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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Matthäus 25, 14 - 30   11. Sonntag nach Trinitatis 2003 -
 
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Ihr Lieben,

wer vor zwei Wochen im Gottesdienst war, erinnert sich:
es ging schon einmal um dieses sperrige Gleichnis für die Nachfolge, das wir gerade noch einmal gehört haben.
Ein wohlhabender Mann verteilt sein Vermögen an die Angestellten und geht außer Landes.
Als er zurückkommt, fordert er Rechenschaft und einer hat nichts vorzuweisen.
Er hat sorgsam verwahrt, was man ihm gab, aber das war auch alles.
Wie hören wir diese Geschichte?
Fast automatisch kreisen unsere Gedanken um diesen einen, der am Ende nichts hat.
So ist es eine schrecklich druckmachende Geschichte; die Fleißigen werden belohnt und die Zaghaften verlieren am Ende.
Manch einer erinnert sich an düstere Gemälde des Endgerichts im Stile Stefan Lochners, als man den Leuten gezielt Angst einjagte, um sie moralisch zu disziplinieren - übrigens wohl kaum mit Erfolg.
Oder ermutigt uns diese Geschichte dazu, unsere Zeitgenossen säuberlich einzuteilen in die rechten Christen, mit denen man schon jetzt Verabredungen im Himmelreich treffen kann und die im Stillen verachteten Anderen, die am Ende - vielleicht schon jetzt - die fromme Gemeinschaft stören?
Wir haben vor zwei Wochen versucht, dieses Gleichnis als eine Trostgeschichte zu hören - weil uns eben unendlich viel schon gegeben ist - lange bevor wir etwas leisten für Gott.
Was für ein großzügiger und reicher Herr! Was für eine Freiheit, die er seinen Leuten lässt!
Wir haben uns die Gaben vor Augen gestellt, die Jesus uns gibt:
Jesus gibt denen, die ihm folgen, geistliche Gaben - fünf davon habe ich genannt:
1. Er gibt den Heiligen Geist, die Kraft, die in Menschen wirkt, Dinge im Glauben zu wagen, die sonst ungeschehen blieben.
Jesus gibt uns 2. sein Wort - die Bibel. Was für ein Schatz. Anders als alle Literatur erfahren durch die Bibel immer wieder: hier bin ich direkt angesprochen - über alle Zeiten und Grenzen hinweg. In der Bibel steckt eine Kraft.
3. "Meinen Frieden gebe ich Euch" - was für eine Zusage unseres Herrn! Was jeder Mensch im Tiefsten ersehnt, das gibt Jesus uns: tief drinnen zu wissen: es ist gut, wie es ist. Ich brauch keine Angst mehr vor der Zukunft zu haben, der Neid auf die Anderen kann sich lösen. Jesus kann ein Herz damit erfüllen, das man weiß: Ich komme nicht zu kurz!
Wir haben 4. einen einzigartigen Zugang zu Gott, dem Vater durch Jesus: Wir können zu jeder Zeit und an jedem Ort mit Gott reden - wie mit einem Freund. Nie fallen wir lästig. Weite Pilgerreisen zu heiligen Orten sind nicht nötig. In Jesus haben wir ständig Online-Verbindung.
Und dieser Zugang führt uns nicht zu einem fernen, heiligen und beängstigenden Gott, sondern zum himmlischen Vater. Wir sind 5. angenommene Kinder - und Erben. Nicht Gäste, nicht Besucher, nicht Freunde, sondern Teil der Familie, gewissermaßen Hausherren im Tempel Gottes.
Fünf wunderbare Gaben, die uns im Glauben geschenkt sind. Nicht jeder hat sie im gleichen Maß angenommen - es gibt Unterschiede und auch das ist eine Botschaft dieses Gleichnisses: es ist in Ordnung, dass nicht alle gleich glauben! Es gibt Unterschiede.
Die Frage ist: was machen wir aus dem, was wir an geistlichen Gaben haben?
Im Gleichnis malt Jesus uns zwei Wege vors Auge:
Den Weg der Vermehrung und den Weg des Verbergens.
