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Predigt zur Johannes 12, 12 - 19, Palmsonntag 2003-- Drucken

Ihr Lieben,

wie sich die Bilder gleichen! Als am Mittwoch die Machtübernahme in Bagdad über die Bildschirme verbreitet wurde, sah man jubelnde Massen, die Symbole der alten Zeit umstürzten und den Neuanfang feierten.
Vor knapp 2000 Jahren wurde Jesus mit ähnlichem Jubel in Jerusalem empfangen.
Nicht so sehr von den Bürgern der Stadt, wohl aber von vielen Gästen, die zum Passafest gekommen waren. Denn Passa - das war das Fest der Befreiung und immer auch das Fest der Hoffnung, dass noch einmal das Wunder aus alter Zeit tut:
Rettung! Neuanfang! Freiheit! Eigene Identität! Eigenes Land und Frieden!
Hatte Er nicht zugesagt, dass er wieder einen Retter senden wird, wenn die Zeiten unerträglich sein würden?
Damals, als Jesus lebte, wurde Gottes Eingreifen sehnsüchtig erwartet.
Und dann passierte da ja auch allerhand:
Ich lese aus dem Johannes-Evangelium - und bitte hören Sie unter der Frage mit:
Was unterscheidet diesen Einzug Jesu von den Berichten zur Eroberung Bagdads?
Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem käme, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel! Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): "Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen." Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so mit ihm getan hatte. Das Volk aber, das bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte die Tat. Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, daß ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.
Vielleicht hätten die Amerikaner es sich so gewünscht, als sie in den Irak einmarschierten:
Jubelnde Menschenmengen, Loblieder auf den Lippen - und: das Bekenntnis: der, der hier kommt, ist der Befreier, ist der rechtmäßige König! So kam es ja nicht.
Jesus ist nicht zu wiederholen, geschweige denn zu übertrumpfen!
Der Bericht vom Einzug in Jerusalem gehört für mich zu den eindrücklichsten Erzählungen über Jesus. Er zeigt, wer Jesus ist und fordert uns zu einer Stellungnahme heraus: Wer ist Jesus für mich?
Drei Gruppen werden hier erwähnt - und in eine von den dreien werden wir uns heute einsortieren.
1. die begeisterte Menge
2. die Jünger Jesu
3. die Skeptiker
1. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht verbreitet:
In Bethanien wurde ein Toter wieder lebendig! Einer, der schon Tage im Grab gelegen hatte.
Das war nicht irgendein Spektakel! Nicht ein Wunder neben Anderen.
In zweifacher Hinsicht geschah hier ein besonderes Zeichen für Gottes Handeln:
das Erwecken eines Toten galt als eins der Wunder, die vom Messias erwartet wurden.
Und dann noch auf dem Ölberg! Der Ölberg liegt östlich von Jerusalem. Über den Ölberg nach Osten hatte Gott vierhundert Jahre vorher den Tempel verlassen - so hat des der Prophet Ezechiel gesehen und als Gerichtspredigt verkündet.
Und - so konkret hat man sich das damals vorgestellt - über diesen Ölberg würde Gott wieder kommen und seinen Tempel wieder einnehmen.
Der Weg von Jericho hinauf aus der Wüste über Bethanien und die Gärten auf dem Ölberg durch das Kidrontal direkt in den Tempelbezirk, das ist gewissermaßen die göttliche Einflugschneise.
Und nun kam ausgerechnet aus Bethanien die Nachricht, da sei einer aus dem Grab geweckt worden! - Eine messianische Begeisterung erfasste die Leute. Da wurde die ganze Hoffnung des Passafestes auf einmal lebendig und brach sich Bahn: "Jetzt ist es so weit! Gott greift ein! Der Befreier kommt und räumt auf in Jerusalem und im Land. Es ist so weit!" Es lag geradezu eine Spannung in der Luft, dass man es hat knistern hören.
Als ich in Jerusalem gelebt habe, da habe ich mir eine Ikone gekauft - sie zeigt gerade diese Szene: Jesus reitet auf einem Esel durchs Kidron Tal in die Stadt. Nun sind Ikonen ja normalerweise sehr statische Bilder - aber auf diesem Bild ist geradezu Action:
Einer sitzt oben auf der Palme und sichelt Zweige ab - ein anderer zieht sich gerade das Gewand über den Kopf - wieder einer legt sein Hemd auf den Weg und noch einer füttert den Esel - die begeisterte Menge tut etwas! Sie steht nicht nur staunend rum.
Begeisterung für Jesus und Dienstbereitschaft gehen einher. Wenn Menschen erkennen:
Dieser Jesus ist der Wendepunkt der Geschichte! Er ist der wahre Machthaber!
dann verändert das ein Leben. Dann geht man nicht zur Tagesordnung über.
Die jubelnde Menge singt die alten Lieder - Psalmen, von denen nur ein kurzes Zitat genannt wird: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn - und fügen ihr Bekenntnis frei hinzu: "Er ist der König von Israel!"
