist müde, sich zu mir zu kehren, und wenn man ihnen predigt, so richtet sich keiner auf.
Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim, und dich ausliefern, Israel? Wie kann ich dich preisgeben gleich Adma und dich zurichten wie Zebojim? Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt. Ich will nicht tun nach meinem grimmigen Zorn noch Ephraim wieder verderben. Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch und bin der Heilige unter dir und will nicht kommen, zu verheeren. Alsdann wird man dem HERRN nachfolgen, und er wird brüllen wie ein Löwe. Und wenn er brüllen wird, so werden zitternd herbeikommen seine Söhne von Westen her. Und auch aus Ägypten kommen sie erschrocken wie Vögel und aus dem Lande Assur wie Tauben; und ich will sie wieder wohnen lassen in ihren Häusern, spricht der HERR.

Diese Sätze sind vielleicht der tiefste Einblick, den Gott je in seine inneren Beweggründe gegeben hat. Dieser Gott ist kein kühler Beobachter, sondern eher ein Liebender, der verletzt und betrogen wurde. Drei Schritte ist Gott mit seinem Volk gegangen:
1. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
2. Es geht ohne Gott in die Dunkelheit
3. Gott überwindet unsere Gottlosigkeit
Viele Geschichten, die Menschen mit dem Glauben erleben, spiegeln diese drei Phasen wider:
Da gab es einen Anfang, als wir den Ruf Gottes gehört haben. Und dieser Ruf war auf eine einzigartige Weise einladend, ja geradezu verlockend.
Gott erinnert hier durch Hosea sein Volk an die Zeit des Anfangs:
Die Befreiung aus der Sklaverei, die Offenbarung am Sinai, die ständige Versorgung mit Manna - all das vergleicht Gott mit einem Vater, der seinem Kind das Laufen beibringt.
Der Weg durch die Wüste war kein Spaziergang; es gab manche harte Auseinandersetzung - wie in jeder Erziehung. Aber Gott hat seinem Volk das Laufen beigebracht.
Er hat für sie gesorgt, bis sie gewissermaßen auf eigenen Beinen stehen konnten.
Mir ist es unvergesslich, wie mein Vater mir das Schwimmen beigebracht hat. Es war in einer Kiesgrube in den Wilseder Bergen. Ich traute mich nur in den Bereich des flachen Wassers. Und mein Vater - er watete etwas hinaus und rief mich. Mit ausgebreiteten Armen stand er da und ich wusste: ich kann es wagen, denn Er hält mich. Also paddelte ich die paar Meter zu ihm hin und - wurde aufgefangen - immer wieder.
Was ich nicht merkte: von Mal zu Mal ging mein Vater ein - zwei Schritte weiter zurück. Weil er da stand - mit ausgebreiteten Armen, blieb ich mutig - auf ihn zu.
Und am Ende konnte ich schwimmen.
"Ich lehrte Ephraim gehen" - erinnert Gott sein Volk.
Ephraim, das war der klägliche Rest des Nordreichs, zu dem Hosea zu reden hatte.
Es ist schlicht Lebensweisheit, wenn ein Mensch erkennt:
"Das wesentliche meines Lebens verdanke ich jemand anders."
Wohl dem, der das hören kann: Gott ist es, der Dir unendlich viel zum Leben gab!
Für manche in unserer Gesprächsrunde war das eine ganz neue Erkenntnis:
schon hier 700 Jahre vor Jesus stellt sich Gott als der liebende Vater seines Volkes vor.
Das hat uns nicht erst Jesus gebracht.
Gott begleitet jeden Menschen ins Leben hinein - ob wir das gewusst haben oder nicht.
Die Hörer des Propheten damals haben es jedenfalls nicht gewusst.
Wir tun immer so, als sei die Wirklichkeit Gottes davon abhängig, ob wir glauben, dass er sei.
Dabei ist das nicht entscheidend. Gott begleitet jeden von uns liebevoll, ob wir es glauben oder nicht. Nur - die Liebe Gottes wird längst nicht von allen angenommen.
Darum nun der zweite Schritt:
2. Es geht ohne Gott in die Dunkelheit
"wenn man sie heute ruft, dann wenden sie sich ab; . Mein Volk ist müde, sich zu mir zu kehren, und wenn man ihnen predigt, so richtet sich keiner auf" das war die nüchterne Bilanz damals - heute sieht es nicht anders aus.
Und Hosea bringt nun diese Gottvergessenheit zusammen mit der politischen und wirtschaftlichen Großwetterlage.
Die Großmacht Assur stand an der Grenze. Ja, in einem früheren Feldzug waren bereits weite Gebiete des Reiches verloren gegangen. Menschen waren erschlagen oder verschleppt.
Städte lagen verödet, das Ackerland war verwüstet.
