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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Lukas 16, 19 - 31 1. Sonntag nach Trinitatis 2003 -
 
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Ihr Lieben,

Ist Gott eigentlich wirklich gerecht?
Ja, klar, das ist doch sogar einer seiner Namen - der Gerechte!
Und Er sorgt für Gerechtigkeit - ist Er doch der Richter über jedes Leben.
Aber: da verliert eine Familie aus der Gemeinde ihren Sohn durch einen tragischen Unfall.
Ein anderer hat eine Krebskrise gerade überstanden, da entdecken die Ärzte neue Tumoren.
Wieder einer bemüht sich mit ganzer Kraft, beruflich auf die Beine zu kommen, aber er kriegt einfach keine Chance.
Wie sollen wir das verstehen? Muss man da nicht an Gott verzweifeln?
Anderen, die sich um Gott gar nicht kümmern, denen geht es doch scheinbar viel besser!
Denen fällt alles zu, sie müssen nicht mal arbeiten dafür.
Wir vergleichen und wenn wir das tun, kommen wir vielleicht zu dem Schluss:
"Ich bin Gott anscheinend gar nicht so wichtig. Der große gerechte Gott, das ist eine gewaltige Idee, das mag ja auch stimmen, aber in meinem kleinen Leben, da läuft´s anders. Da muss ich mich doch allein durchschlagen." Und dann ist´s gar nicht mehr so weit bis zu dem anklagenden Satz: "Wer will so einen denn schon zum Vater haben? Einen, der das zulässt, was mir widerfahren ist."
Oder wir denken so: "Ein Gott, an den ich glauben soll, der muss sich auch zeigen! Der müsste dafür sorgen, dass es gerecht zugeht."
Jesus kannte diese Fragen auch. "Passt einmal auf, sagte er einmal, ihr kennt doch alle diese Geschichte: Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voll von Geschwüren und begehrte, sich zu sättigen mit dem, was von des Reichen Tisch fiel; dazu kamen auch die Hunde und leckten seine Geschwüre. Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und mir die Zunge kühle; denn ich leide Pein in diesen Flammen. Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt.
Die Geschichte war schon alt, als Jesus sie erzählte. Zuerst erzählt wurde sie wohl im alten Ägypten. Juden aus Alexandrien haben sie gehört und jüdisch umgeformt.
So hat sie dann Jesus kennen gelernt. Diese Erzählung lebt von dem krassen Gegensatz:
Da ist einer so reich, dass er es nicht nötig hat, noch zu arbeiten. Tag für Tag lädt er zu Gastmählern ein. Seine Kleidung - purer Luxus! Sein Name wird nicht genannt.
Und da ist der Arme: ein offenbar gelähmter Bettler, der an der Zufahrt zur Nobelvilla des Reichen liegt. Er verhungert dort, weil man ihm nicht mal den Abfall zur Nahrung überlässt. Nicht mal die Straßenköter konnte er mehr abwehren.
Sein Name ist bekannt - Lazarus, Elearzar, was soviel heißt wie: "Gott hilft".
Das ist doch ungerecht! Das schreit zum Himmel!
Wieder erhebt sich die Frage: Hilft Gott dem, der in Not ist?
Wie wird sein Eingreifen praktisch, wenn Er denn hilft?
Die alte Geschichte, die Jesus aufgreift, gibt diese Antwort:
Was hier auf Erden ungerecht verteilt ist, das findet nach dem Tod seinen gerechten Ausgleich. Das ist der Trost für die Verlierer im Leben. Nach dem Tod kommt der Ausgleich.
Als kritisch gebildete Hörer protestieren wir sofort: "Das ist Vertröstung, Opium für´s Volk! Wenn Glaube nicht mehr bietet als Jenseitsvertröstung, dann weg damit!"
Die Frommen denken natürlich nicht so. Vielleicht empfinden sie aber eine stille Genugtuung bei dieser Geschichte:
"Recht so! Wenn schon nicht hier, dann bekommt der rücksichtslose Prasser eben nach dem Tod seine gerechte Strafe! Es muss sich doch schließlich irgendwie lohnen, dass ich als Christ auf so viel verzichtet habe im Leben."
Weckt diese Geschichte bei uns so was wie Triumphgefühle?
Eine gewisse Zufriedenheit darüber, dass der Reiche am Ende im Feuer schmoren muss?
Wenn ja, dann sollten wir auf die Fortsetzung genau hören:
Wie gesagt, bis hierhin hat Jesus eine bekannte Geschichte aufgegriffen.
Das ist allgemein religiös, nicht besonders christlich.
Mit seiner Fortsetzung holt Jesus den Sinn der Geschichte aus dem Jenseits in die Gegenwart! Er fährt fort und lässt Abraham sagen:
Und überdies besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüber will, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber. Da sprach der Reiche: So bitte ich dich, Vater, dass du Lazarus sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.
Der Gott, der seinen Sohn in die Welt gesandt hat, begegnet uns nicht erst nach dem Tod!
Es geht Jesus darum, dass wir Gott nicht länger ausweichen.