Das steht so nicht im Psalm! Hier zeigt sich noch etwas von Jesus-Begeisterung:
Sie erschöpft sich nicht im Nachsprechen noch so biblischer Richtigkeiten.
Wer begeistert und angesteckt ist, der denkt sehr frei und eigenständig weiter. Der findet Worte und Formen, das zu zeigen, was sein Herz erfüllt, auch wenn die Frommen darüber die Köpfe schütteln. So war es damals, so ist es bis heute!
Die Frommen, das sind beide anderen Gruppen in dieser Szene:
2. Die Jünger Jesu
Wer ist ein Jünger von Jesus? Das Wort ist ja ein biblisches Spezialwort, dass man erklären muss: wörtlich übersetzt heißt es: Schüler! Die Jünger Jesu sind solche, die von Jesus etwas lernen wollen. Nur ging das damals ganz anders als wir heute Schule kennen.
Wahrscheinlich deshalb hat Luther hier beim Übersetzen gedeutet und das neue Wort Jünger eingesetzt.
Jünger, das waren und sind solche Menschen, die in ihrem Leben einmal eine grundsätzliche Entscheidung gefällt haben: Die gesagt haben: Diesem Jesus will ich mehr vertrauen als mir selbst! Dem vertraue ich mich an! Das bedeutet Jünger-Sein.
Alles weitere ergibt sich daraus später.
Durch eine Bemerkung in dieser Geschichte wird deutlich
Jünger Jesu sind nicht etwa schlauer oder glaubensstärker als Andere.
"Das verstanden seine Jünger zuerst nicht.."
Aber Jünger sind Leute der Bibel! Sie lesen darin, auch die Abschnitte, die sie erst später begreifen.
Tröstlich, dass Jesus seinen Jüngern - und den Anderen, die es miterlebten, auch, eine Hilfestellung gibt: Durch ein Zeichen macht er deutlich, wer Er ist:
Er wählt sich als Reittier einen Esel - nicht etwa ein Pferd.
Pferde waren damals vor allem eine mächtige Kriegswaffe. Vielleicht vergleichbar heute mit einem Panzer. Pferde wurden in Israel nicht in der Landwirtschaft oder für Transporte eingesetzt, sondern eben nur als Verstärkung des Kriegers.
Wer einmal als erwachsener Mensch auf einem Esel gesessen hat, wird sofort verstehen, dass man so nicht gerade die Massen beeindruckt - jedenfalls nicht Macht zeigt.
Durch den Propheten Sacharja hatte Gott es angekündigt:
der endgültige Herrscher ist anders als alle weltlichen Machthaber! Er kommt auf einem Esel!
Es ist nicht menschliche Stärke, durch die er beeindruckt, sondern gerade sein Verzicht auf Gewalt und Stärke.
Jesus ließ sich von der Menge als König der Endzeit feiern. Seine Jünger hatten dabei die allergrößten Bedenken. Sie ahnten die Konfrontation und wären am liebsten gar nicht in die Stadt gegangen. Und wenn schon, dann nicht so auffällig.
Die Jünger werden in den Evangelien immer auch als etwas ängstlich beschrieben.
Hat sich daran viel verändert? Nachfolge macht nicht unbedingt mutig! Wie gut, dass der Prophetenspruch beginnt mit:
Fürchte Dich nicht! Mach Dir nicht zu viel Sorgen! Gott hat die Zukunft in der Hand und er ist auch Herr deiner Gegenwart. Ihm kannst Du vertrauen!
Und schließlich findet sich in dieser Szene noch die dritte Gruppe:
3. die Skeptiker
Auch die Pharisäer waren fromme Leute. Auch die kannten sich gut in der Bibel aus.
Solange Jesus frei reiste und lehrte, waren sie am Häufigsten in seiner Nähe.
Mit Ihnen hat Er gerungen und gestritten - wohl, weil sie ihm sehr nahe standen.
Die Pharisäer waren nicht die Feinde von Jesus! In den Berichten von seiner Gefangennahme und Kreuzigung werden sie kaum noch erwähnt. Aber das eine fehlte ihnen:
Sie hatten keine klare Entscheidung für Jesus! Heute würde man sagen:
Das waren Leute mit Glauben an Gott. Sie haben religiöses Interesse. Sie sagen unbedingt Ja zu den christlichen Werten; Sie unterstützen auch die Kirche durch Spenden, Steuern und sogar Mitarbeit. All das ja, aber bei all dem eine rätselhafte innere Distanz zu Jesus.
Skeptiker sehen, was vor sich geht, sind auch beeindruckt, aber sie stehen am Rand.
Was sagt Jesus denen heute morgen:
Kommt wieder! Kommt nächste Woche, wenn wir das Wunder der Totenauferstehung feiern!
Das Wunder an Lazarus war in aller Munde - das Wunder des Ostermorgens stand noch bevor.
Leben im Kirchenjahr heißt: jedes Jahr neu den Weg mit Jesus mitgehen.
Wir sind heute neu eingeladen -einzustimmen in den Jubel der begeisterten Menge.
Jesus ist der König aller Könige und Herr aller Herren!
Und wem das noch fremd ist, der forsche weiter in der Schrift, wie es eben Jünger tun.
Bis sich aus ihr die Erkenntnis ergibt, die einen dann in die Osterfreude einstimmen lässt.
Und wem das alles eher unverständlich bleibt? Der möge einfach wieder kommen und sich anstecken lassen - was nach Ostern auch viele der Pharisäer erlebt haben.

Amen!

Björn Heymer