Die beiden ersten Knechte haben gehandelt und gewonnen im Namen ihres Herren. Und ihr Reichtum hat sich verdoppelt. Eigentlich muss man ja sagen: sein Reichtum wurde mehr.
Ihr Antrieb war nicht Eigennutz, sondern Treue dem Herrn gegenüber.
Sie sind die Vorbilder in dieser Geschichte. So wie sie sollen Jünger sein.
Was haben sie gemacht? Was sollen wir tun, wenn wir Gaben des Glaubens haben?
Die Zahl der Menschen vermehren, die diese Gaben haben. Wir sollen weitergeben, was wir empfangen haben. Darum geht es.
Ich gehe die fünf Gaben noch einmal durch:
1. Wann und wie bekommt ein Mensch den Geist Gottes? Bei allen Mahnungen, dass Gott mit seinem Geist ganz frei ist und niemand die Gabe des Geistes funktionalisieren und aus eigenen Interessen missbrauchen kann - es gibt auch das Versprechen Gottes:
Wenn einer um Gottes Geist bittet, dann gibt Gott ihn auch.
Das setzt voraus, dass andere die Frage danach geweckt haben, weil sie selber vom Glauben so erzählt haben, dass die Anderen ermutigt wurden. Der Geist Gottes wird nicht magisch weitergegeben von einem Eingeweihten auf den Nächsten. Er ist frei und weht, wo er will. Und wo sich jemand ihm öffnet, da kommt er in ein Leben hinein.
2. Manchen Menschen ist es gegeben, Andere einzuführen in die Bibel. Ihnen das Wort Gottes lieb zu machen. Sei es durch Verteilen der Bibel wie es die Gideons tun, sei es durch die Gespräche in einem Bibelkreis oder auch nur durch eine Grußkarte, auf der ein Bibelwort steht. Wer die Bibel als Lebenswort für sich entdeckt hat, der hat damit auch eine Berufung: Gottes Wort will weitergetragen werden. Bis jemand selber beginnt, die Bibel zur Hand zu nehmen, braucht es viele lebendige Briefe - Menschen, die selbstverständlich und überzeugt mit der Bibel umgehen. Warum nicht bei einem Geburtstag mit einem biblischen Segen gratulieren? Oder einen Psalm, den man vorher aufmerksam ausgesucht hat, lesen.
Wir haben einen Schatz mit der Bibel. Behalten wir ihn nicht für uns!
3. Auch den Frieden, den man selber in Christus erfährt, kann und sollen wir weitergeben. Wer mit Gott versöhnt ist, der soll sich versöhnen mit Anderen. "So viel an Euch liegt, so haltet mit allen Menschen Frieden!" mahnt Paulus einmal seine Leser.
Jesus hat die Friedensmacher selig gepriesen. Wo immer sich jemand dafür einsetzt, dass menschliches Miteinander verbessert wird, kann ein Hinweis auf den Herrn der Geschichte daraus werden.
4. Das Gebet lernen Menschen von Christen. Der große Evangelist, Gemeindeleiter, Missionar, Theologe, Dichter und Friedensstifter Nikolaus Ludwig Graf v. Zinzendorf hat geschildert, wie er das Beten gelernt hat: als kleiner Junge von 7-8 Jahren durfte er seiner Großmutter beim Beten zuhören. Den ganz unbefangenen und selbstverständlichen Umgang dieser Henriette v. Gersdorf hat Zinzendorf übernommen - und wurde nicht zuletzt dadurch zu dem, was er war. Beten wird gelernt, indem man Beten erlebt.
Mit meiner Tochter Heinke erlebe ich das zur Zeit: abends beten wir so, dass ich laut bete - Satz für Satz . Und sie wiederholt einfach. Satz für Satz - manchmal fragt sie nach, was ich gemeint habe. So beten wir.
Das Weitergeben der Gabe des Gebets gilt aber nicht nur für Kinder.
Auch Gebetsgemeinschaften im vertrauten Kreis gehören hier hin. Ich selber hab als frischer Christ mein Beten im Jugendkreis und dann im Hausbibelkreis Schritt für Schritt gelernt.
