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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zur Lukas 13, 10 - 13, Septuagesimae 2003-- Drucken

Ihr Lieben,
wenn heute morgen Jesus hier in den Gottesdienst käme - sichtbar als Mensch, was glauben Sie, was er tun würde? Wahrscheinlich erst mal das Übliche - er würde uns vom Reich Gottes erzählen. Aber dann - wenn er uns so anschauen würde. Auf wen würde er zugehen?
Wir haben gerade eine Heilungsgeschichte gehört. Jesus war am Sabbat in einer Synagoge und lehrte - alles war normal. So hat Jesus über Jahre den Menschen gedient:
Er hat die Heilige Schrift ausgelegt, er hat den Leuten geholfen, die alten Schriften für ihre Gegenwart zu verstehen. Ganz normal - übrigens bis heute ganz normal!
So ist es doch:
Die Gemeinde versammelt sich in der Kirche und denkt über die Bibel nach.
Nur, an diesem Sabbat war etwas anders:
Und er lehrte in einer Synagoge am Sabbat. Und siehe, eine Frau war da, die hatte seit achtzehn Jahren einen Geist, der sie krank machte; und sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten. Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu sich
Achtzehn Jahre! Diese Frau war seit 18 Jahren besessen von einem Geist, der sie krank machte. Näheres wird nicht gesagt, nur, dass sie nicht aufrecht gehen konnte. Sie wurde niedergedrückt von diesem Geist. Was mag das gewesen sein?
Nun bitte ich Sie einmal, mutig den breiten Graben der Geschichte zu überspringen, der uns normalerweise von Jesus trennt. Denken Sie mal achtzehn Jahre zurück! Das war 1985. Unendlich weit weg, oder? Wie alt waren Sie damals, wie alt waren Ihre Kinder?
1985 wurde Michael Gorbatschow Präsident der Sowjetunion -
Boris Becker gewann als erster Deutscher das Finale in Wimbledon -
im Ruhrgebiet gibt´s den ersten Smog-Alarm -
Tschernobyl arbeitete noch bis zum April des nächsten Jahres.
Ich studierte im ersten Semester Theologie in Tübingen.
Und Sie? Ich will jetzt keinen Wehmut wecken - mir geht es um etwas Anderes.
Denken Sie bitte zurück, wo Sie waren und was damals ihren Alltag bestimmte.
Und nun fragen Sie sich bitte einmal folgendes:
Gibt es Dinge in Ihrem Leben, die sie vor so langer Zeit eingeübt haben. Einstellungen, für die sie sich entschieden haben? Was aus jener Zeit prägt seither ihr Handeln? Welche Gewohnheiten haben sie? Ansichten?
Es könnte sein, dass da Dinge dabei sind, die heute ihr Leben verkrümmen! Die sie nicht so leben lassen, wie Gott Sie gedacht hatte.
Wo bleiben wir hinter unseren Möglichkeiten zurück? Wo haben wir Begabungen vernachlässigt oder eine Begeisterung verloren, die uns damals bewegt hat?
Haben wir eine Liebe verloren? Oder eine Hoffnung - und leben nun, gebeugt oder verkrümmt von Misstrauen, von innerer Kälte oder von Vorurteilen?
Vielen Menschen sind ihre Enttäuschungen geradezu ins Gesicht geschrieben.
Es hat mal jemand gesagt: ab fünfzig sind wir selber verantwortlich für unser Gesicht!
Für die Ausstrahlung, die von uns ausgeht.
Und jetzt stellen Sie sich vor - Jesus würde kommen und Sie ansehen.
So wie er damals in den Gottesdienst kam und er sah die eine Frau. Und er würde Sie herausrufen und sagen:
"Du, ich kenne Dich mit deiner Geschichte. Du tust mir leid. Ich will Dich heil machen."
Weil Jesus sieht, was krumm ist in deinem Leben. Weil er die Resignation spürt, die sich in deinem Leben wie Mehltau auf alles gelegt hat. Jesus würde das alles sehen und sagen:
"Du, Du brauchst nicht so zu bleiben. Gott hat dein Leben anders gewollt. Reicher, voller Hoffnung und Lebensfreude."
Die Frau damals hatte sich immer gut verborgen gehalten - auf der Empore oder in den hinteren Reihen. Aber nun steht sie plötzlich im Mittelpunkt.
Und das ist ihr auf einmal egal - Jesus sieht sie an und ruft sie zu sich.
Ich finde diese Frau mutig. Sie wagt es, den Schritt hin auf Jesus zu tun. Sie zeigt sich in ihrer Schwachheit und Hilfsbedürftigkeit. Das ist selten. Wir neigen doch viel eher dazu, nach außen stark und unerschütterlich zu erscheinen.
Diese Frau, von der wir nicht einmal den Namen kennen, war getragen von der Gewissheit:
Wenn Jesus mich ruft, dann kann ich es riskieren, meinen Ruf zu verlieren!
Und sie steht auf, durchbrach damit alle Regeln, die im Gottesdienst gelten und geht hin zu Jesus.
und Jesus sprach zu ihr: "Frau, sei frei von deiner Krankheit!"
Und er legte die Hände auf sie; und sogleich richtete sie sich auf und pries Gott.
Jesus heilt diese Frau, indem er zwei Dinge tut:
