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Predigt zu 1. Korinther 13, Estomihi 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

manchmal - so könnte man meinen, hat der Apostel Paulus auch mal was für´s Poesie-Album geschrieben. Das 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes zum Beispiel.
Es bekam die Überschrift: Das hohe Lied der Liebe.
Der Schlussvers dieses Gedichtes ist vermutlich der am häufigsten gewählte Trauspruch:
"Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;
aber die Liebe ist die größte unter ihnen."

Trotzdem heute morgen keine Traupredigt. Denn Paulus schreibt hier gar nicht etwa eine Besinnung für junge Ehepaare - im Gegenteil.
Die Gemeinde in Korinth war kurz vor der Scheidung.
Misstrauen beherrschte die Begegnungen der Menschen, die Verantwortung trugen.
Es war allenfalls noch ein Nebeneinander, aber längst kein Miteinander mehr.
Und dabei war Korinth eine Gemeinde, die an tiefen geistlichen Erfahrungen offenbar besonders reich war.
Da wurde im Gottesdienst von vielen in Zungen gebetet - das war ein auch damals nicht selbstverständliches Geschehen. So hatte es sich zu Pfingsten in Jerusalem gezeigt, dass Gottes Geist Menschen geradezu ergriffen hatte. In Korinth war das schon fast normal.
Es gab die starke Gabe der Prophetie - Menschen hatten klare Wegweisung Gottes.
Immer wieder passierte es, dass ein Fremder zum Gottesdienst hereinschaute und jemand aus der Gemeinde konnte diesem Menschen, den er nie zuvor gesehen hatte, die Wahrheit über sein Leben auf den Kopf zu sagen. So, dass dieser gar nicht anders konnte als plötzlich zu wissen: Hier ist tatsächlich Gott. Er ist real und er handelt heute.
So kamen ständig Neue in die Gemeinde.
Dann machte der Geist Kranke gesund. Spontan, nachweislich, und zwar immer wieder.
Nur ein solches Wunder kann die Festigkeit im Glauben von Zeugen ungeheuer stärken.
Was muss Korinth für eine Ansammlung von mutigen und fest gegründeten Christen gewesen sein, wo solche tiefen geistlichen Erfahrungen an der Tagesordnung waren?!
Die Christen in Korinth, nach außen war das eine erfolgreiche, eine gesegnete Gemeinde.
Eine, von der man redete. Die einen Ruf hatte im Mittelmeerraum.
Und gerade dieser Gemeinde schreibt Paulus am ausführlichsten über die Liebe.
Ich lese das Kapitel einmal ganz:
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze. Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Die griechische Sprache unterscheidet sehr fein, wenn wir einfach von Liebe sprechen.
Im Griechischen gibt es mindestens drei ganz unterschiedliche Begriffe - die in unserer Sprache alle mit Liebe übersetzt werden können:
Hier spricht Paulus über die Agape - und die bezieht sich gerade nicht auf die Gefühle und Regungen, die zwei Menschen dazu bringen, ihr Leben miteinander zu teilen.
Das wird eher mit zwei anderen Begriffen beschrieben: Eros und Filia.
Eros meint die sexuelle Gemeinschaft und filia übersetzen wir mit Freundschaft.
Dies beides gelebt ergäbe schon eine gute Ehe: ein Miteinander, in dem niemand zu kurz kommt. Und ich vermute: beim Stichwort Liebe haben wir genau dies vor Augen:
Eine gute, freundschaftliche Beziehung, in der zwei Menschen gleichsam aufblühen.
Paulus redet hier von etwas völlig Anderem! Er redet von agape.
Bei Agape geht es auch um Beziehung - und natürlich auch um liebevoll gestaltete Beziehungen. Sonst hätte Luther das sicher nicht so übersetzt.
Im Verhalten kann sich agape durchaus ähneln mit filia, also Freundschaft.
Zwei entscheidende Unterschiede sind aber zu nennen:
1. Zuerst lebt agape aus einer anderen Quelle. Freundschaft findet ihr Motiv im Wesen und Verhalten des Anderen. Echte Freundschaft ist ein Geben und Nehmen. Da leben Menschen miteinander, die sich ergänzen und das als tief beglückend erleben. Eine wunderbare Sache!
Agape dagegen lebt von einer Grunderfahrung her:
Wer sicher ist, dass er bedingungslos angenommen und geliebt ist, der wird frei zur agape.
