siehe auch die Philippusbilder
in unserer Kirche
Ihr Lieben,
vor drei Tagen lernte ich im Krankenhaus einen Mann kennen, der gerade mal 50
ist, aber der kurz davor ist, sein Leben aufzugeben. Seit zehn Jahren ist er
arbeitslos und sucht Arbeit.
Er hat eine Alkoholkarriere hinter sich; nach einem Zusammenbruch vor drei Jahren
machte eine Entziehung durch und ist seither trocken.
Aber trotzdem immer wieder: Nein! Für sie haben wir nichts.
Oder, was noch mehr schmerzt: nach einer Vorstellung einfach gar keine Nachricht.
Ablehnung! Dich wollen wir nicht!
Wir sprachen darüber, wie schwer es ist, dabei immer noch zu hoffen, nicht
aufzugeben und immer wieder zu einem Neuanfang bereit zu sein.
Wenn man so deutlich vermittelt bekommt: Du bist nicht gewollt!
Einem hier in unserer Kirche ging es einmal ähnlich:
Er war reich und hatte die höchste Stufe der Karriereleiter erreicht.
Aber als er in die Kirche kam, um den Antrag auf Mitgliedschaft zu stellen,
da passierte ihm dasselbe wie jenem Arbeitslosen: Geh weg! Du darfst hier
nicht rein!
Keine Sorge, dieser Mann ist kein Zeitgenosse. Die Kirche, von deren Priestern
er abgelehnt wurde, war der Jerusalemer Tempel vor knapp 2000 Jahren.
Es handelt sich um den reichen Afrikaner, der auf dem großen Bild in seiner
Kutsche unterwegs ist.
Er war weit gereist, um in Jerusalem Gott anzubeten. Bis in den ersten Vorhof
des Tempels hat man ihn gelassen, dann hieß es: Kein Zugang für solche
wie Dich!
Obwohl der Tempel geöffnet hatte! Nur eben nicht für Ausländer!
Diese Geschichte wird in der Bibel erzählt, wir haben sie gerade gehört.
Von den Frommen im Namen Gottes abgelehnt fand der Mann doch zum Frieden mit
Gott. Gott sei Dank hat der andere Maßstäbe als die meisten Menschen.
Weil Gott brennend daran interessiert ist, Gemeinschaft mit Menschen zu haben,
hat er den Philippus auf den Weg geschickt.
Der erzählt dem Afrikaner von Jesus und von der christlichen Gemeinde -
in der Juden und Heiden zusammen Gott anbeteten.
Eine neue Chance für den Afrikaner!
"Darf ich dazugehören?" Das ist seine Frage, als er um die Taufe
bittet.
Die Geschichte des Afrikaners ist eine Taufgeschichte. Wer um die Taufe bittet,
der möchte dazugehören. Zu Jesus und seiner Gemeinde.
Die Taufe begründet eine Beziehung zu einer Gemeinschaft. Das gilt bis
heute.
So gesehen beginnt mit der Taufe eine Geschichte.
Bisher endeten die Bilder zu dieser Geschichte mit der Taufe.
Aber so ist es jetzt nicht mehr! Es gibt etwas Neues in unserer Kirche.
Sie gehören zu den ersten, die heute das 9. und letzte Bild der Künstlerin
Frau Büscher Eilert für unseren Philippus Zyklus zu sehen bekommen.
Es zeigt den Getauften, wie er weitergeht. In der Apostelgeschichte heißt
es:
"Er zog aber seine Straße fröhlich."
Darum geht es auf dem Bild. Um die Veränderung durch die Taufe - gedrängt
und verdichtet dargestellt, wie es eben eine Künstlerin kann.
Drei Veränderungen fallen mir auf:
1. Die Freude des Getauften
2. Die Bewertung seiner Vergangenheit
3. Die Haltung Gott gegenüber
Die Freude ist das Erste Thema dieses Bildes. Das ganze Bild scheint heller
zu sein als die Anderen. Ja, man hat den Eindruck, der Mann ist jünger
geworden. Seine Haut ist heller, der Gesichtsausdruck lebhafter. Hier hat eine
sichtbare Veränderung stattgefunden.
Kann das wahr sein? Ja!
Denn die Seele eines Menschen altert anders als der Körper. Manche Alten
sind innerlich dynamisch, lebendig und flexibel, das man sich nur wundert.
Andere sind gerade 40 - und man hat den Eindruck: in diesem Leben passiert wohl
nicht mehr viel. Da sind die Entscheidungen gefallen. Da ist keine Offenheit
mehr vorhanden für Überraschungen und neue Einsichten. Da ist einer
innerlich schon steinalt.
Das gibt´s!
Im 103. Psalm heißt es:
der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,
der dein Leben vom Verderben erlöst,
der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,
der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.
Ein Neuanfang mit Gott, wo jemand Vergebung zugesprochen bekommt und annimmt
- das macht einen Menschen fröhlich und wieder jung. Dieser Psalmvers ist
sozusagen der erklärende Kommentar zum Bild.