Er spricht ein Machtwort und er segnet die Frau!
Beides gehört zusammen: das vollmächtige Wort und der Segen.
Mit dem Wort kennen wir uns aus im Gottesdienst - mit den Berührungen tun wir uns schwer. Bei Jesus gehört beides zusammen.
Er legt ihr die Hände auf, berührt sie und dann richtet sich ihr gebeugter Rücken auf.
Aus einer vom Leben gezeichneten Frau wird ein Ebenbild Gottes.
Jesus stellt das wieder her, was lange vorher zerbrochen war.
Das ist das Besondere an dieser Heilungsgeschichte:
selbst Dinge, die vor langer Zeit zerbrochen sind, können bei Jesus wieder heil werden!
Wenn wir Jesus bitten, mit uns in unsere Vergangenheit zu gehen und dort seine segnende Hand auf uns zu legen, wo bei uns etwas krank ist, dann können auch wir heil werden.
Die Frau damals war ein Beispiel dafür, dass Gott ein verkrümmtes Leben nicht will.
Jetzt bräuchte es vielleicht ein Beispiel aus unseren Tagen. Gibt es so was heute auch?
Ja! Ich denke an eine Frau, die mich um ein Gespräch bat. Seit Jahren plagen sie Schuldgefühle und alles Reden vom lieben Gott hatten ihr nicht geholfen.
Nun bin ich nicht Jesus. Ich spreche selten ein Machtwort. Aber in unserem Gespräch passierte es auf einmal, dass ihr etwas in der eigenen Geschichte klar wurde, was sie so noch nie gesehen hatte. Trotz jahrelanger Therapieerfahrungen. Und diese spontane Erkenntnis bewirkte bei ihr so etwas, als wenn ein Knoten sich plötzlich auflöste. Sie konnte durchatmen und fasste neue Hoffnung. Am Ende dieses Gespräches haben wir miteinander gebetet und ich habe sie gesegnet.
Was durch Jesus damals in der Synagoge geschah, das geschieht in seinem Namen bis heute!
Kranke werden gesund; Traurige und Schwermütige finden wieder neuen Lebensmut!
Weil es Gemeinde gibt! Menschen, die wie Jesus heilsam mit anderen umgehen.
Diese Heilungsgeschichte fordert uns als Gemeinde heraus:
Sind wir eine Gemeinschaft, in der so etwas geschieht?
Wer immer den Ruf in die Nachfolge Jesu gehört hat, der ist auch berufen, das zu tun, was Jesus getan hat.
Wer gerade also nicht gedacht hat: "Ja, ich brauch es auch, dass Jesus mich so anrührt und heilmacht!" der ist gefragt, wie er dafür aufmerksam wird, dass Menschen verkrümmt leben - nicht so, wie Gott sie gedacht hatte und wie er heilsam mit solchen Menschen umgeht.
Der Satz: "Frau, sei frei von deiner Krankheit!" - das ist auch eine Beschreibung unseres Dienstauftrags als Gemeinde Jesu in der Welt.
Bitten wir doch Gott darum, dass er uns empfindlich dafür macht, wo Menschen falsch leben. Und dann bitten wir um den Mut, den Jesus hatte, als er die Frau ansprach.
Wo nehmen wir Kontakt auf zu Menschen, die mühselig und beladen sind?
Wo lassen wir uns ein auf Menschen, die gescheitert sind und Hilfe brauchen - auch wenn sie das selber noch gar nicht erbitten?
"Sei frei von deiner Krankheit!" Das kann auch ein sehr kritischer Satz sein.
Es könnte auch heißen:
"Hör endlich auf mit deiner kranken Selbstverliebtheit! Achte darauf, dass Du nicht weiterhin ständig andere verletzt!"
Um so was sagen zu können braucht es Vertrauensbeziehungen. So was sagt man ja nicht einem Fremden. Und es braucht die Leitung durch den Geist Gottes.
Wenn wir dafür offen sind, dann zeigt er uns, wann wir etwas sagen können und was.
Und auch das Andere, was Jesus getan hat, gehört dazu. Wie Er sollen wir Menschen segnen! Ganz praktisch anderen die Hand auflegen und Gutes von Gott über sie sagen.
Warum haben wir eine solche Scheu davor, das zu tun? Petrus schreibt einmal: Segnet, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen erbt. (1. Petrus 3,9)
Wer an einem Krankenbett steht, warum fragt er nicht, ob er den Kranken segnen darf.
Es ist unser aller Auftrag. Und es gehört einfach zu einer heilsamen Gemeinschaft.
Ich wünsche uns, dass wir als Gemeinde dorthin kommen.
Zum Beispiel, wenn wir hier im Gottesdienst das Abendmahl feiern.
Dass wir einander die Hände reichen und uns segnend den Frieden Christi zusagen.
So geht Jesus bis heute mit uns um: er sieht uns an - und legt dort seine segnenden Hände auf uns, wo wir darum bitten. Er will, dass wir heil werden damit von uns Heil ausgeht für die Welt um uns herum.
Denn als Gemeinde Jesu sind wir gerufen, so zu leben und so zu handeln wie Er.
Lasst uns eine Gemeinschaft werden, in der heilsam miteinander umgegangen wird - weil wir selber Heilung erfahren haben und immer neu erfahren können. Eine Gemeinschaft, in der die Freude über Gott den Grundton bildet.

Amen!

Björn Heymer