Wenn so Menschen das beten lernen, dann vermehrt sich der Schatz, den Jesus in unsere Hände gelegt hat.
5. Das Wissen, ein Kind Gottes zu sein, wird vermehrt, wenn Menschen neu ermutigt werden, dieses große Geschenk anzunehmen. Wir bieten Jahr für Jahr im November das Gemeindeseminar an. Es will informieren über Jesus - und es will einladen, den Glauben anzunehmen. Auch in diesem November werden wieder sechs Abende angeboten. Und wieder suchen wir ein Team, das in der Vorbereitung und Durchführung mitmacht.
Den eigenen Glauben weitergeben - das ist der eine Weg, den Jesus aufzeigt.
Die beiden ersten Knechte tun offenbar das ganz Normale, was sie vorher auch getan haben.
Nichts Krampfhaftes, nichts besonders Waghalsiges, sondern einfach ihren Dienst.
Der andere Weg, den Jesus mit dem dritten Knecht, beschreibt, ist der Weg des Verbergens.
Wie kommt es dazu, dass dieser eine in seinem Dienst scheitert?
Und der Dienst im Gleichnis, der steht für den Glauben im Leben. Es gibt also eine Form des Glaubens, die am Ende scheitert. Was kann das sein?
Was hat der dritte Knecht falsch gemacht? Immerhin hat er doch das bewahrt, was er bekam.
Er hat es nicht veruntreut, nicht verloren. Trotzdem verliert er alles. Warum?
"Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine."
Wenns kein Gleichnis wäre, Jesus hätte in diesem Moment sicher angefangen zu weinen.
Dieser eine hat seinem Herrn nie vertraut. Er hatte Angst vor ihm.
Er wurde gejagt von der Furcht, nicht genug geleistet zu haben und nicht angenommen zu sein. Und diese Furcht hat ihn gelähmt, hat ihm das normale Handeln unmöglich gemacht.
All das, was das Hören dieses Gleichnisses bei uns auslösen kann, wenn man es ernstnimmt, all das ist verkörpert in diesem Einen. Er hat die Angst, die uns befallen könnte im Hören.
Und Angst und Liebe - diese beiden Gemütsregungen schließen sich aus.
Weil sie in die entgegen gesetzte Richtung blicken: die Angst sorgst sich um sich selber - die Liebe sorgt sich um den Anderen.
Wo Furcht ist, da ist keine Liebe. Aber die wahre Liebe treibt die Furcht aus. (1. Joh. 4,17f)
Im Blick auf Gott gilt: wer sich vor Gott fürchtet, der kann ihm seine Liebe nicht wirklich glauben. Der hat Gott nicht erkannt. Wie oft ruft die Bibel Menschen zu: Fürchtet Euch nicht! Vermutlich, weil wir so verzagte Leute sind. Weil die Angst uns viel vertrauter ist als der Glaube an den liebenden Vater.
Es ist ja übrigens gerade der, der am wenigsten bekommen hatte. Je weniger einer an Glaubensreichtum entdeckt hat, desto anfälliger ist er für die Furcht.
Was tun mit dieser Furcht, die das Glauben so schwer macht?
Das Gleichnis beantwortet diese Frage nicht. Was es tut, ist dies: nimm Deine Furcht ernst. Sie kann die Macht haben, Dich von Gott zu trennen. Insofern ist die wie Schuld - auch wenn sie nicht Schuld ist. Was also tun?
Wen die Furcht plagt, der gehe genau damit zu Gott. Nicht erst, wenn er wiederkommt, sondern gleich. Im Gebet können wir Gott genau das sagen - dass unser Bild von ihm so getrübt ist - woher auch immer. Damit Er mit seiner Klarheit unsere Furcht vertreibt.
Damit wir das Fürchte Dich nicht! endlich auch für uns hören können
Wer allein nicht mit der Furcht klar kommt, der suche Hilfe - einen Seelsorger, mit dem er gemeinsam beten kann um Befreiung. Wen das Gleichnis unruhig macht, der gehe mit dieser Unruhe zu Gott und bitte ihn um Frieden. Gott will uns gerne damit beschenken.

Amen!

Björn Heymer