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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zur Johannes 10, 11 - 16, Misericordias Domini 2003-- Drucken

Ihr Lieben,

am Donnerstagabend fragt mich meine Tochter beim Essen plötzlich:
„Du, der Karl-Heinz, der ist doch der Hirte für seine Schafe.“
„Ja!“ antworte ich. Karl Heinz ist unser Nachbar im Oberbergischen und er hat vier Schafe. Am ersten Mai waren wir dort.
„Und Jesus – fährt sie fort – Jesus ist der Hirte für alle Schafe.“
„Nein, er ist der Hirte für alle Menschen!“
„Aber für die Schafe auch! Für alle Tiere!“ Meine Tochter ist beharrlich.
Tja, da konnte ich nur noch zustimmen. Obwohl: so ganz trifft es das nicht, was Jesus mit seiner Rede vom guten Hirten gemeint hat.
Jesus, der gute Hirte, das ist wohl das bekannteste und eingängigste Bild für Jesus.
Und weil kleine, wollige Schäfchen so schnuckelig sind, vermitteln wir dieses Bild wohl so gern gerade an die Kinder. Es kommt auf Bildern vor, es wird in Liedern besungen und ist Standartthema im Kindergottesdienst.
Erst, wenn man genauer hinhört, merkt man: so ganz leicht ist es gar nicht, dieses Bild!
Ich lese aus dem Johannes-Evangelium:
Jesus sagt: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht - und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie -, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt, und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.
Das vorneweg: Wir sind keine Schafe und Jesus war kein Hirte!
Es ist ein Bild, das Jesus hier vor unsere Augen malt.
Dass wir keine Schafe sind, ist klar. Aber dass Jesus nicht wirklich ein Hirte ist – damit haben nicht nur Kinder ihre Schwierigkeiten.
Jesus ist für uns das, was ein Hirte für seine Herde ist – darum geht es.
Drei Gedanken dazu:
1. Wie ein Hirte für seine Herde - Jesus sorgt für seine Leute
2. Wie ein Hirte der Herde den Weg zeigt – so sagt Jesus, wie wir unsere Leben gestalten sollen.
3. Wie ein Hirte seine Herde beschützt - so opfert Jesus sein Leben für uns
1. Jesus sorgt für seine Leute
Wir stellen uns vor: Es ist in den Wochen, bevor Jesus gefangen genommen wurde. Gefahr lag in der Luft und die Jünger spürten das und machten sich Sorgen.
Was Jesus hier sagt, das ist bestimmt für Menschen, die voller Sorgen in die Zukunft blicken. Also nicht gerade für Kinder, oder?
Jesus schart seine Leute um sich und sagt ihnen:
Hört mal zu. Ich weiß, Ihr seid bedrückt! Die nächste Zukunft sieht überhaupt nicht rosig aus. Manche von Euch haben Angst – um mich oder auch um ihr eigenes Leben. Bitte vertraut mir! Ich werde für Euch sorgen, was auch kommt! Wie ein Hirte für seine Herde.
Und das sagt er nicht einfach so in den neutralen Raum!
Er grenzt sich deutlich ab von den anderen. Die auch um Vertrauen werben.
Die vielleicht sagen: Bring Dich in Sicherheit! Jetzt geht´s noch. Das mit Jesus, das war eine schöne Zeit, aber jetzt wird´s brenzlig.
Die Jünger damals, wir heute sind gefragt: Wem vertrauen wir? Wem vertrauen wir uns an?
Meistens sehen wir uns ja gar nicht so vor die Entscheidung gestellt.
Wir können uns ganz gut selber helfen und brauchen Gott eigentlich nicht.
Erst, wenn uns was fehlt, wenn wir krank sind oder in einer Krise stecken, da ahnen wir plötzlich: mit unseren Möglichkeiten und Kräften ist es nicht weit her. Wir brauchen etwas – oder jemanden, auf den wir uns stützen können. Jesus?
Ja! Auch wenn´s anmaßend klingt, Jesus spricht hier mit absoluter Gewissheit:
Auf mich kann man sich verlassen wie auf den besten Hirten – der bereit ist, sogar sein Leben zu riskieren. Wer es probiert, der wird´s erleben.
Nur: viele erleben es anders. Könnte es sein, dass wir Jesus zu wenig kennen?
Jesus bietet sich ja den Menschen an, von denen er sagt:
„Ich kenne die Meinen und sie kennen mich.“
Ich sorge für die, die ich kenne und die, die mich kennen. Das bedingt einander!
Wir sollen jetzt nicht die Grenzen ziehen! Das tut Jesus selber.
Wen Er kennt, das sehen wir oft nicht, aber: wir können uns schon fragen: Kennen wir Jesus? Haben wir uns eingereiht in seine Herde. Oder ohne Bild gesprochen: Haben wir Ja dazu gesagt, dass Jesus der Herr in unserem Leben ist?
Die Konfirmation soll Gelegenheit geben, sich einzureihen in die Gruppe um Jesus.