Jetzt, hier mitten im Leben fällt die Entscheidung.
In welcher der Gestalten erkennen wir uns wohl wieder?
Abraham, in dessen Schoß Lazarus sanft landet? - klar, der steht hier für Gott, bei dem der Gerechte seinen Frieden findet. Der Jude vermeidet es, von Gott direkt zu sprechen und so wird der Stammvater Israels hier zum Sinnbild für Gott.
Ich vermute, wir wären alle gerne der Lazarus - wenigstens am Ende! Für ihn endet die Geschichte ja glücklich. Trotzdem ahnen wir wahrscheinlich: wir sind nicht Lazarus.
Dazu geht es uns allen viel zu gut. Für wen steht Lazarus dann? Wir greifen zu kurz, wenn wir in Lazarus jeden Armen sehen, jeden Benachteiligten und Verlierer auf dieser Welt.
Ich versuche es einmal mit einer ungewöhnlichen These:
Was wäre, wenn Jesus sich in Lazarus selber gesehen hätte?
Jesus verstand sein Leben vom Propheten Jesaja her: er ist der Gottesknecht, der von allen verachtet und verschmäht wird. Der bis in seinen Tod hinein nicht gewonnen hat. Dessen Botschaft ungehört blieb.
Lazarus und Jesus - das sind auch ganz ähnliche Namen:
Jesus heißt: Gott rettet und Lazarus: - Gott hilft.
Natürlich steht Lazarus auch für jeden Armen dieser Welt. Aber das ist kein Widerspruch!
Im großen Gleichnis vom Endgericht fragen die Verurteilten den Herrn ja: Wann haben wir Dich nackt gesehen, oder hungrig oder krank - und haben Dir nicht geholfen?
Und Jesus antwortet: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt Ihr mir getan!
Gott begegnet uns mitten im Leben - ganz unscheinbar - so, wie wir es nicht erwartet hätten.
Wo immer wir barmherzig mit einem Menschen umgehen, da haben wir es mit Jesus zu tun!
Barmherzigkeit - das ist auch einer der Namen Gottes.
Und Barmherzigkeit, das ist das freundliche Helfen einem Menschen, der es nicht verdient hat. Der vielleicht sogar so verschämt ist, dass er nicht mal um Hilfe bittet.
"Wenn Ihr nur denen helft, die Eure Freunde sind, was tut Ihr Besonderes? Das tun auch die Heiden!" Von Jesus zu lernen, das heißt: barmherzig zu werden - ohne Berechnung. Ohne für sich selber etwas zu bekommen. Kommt in der Geschichte vom Reichen und dem armen Lazarus Barmherzigkeit vor? Nein? Vielleicht doch:
Der Reiche ist es, der Mitleid zeigt! Ja, sogar so etwas wie missionarischen Eifer.
Er, dem in seinem Leben Andere immer egal waren, bekehrt sich nun zu Retterliebe!
An anderer Stelle hat Jesus seine Jünger genau dazu aufgefordert, was der Reiche hier tut: Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter sende in seine Ernte! Hier bittet der Reiche den Abraham, er möge Lazarus auf die Welt schicken, um seine Brüder zur Umkehr aufzufordern. Der Reiche, der am Ende ganz arm dran ist - der soll uns ein Vorbild werden!
Er bleibt in der ganzen Geschichte ja ein Sohn Abrahams - er wird nicht endgültig verworfen! Denn obwohl es ihm selber schlecht geht, bekehrt er sich zur Selbstlosigkeit!
Er setzt sich ein für die, deren geistliche Armut er so gut kennt.
Er will, dass sie umkehren und auf den Weg des Lebens kommen.
Nun endet die Geschichte ja nicht positiv.
Wir müssen sie weiterdenken vom Geschick des Erzählers her.
Die Bitte, die Abraham dem Reichen abschlägt, die hat Gott in Jesus, dem eigentlichen Lazarus, in Wahrheit erhört: Er sandte Jesus aus dem Reich des Todes zurück.
Der Auferstandene ist die Erfüllung der Bitte des Reichen.
Damit der Ruf zur Umkehr doch erschallt.
Das ist göttliche Barmherzigkeit!
Er setzt sich über die eigene, richtige Entscheidung hinweg und gibt den Verlorenen nicht auf.
Die Geschichte hat Jesus vor seiner Auferweckung gepredigt.
Das negative Ende ist nicht Gottes letztes Wort!
Das sie so endet, steht in der Tradition der Propheten.
Manchmal ist die Ansage des Gerichts eine Form der Gnade!
Weil es eben noch angesagt wird - so haben die Hörer noch die Chance, umzukehren.
Erst wenn das Gericht vollzogen wird - gerecht, aber ohne Möglichkeit zur Umkehr, erst dann wäre es zu spät.
Ich hab begonnen mit der Frage, wie dunkle, schwere Erfahrungen im Leben mit dem Glaube zusammenpassen. Eine allgemeine Antwort gibt es nicht.
Da ist jeder selber gefragt. Manchmal scheint Gott sich zu verbergen, damit wir Abschied nehmen von einem falschen Bild, das wir von Gott hatten.
So viel bleibt klar: solange ein Mensch lebt, kann er den Ruf zur Umkehr hören und darauf antworten! Gott ist nicht nur gerecht, er ist auch barmherzig.
Und wer von Jesus lernt, der lerne immer neu diese Barmherzigkeit!

Amen!

Björn Heymer