An Kindern können wir das beobachten. Oft schenken sie bedenkenlos alles weg, was anderen Freude macht.
Eines unserer Märchen beschreibt sehr klar, was agape ist: das Märchen vom Sterntalerkind.
Ein bettelarmes Mädchen, das alles verloren hat. Schließlich wird es sogar auf die Straße gesetzt. Geblieben ist ihr nur noch die Kleidung und ein Stück Brot. Und dieses Kind begegnet nach und nach anderen, die jeder an einer Stelle noch ärmer dran sind. Das Kind teilt und schenkt weg, was es hat - und man fragt sich: Woher nimmt es die Zuversicht dazu? Und genau das ist nach Paulus die entscheidende Frage.
Wir könnten gelebte agape nachmachen - Paulus stellt es sich ja vor:
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
Das ist es nicht. Gott sieht die innere Haltung. Sie zeigt ihm, ob wir ihm seine Gnade glauben.
Erst wenn wir aufhören, innerlich zu rechnen und abzuwägen, ob es sich denn lohnt, erst dann ist Gottes Liebe in uns angekommen.
2. Und der zweite Unterschied ist dies: agape ist nie exklusiv. Sie schließt niemanden aus, weil sie ihren Grund nicht im Gegenüber hat. Das unterscheidet agape von Freundschaft.
In Korinth konnten die Frommen sich untereinander nicht mehr leiden.
Ohne die Details zu kennen wissen wir doch: es gab Streit in der Gemeinde.
Manche hielten am Gemeindegründer Paulus fest und empfanden es als Verrat, als andere, die später dazu kamen, Veränderungen im Gemeindeleben einbrachten. So wuchs das Misstrauen.
Es gab welche, die ließen sich sehr beeindrucken von sichtbaren Geisterweisen.
Für die hatten die das Sagen, die in Zungen beten konnten oder die Gabe der Prophetie hatten.
Wie leicht erliegt man der Gefahr, durch Gaben Macht an sich zu reißen!
Wieder Andere konnten einfach nicht damit umgehen, dass es in der Gemeinde Reiche und Arme nebeneinander gab. Reiche verhielten sich taktlos und verletzend, Arme zogen sich zurück und waren frustriert.
Es ist tatsächlich nicht leicht, miteinander zu leben, wenn es ans "Eingemachte" geht!
Ich habe mal in Amsterdam eine Gemeinde besucht, in der ich genau an dieser Stelle sehr beeindruckt wurde: da war es so, dass es sehr Reiche gab - und die waren auch bereit, anderen zu helfen. Aber das Problem hatten die Anderen. Die Armen schämten sich ihrer Bedürftigkeit. Wer gibt schon offen zu, dass er es gut gebrauchen kann?
Dort in der Dominikus-Kerk hatte man sich einiges einfallen lassen: Reiche übernahmen z.B. ein Abo der Tageszeitung - und die Gemeinde gab das dann weiter.
Das konnte unauffällig geschehen. Oder man spendete Tickets für den Nahverkehr.
Aus einem Pool wurden dann die bedient, die es brauchten.
Agape zu leben braucht Geduld und Feingefühl. Und das offene Gespräch miteinander.
Wo die agape gelebt wird, da wächst die Gemeinschaft miteinander:
Mir ist die Abendmahlsfeier dort bis heute unvergesslich:
In der Woche davor war dazu aufgerufen worden, dass jeder, der mag, Brot zur Mahlfeier mitbringen sollte.
Das hatten einige getan: manche kamen mit selbst gebackenen Broten, andere legten einen Teil des geplanten Picknicks dazu.
Nach dem Gottesdienst blieb man zusammen - und alle wurden satt.
In dieser Gemeinde war viel zu spüren von agape, wie Paulus sie beschreibt.
Nur: wir verpassen Gott, wenn wir das jetzt als Aufforderung hören:
Liebe kann man nicht anordnen.
Wo sie nicht aus dem Herzen kommt, da haben Appelle wenig Zweck.
Wir hören das Lied der Liebe am Beginn der Passionszeit. Sieben Wochen lang wird uns die Liebe, mit der und Jesus zuerst geliebt hat, in Erinnerung gerufen.
Er hat nicht gefragt, ob wir es wert sind.
Er sprach davon, dass es unausweichlich nötig ist, dass Er leidet.
Nur so, in der ganzen Hingabe hat Er den Frieden mit Gott wieder aufgerichtet.
Johannes hat einmal geschrieben: "Lasst uns lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt."
Das könnte ein Satz sein, den wir zum Begleiter durch die Passionszeit wählen.
"Lasst uns lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt."
Das steht in 1.Johannes 4,19.

Amen!

Björn Heymer