Lohnt es sich? Haben das Menschen erlebt, was Jesus hier versprochen hat? Dass er für seine Herde sorgt. So wie es im Psalm 23 heißt: gute Weide, frisches Wasser, Begleitung im Tal des Todes und der Angst, Seelenruhe im Angesicht des Feindes? Wer´s wissen will, der frage die anderen in der Herde. Das wär` eine Sonntagsrede, wenn ich es hier von vorne einfach behaupten würde. Als ein Zeuge kann ich sagen: Ja, ich hab´s immer wieder erlebt!
Aber dazu kann ich besser im Gespräch was sagen als von hier aus.
Der zweite Punkt ist dieser: Wer sich danach sehnt, so im Schutz und in der Fürsorge von Jesus zu leben, der muss auch Ja dazu sagen:
2. Wie ein Hirte der Herde den Weg zeigt – so sagt Jesus, wie wir unsere Leben gestalten sollen. Der Hirte ist der Boss – nicht die Schafe.
Ich vermute, das blenden wir erst mal aus, wenn wir uns das Bild des Hirten vorstellen.
Ist auch verständlich: in unseren Breiten, da steht ein Hirte meistens seelenruhig irgendwo am Rand der Wiese und lässt die Herde grasen. Solange nichts schief geht, greift er nicht ein.
Selbst bei einem Weidewechsel wissen die Schafe offenbar ganz gut, wo der Weg hingeht. Der Hirte geht hinterher und passt auf, dass alles gut geht.
Im Land der Bibel kann man bis heute ein anderes Bild beobachten: Wenn eine Herde unterwegs ist, dann geht der Hirte voran. Er kennt den richtigen Weg. Das sind eben nicht immer Wege, die rechts und links mit Blumen gesäumt sind. Da geht es auch mal durch Durststrecken. Wer sich den Glauben ohne Krisen vorstellt, der kennt Jesus noch nicht.
Gerade, wenn´s nicht leicht ist, sind wir gefragt:
Welcher Nase gehst Du nach? Deiner Eigenen? Oder folgst Du Jesus nach und vertraust darauf, dass seine Art, zu leben, besser ist als das, was so aus dem Bauch heraus kommt?
Konkret heißt das: ständig Blickkontakt zum Hirten Jesus halten.
Wie das geht? Beten nicht nur, wenn einem danach ist. Sondern immer. Auch mal hörend beten – schweigen vor Gott und das innere Ohr auf Empfang stellen.
Das ist nicht leicht in unserer lauten Welt. Das würde bedeuten, mal den Fernseher abschalten – oder auch mal einen Abend ohne Gesellschaft verbringen. Um auf Jesus zu hören.
Blickkontakt heißt auch: Jesus immer besser kennen lernen. Indem wir die Evangelien lesen. „Die meinen kennen mich“ „Der ist mein Jünger, der tut, was ich sage!“ Jesus hat von Nachfolge immer mit ganzem Ernst gesprochen. Christ sein ohne Bibellesen geht kaum.
Mit all dem verdienen wir uns nichts! Das sollten wir wissen.
Entscheidend ist der dritte Gedanke:
3. Jesus opfert sich für uns
Spätestens hier verlässt Jesus unseren Erfahrungshorizont mit Hirten. Ein Hirte, wie wir ihn uns vorstellen, schlachtet sich vielleicht mal ein Lamm und genießt den Braten, aber den Tod auf sich zu nehmen um die Herde zu retten? Bei aller Liebe, das ist doch wohl zu viel.
Und doch, gerade dies ist Jesus sehr wichtig:
Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Jesus redet von einem Hirten, der nachts einem reißenden Wolf entgegentritt und kämpft.
Mit dem Risiko, dabei selber zu sterben.
Übertreibt Jesus da nicht etwas? Immerhin behauptet er damit: Wir Menschen leben in einer tödlichen Gefahr! Nicht nur, wenn es uns schlecht geht, sondern immer!
Er meint damit nicht weniger als dies: Unsere Seele steht in der Gefahr, verloren zu gehen! Der Wolf steht für den Widersacher Gottes, der uns Menschen wegreißen will aus der Nähe Gottes. Eine tödliche Gefahr, sagt Jesus.
Dieser Wolf könnte nicht nur vielleicht mal auftauchen – er ist da. Und wenn nicht der Hirte den Kampf aufgenommen hätte und ihn besiegt hätte, dann wäre die Herde verloren.
Das Bild vom Hirten und der Herde ist deshalb auch eine Ostergeschichte.
Als Jesus auf dem Hügel Golgatha starb, da tobte dieser Kampf auf Leben und Tod.
Und erst als Gott ihn aus dem Tod auferweckt hat, war der Sieg errungen.
Wir haben davon nichts mitbekommen – wie eben eine schlafende Herde, die am nächsten Morgen aufwacht und wieder mal feststellt, dass alles gut ist.
Vertrauen in diesen Hirten wächst nur, wenn wir ihn mehr und mehr kennen lernen.
Wenn wir daran erinnert werden, was Er durchlitten hat, für uns!
Das Abendmahl hat schon viele getröstet – weil es uns nahe bringt: Jesus hat auch gelitten.
Ja, er hat sein Leben verloren. Und Gott hat ihn hindurchgetragen. Er lebt! Jenseits des Leides. Deshalb ist er der beste Hirte für unsere Seelen, den es gibt.

Amen!

Björn Heymer