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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Johannes 11, 1,3,17-27 , 16. Sonntag nach Trinitatis 2003-
 
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Ihr Lieben,

Was glaubst Du, wer Jesus ist? Im Konfirmandenunterricht nehmen wir gerade das Glaubensbekenntnis durch. Satz für Satz versuchen wir, zu verstehen, was in diesen so dicht formulierten Sätzen alles steht. Das meiste über Jesus. Das ist der längste Abschnitt.
Mit den Konfirmanden habe ich den Eindruck, dass unser Glaubensbekenntnis vielleicht der schwierigste Stoff von allen ist.
Am Ende stellen wir uns der Frage: Wer ist Jesus für uns heute? - Nicht historisch, sondern ganz aktuell. Oder noch zugespitzt: Was glaubst Du, was Jesus tun kann?
Muss man da Stellung beziehen? Wissen wir überhaupt genug? Ist dieser Jesus nicht viel zu weit weg, viel zu wenig greifbar, als dass man diese Frage beantworten kann?
Es sind seltene Momente im Leben, wo aus dieser theoretischen Frage etwas anderes wird. Die Antwort auf die Frage nach Jesus könnte ein Rettungsanker sein, wenn man innerlich im Chaos oder in Verzweiflung zu versinken droht.
Heute morgen hören wir von einer Frau, die emotional völlig erschüttert war - und ihr wird gerade diese Frage gestellt: Wer ist Jesus für Dich? Oder anders: Was glaubst Du, dass Jesus heute für Dich tun kann?
Martha hatte eben ihren Bruder beerdigt. Er war nach kurzer Krankheit plötzlich gestorben.
Mitten in die üblichen sieben Tage Trauer hinein kommt der eine Mann, auf den sie schon vor dem Tod so dringend gewartet haben: Jesus, ein guter Freund und ein Wunderheiler. Wäre er doch nur rechtzeitig da gewesen!
Er, der Lazarus lieb hatte - er hätte doch was tun können, oder?.
Einen Teil der Geschichte haben wir gerade gehört: Jesus war weit weg, als die Krise ausbrach. Und als er die Nachricht endlich bekam und in Bethanien ankam, da war es zu spät. Lazarus war tot und begraben - seit vier Tagen.
Jesus hat in der Vollmacht Gottes diesen Toten noch einmal zurückgerufen ins Land der Lebenden - dieses eine Mal hat er das wahr werden lassen, was viele Trauernden im ersten Schock nach einem Tod dringender als alles andere erhoffen: wenn man doch dieses Sterben rückgängig machen könnte! Nur für einen Moment! Jesus konnte es - aber so, wie die Geschichte erzählt wird, war das Wunder gar nicht die Hauptsache.
Denn bevor Lazarus aus dem Grab gerufen wurde, begegnete Jesus den Trauernden - hier Martha, der einen Schwester. In diesem Gespräch leuchtet auf, worum es im Tiefsten geht:
Johannes schreibt:
Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine halbe Stunde entfernt. Und viele Juden waren zu Martha und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. Als Martha nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen. Da sprach Martha zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Martha spricht zu ihm: Ich weiß wohl, dass er auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.
Bei jeder Beerdigung zitiere ich die Sätze Jesu vom Leben trotz des Todes. Als Trost und als Kampfansage an die Macht des Todes. Manchmal kommen sie mir selber vor wie das leise Piepsen einer Maus, das vom Brüllen des Löwen übertönt wird. Ja, sie sind wahr - aber der Tod ist doch auch eine sehr starke Macht. Martha hat an die Auferstehung geglaubt - und war doch ganz in der Trauer um ihren Bruder gefangen.
Nun ist es wohl eher so, dass die meisten heute morgen einigermaßen stabil und in sich gefestigt hier sitzen. Wie Sie über Tod und Auferweckung denken, was Sie glauben, das ändert wohl nichts daran, wie Sie den Nachmittag verbringen werden. Wir fragen uns vielleicht: Wo ist der Bezug dieser Erzählung zu meinem Leben, wenn ich nicht gerade auf dem Friedhof stehe? Was sagt uns diese Begegnung, wenn wir nicht gerade betroffen sind, nicht den Schatten des Todes so spüren, das uns fröstelt?
Zwei Gedanken dazu. Zuerst dies: Es gibt den Tod mitten im Leben
Da, wo jemand ohne Vision für sein Leben lebt. Wo man nichts mehr erwartet oder erhofft.
Da hat jemand voller Elan an einer neuen Arbeitsstelle begonnen und stellt nach einem Jahr mit Schrecken fest: meine Ideen sind hier gar nicht gefragt. Das, was mir an meinem Beruf wirklich Freude macht, das ist hier erwünscht.
Und dann geht etwas verloren: man geht zwar weiter hin, denn jede Veränderung wäre mit Anstrengung verbunden, aber im Grunde geschieht die Arbeit lustlos.
Von deiner Lebendigkeit ist etwas gestorben. Aus einem Beruf ist ein Job geworden.
Die Arbeitswelt nimmt für viele die meiste Zeit des Lebens ein. Wenn hier, in Deinem Beruf der Tod ins Leben einbricht, dann wirkt sich das schon auf das ganze Leben aus.
Tod im Leben.
Der Tod wirft seinen Schatten auch auf Beziehungen: Wenn zwei Menschen, die einander mal viel bedeutet haben, heute sich nichts mehr zu sagen haben, dann ist etwas zwischen ihnen gestorben. Neulich fragte ich eine alte Dame beim Geburtstagsbesuch nach ihren Kindern: Ja, ich habe einen Sohn. Aber der kommt schon lange nicht mehr!
Das Gespräch fand im Altenheim am Esstisch statt. Eine der Tischgenossinnen wusste um dieses Drama und ergänzte: Seit er kein Geld mehr von seiner Mutter bekommt, meldet er sich auch nicht. Die Macht des Todes mitten im Leben. Es gibt unzählige Beispiele.
Der Tod macht einsam, er raubt uns den Lebensmut und lähmt den Elan.
Nicht erst dann, wenn unser biologisches Leben zu Ende geht.
Und jetzt hören wir noch einmal, das Jesus nicht nur etwas sagt, sondern dass er uns fragt:
Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?
Glaubst Du, dass ich die Todeswirklichkeit besiegen kann in deinem Leben?