Getauft Sein - das bedeutet, dass Gott uns unsere Schuld abgewaschen hat. Das
will immer neu angenommen und geglaubt werden. Bei Gott ist jederzeit ein echter
Neuanfang möglich. Und wenn einer das erlebt, dann ist das Taufbecken der
Jungbrunnen für die Seele.
Das zweite, was anders geworden ist durch die Taufe, ist die Bewertung seiner
Vergangenheit. Ist Ihnen aufgefallen, dass die Künstlerin ein Teil seiner
Kleidung weggelassen hat?
Es ist die prachtvolle Kette, die der Mann erst getragen hat. Sie ist Zeichen
seiner Würde, seiner gesellschaftlichen Stellung und auch seines Reichtums.
Immerhin war er Finanzminister in einem Königreich, in dem Gold abgebaut
wurde.
Und all das bedeutet ihm jetzt offenbar nichts mehr. Er trägt das Zeichen
seiner Würde nicht mehr. Es scheint nicht zur Freude des Getauften zu passen.
Wenn die Taufe Grundstein eine Beziehung zu Jesus Christus ist, dann verändert
sich unsere Haltung zu Besitz und Anerkennung. Beides ist vielen Menschen konkurrenzlos
wichtig.
Aber Jesus ist die Konkurrenz! Wer sich an ihn bindet, der erkennt, wie trügerisch
die Sicherheit ist, die Geld und Ansehen versprechen. Es ist schön, wenn
man das hat, ja.
Aber wehe dem, der seine Seele daran hängt!
Wie krank ist ein Mensch, der meint, auf Anerkennung Anderer nicht verzichten
zu können.
Der Mörder des kleinen Jakob von Metzeler ist ein erschreckendes Beispiel
dafür.
Der getaufte Afrikaner hat nicht seine Vergangenheit einfach hinter sich gelassen.
Er kehrt dorthin zurück, wahrscheinlich sogar in dieselbe Funktion als
Finanzminister. Aber jetzt wird er wahrlich zu einem Minister. Das bedeutet
nämlich, ein Diener zu sein - kein feiner Herr!
Die Bewertung dessen, was sein Leben ausmachte, die hat sich radikal geändert
bei ihm.
Bei dem Mann im Krankenhaus hab ich nach der Begegnung gedacht: "Wie anders
könnte sein Leben doch werden, wenn der Jesus finden würde!"
Und das gilt ja nicht nur für so einen, der keine Zukunft mehr zu haben
scheint.
Das gilt für jeden, der Jesus noch nicht begegnet ist!
Was könnte Jesus aus Deinem Leben machen!
Damit komm ich zum Dritten, was anders geworden ist bei diesem Mann:
Es ist seine Haltung Gott gegenüber!
Also, wenn ich mich freu, dann juble ich vielleicht, dann mach ich vielleicht
auch einen Luftsprung, aber beide Hände hochheben? Auf diese Form, meine
Freude auszudrücken käme ich nicht. Was hat die Künstlerin dargestellt?
Zum einen ganz sicher unbändige Freude:
Unser Sohn Till, jetzt acht Monate alt, kann so eben im Kinderwagen sitzen.
Und da sitzt er stolz und glücklich darüber, dass er das kann, hält
sich vorne an einem Bügel fest und strahlt in die Welt. Als uns neulich
beim Spazieren gehen Leute entgegenkamen, da hob er erst eine und dann beide
Arme hoch, als würde er die Menschen begrüßen und strahlte sie
wie es wohl nur ein Kind kann. Da passt das. Ein Ausdruck vollendeten Glücks!
Die Haltung der erhobenen Arme bedeutet aber noch viel mehr:
Beim Besichtigen einer Ausgrabung in Jordanien sah ich einmal auf dem Mosaikfußboden
einer 1.500 Jahre alten Kirche Männer dargestellt, die so die Hände
erhoben hatten.
Sie waren so abgebildet, wie sie den Gottesdienst leiteten.
Die Haltung der erhobenen Hände ist der alte biblische Gestus der Anbetung.
Der Getaufte hat eine neue Beziehung zu Gott bekommen. Er hat verstanden: dieser
Gott nimmt mich so an, wie ich bin. Bei ihm bin ich jederzeit willkommen. Wie
wunderbar! Ihm soll meine Anbetung gehören. Ihm allein.
Das Bild ist somit auch ein Kommentar zum ersten Gebot, in dem Gott daran erinnert:
"Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben
neben mir. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!"
Wer sich taufen lässt, der entscheidet sich für den einen lebendigen
Gott - und damit gegen alle anderen Götter, die auch unsere Gedanken, unsere
Herzen und unsere Taten für sich beanspruchen.
Die Taufe will täglich gelebt sein:
Fröhlich und unbeschwert
In innerer Distanz zu Reichtum und Anerkennung
In täglicher Anbetung Gottes, bei dem jeder willkommen ist.
Amen!
Björn Heymer
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