Assur trat mit einer vorher nie gekannten Brutalität auf. Frieden in ihrem Reich erzwangen die Assyrer dadurch, dass jede Form von eigener Identität und Religion der Besiegten zerstört wurde. Menschen wurden umgesiedelt und ihrer Kultur beraubt.
Das Ziel war eine assyrische Einheitsgesellschaft - einer Gesellschaft, in der für den Glauben kein Platz war - so viel war sicher.
Es ist schon verwegen, aufzustehen und zu predigen: "Das, was bald geschehen wird, habt ihr Euch selber zuzuschreiben. Gott hat seinen Segen abgezogen. Er straft durch die Feinde."
Genau das musste Hosea sagen Und nicht nur sagen - mit seinem ganzen Leben sollte er zeigen, wie Gott an seinem Volk leidet:
Er bekam den Auftrag, eine Hure zu heiraten. Als sehr reale prophetische Zeichenhandlung. Diese Zeichenhandlung bedeutete so viel: Israel war wie eine treulose und unzuverlässige Frau - eigentlich völlig ungeeignet als Ehefrau und Partnerin.
Und doch hatte Gott dieses Volk erwählt und einen Bund mit ihm geschlossen.
Das war so, als wenn ein ehrbarer Mann ein Hure heiratet.
Und es kommt noch schlimmer: die Ehe Hoseas scheitert! Seine Frau nimmt die Prostitution wieder auf - in der Ehe. Damit erleidet Hosea das, was Gott mit seinem Volk erleidet.
Die Partnerin fällt zurück in die alte Lebensart.
Hosea scheidet seine Ehe. Das war sein gutes Recht damals. Schließlich hat es keinen Zweck mehr. Wer könnte das nicht verstehen? Ebenso scheidet sich Gott von seinem Volk -
Er überlässt es dem Untergang. "Nun aber muss Assur ihr König sein; denn sie wollen sich nicht bekehren. Darum soll das Schwert über ihre Städte kommen und soll ihre Riegel zerbrechen und sie fressen um ihres Vorhabens willen."
Niemand hat vor Gott einen Anspruch darauf, dass es ihm gut geht.
Gericht heißt ja, dass Recht geschieht. Und Gott hat ein Recht, uns seinen Segen zu entziehen.
Aber - und das ist das eigentlich atemberaubende in diesen Worten des Hosea:
Das Gericht Gottes ist nicht sein letztes Wort! Wie könnte er auch?
".Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch und bin der Heilige unter dir und will nicht kommen, zu verheeren"
Mitten in diesem Kapitel werden wir Zeuge, wie es Gott buchstäblich sein Herz zerreißt:
"Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim, und dich ausliefern, Israel?
Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt.
Ich will nicht tun nach meinem grimmigen Zorn."
Jenseits des Gerichtes wird es einen Neuanfang geben. ". Alsdann wird man dem HERRN nachfolgen. (...) und ich will sie wieder wohnen lassen in ihren Häusern, spricht der HERR..
Das ist der dritte Schritt. Er lässt uns nicht in der Gottlosigkeit.
Das ist gemeint, wenn die Bibel von Gnade spricht: völlig unverdient - eigentlich auch nicht zu begreifen - Gott erneuert den Bund mit seinem Volk, obwohl er völlig zu Recht geschieden war. Hosea hat die treulose Hure ein zweites Mal geheiratet. Und Gott hat einen neuen Bund mit Israel geschlossen - in Jesus Christus. Und dieser neue Bund hat den ersten Bund sogar überboten: selbst wir aus den Heiden sind nun gleichberechtigt hineingenommen.
In Jesus ist die Beschränkung der göttlichen Erwählung auf sein Volk Israel ausgeweitet.
Was sollen wir nun tun, die wir dies alles hören?
Zunächst einmal dies: uns selber hineinschreiben in diesen Weg.
Wir sind genauso wie Israel von Gott erwählt und berufen in einen ewigen Bund.
Gott hat auch an uns mit überwältigender Liebe und Geduld gearbeitet. Das gilt auch für die Vielen, die von Gott heute nichts wissen - und vielfach auch nichts wissen wollen.
Wer´s erkannt hat, der soll es weitersagen!
Wir stehen heute genauso wie damals Israel unter dem Gericht. Wir erleben einen Niedergang unseres Wohlstandes und auch unserer Eigenständigkeit in Sprache und Kultur. Vermutlich wird im Zuge der Einigung Europas die Stellung der Kirche in der Gesellschaft immer weniger an Bedeutung haben. Durch unser Schweigen tragen wir dazu bei.
Wie Hosea damals sollen wir heute Gott um Weisheit bitten, unsere Gegenwart mit seinen Augen zu sehen, von ihm her zu deuten - und das auch zu sagen.
Und schließlich: Wie damals überlässt Gott uns nicht einfach dem Niedergang. Er steht zu uns, seiner Gemeinde, er erhält sie, weil er sie liebt. Diese Liebe Gottes zu bezeugen und im Inneren der Gemeinde zu leben., das ist unser Auftrag.

Amen!

Björn Heymer