Bei Jesus gibt es Leben mitten im Tod. Das ist mein zweiter Gedanke:
Leben mitten in der Wirklichkeit des Todes.
Wenn wir den Tod als eine Wirklichkeit mitten im Leben begriffen haben, stellt sich diese Frage nicht mehr nur am Grab. Dann will uns Jesus die Augen öffnen für die geistliche Welt, die uns ständig umgibt. In der geistlichen Welt haben die Worte Leben und Tod eine andere Bedeutung als in der sichtbaren Welt.
Vor einer Woche sprach ich mit einer jungen Frau, die nach einigen Jahren in ihrem Beruf gemerkt hat: Das ist es nicht. Mit dieser Arbeit werde ich nicht auf Dauer glücklich.
Und sie hat was völlig Anderes angefangen - sie hat sich selbstständig gemacht mit einer Dienstleistung, die es vorher nicht in Köln gab. Weil sie spürte: Daran hab ich Freude.
Und ich spürte: Sie ist dem Leben neu auf die Spur gekommen.
Nicht jede sinnvolle Tätigkeit ist nun Leben im geistlichen Sinn. Aber bei dieser Frau hab ich
Gespürt: ihre mutige Entscheidung entspricht ihrem geistlichen Interesse. Sie sucht einen neuen Zugang zum Glauben und interessiert sich für unser Gemeindeseminar. Ich bete, dass sie wirklich kommt und das die Abende für sie eine entscheidende Erfahrung werden.
In diesem Gespräch hab ich auch bei mir selber eine Spur neuen Lebens entdeckt:
Es gibt nichts Schöneres und befriedigenderes im Leben eines Christen als dies:
einen anderen Menschen begleiten auf seinem Weg zum Glauben. Das ist jede Mühe wert.
Da lohnt sich auch Verzicht auf Freizeit und Mehrarbeit.
Es ist also ein doppelter Grund, dass wir das Gemeindeseminar wieder anbieten:
Es kann ein wichtiger Schritt auf dem Weg in den Glauben werden. Und es bietet vielen Menschen in der Gemeinde die Gelegenheit, die Erfahrung zu machen, dass die Begleitung Suchender zutiefst erfüllend sein kann und den eigenen Glauben stärkt.
Auch wo Menschen sich versöhnen und nach einem Streit oder einer Trennung neu miteinander beginnen, auch da setzt Jesus Leben neu frei. Nicht jedes Scheitern einer Ehe muss zwangsläufig das Ende sein.
Wir denken das ja immer, weil wir es kaum je anders erleben.
Ich kenne Paare, wo es anders gelaufen ist - wo eine tiefe Krise nicht zur Trennung geführt hat, sondern zu einem gegenseitigen Neu - Entdecken und gemeinsamen Neu - Anfangen.
Jesus sagt in unser Leben hinein:
Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.
Und er fragt mitten in die Todeserfahrungen unseres Lebens hinein: Glaubst du das? Glaubst Du, dass von mir Leben ausgehen kann?
Wenn wir Jesus hier im Leben nicht sein verändernde Kraft zutrauen, dann bleibt auch die Hoffnung auf die Auferstehung vage. Martha glaubte an die Auferweckung. Trotzdem fragte Jesus sie: Glaubst Du das? Er fragte damals, ob ihr Glaube in die Gegenwart hinein reicht.
Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist. Das war die Antwort. Sie beschreibt nicht die Hoffnung auf eine ferne Zukunft, sondern ihr Vertrauen in der Gegenwart.
Es ist heute dieselbe Frage. Und wir sind eingeladen, in das Bekenntnis der Martha einzustimmen: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist .
Wer das glaubt, den wird sein Glaube auch tragen - im Leben und im Sterben.

Amen!

Björn Heymer