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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zur Matthäus 7, 7 - 11, 3. Sonntag nach Epiphanias 2003-- Drucken

Liebe Gemeinde,

Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
Wo steht das wohl?
In einem Reiseführer über die griechischen Inseln, die berühmt sind für ihre Gastfreundschaft?
In einem Lehrbuch für Survival Urlaub in der Großstadt?
Oder in der Bibel, genauer: in der Bergpredigt von Jesus?
Klar, wenn ich diese Frage hier stelle, ist die Antwort leicht. Natürlich in der Bibel!
Und doch: auch der Reiseführer zur Gastfreundschaft oder der Survival-Trainer hätten keine so schlechte Chance.
Mit ein bisschen Optimismus kommt man schon durch - lässt sich diese Anweisung von Jesus nicht so zusammenfassen?
Und wenn wir sie so hören - als eine Ermutigung, um Hilfe zu bitten, wenn man sie braucht, dann hat dieses Versprechen so etwas Leichtes: das können wir gut hören.
Wenn z. B. jemand erzählt, wie gastfreundlich und einladend er die Leute auf einer griechischen Insel erlebt hat - dann weckt das geradezu eine Sehnsucht, selber auch mal da zu sein und so was zu erleben.
So gehören diese Sätze von Jesus zur weithin bekannten Spruchweisheit - suchet, so werdet ihr finden! Das hat jeder schon mal gehört.
Nur: das mit Jesus zusammenzubringen, das ist was Anderes. Wenn sie so gemeint sind, dass sie eine Erfahrung mit dem Gebet beschreiben, da ertappe ich mich, das ich gleich denke: Nimm das nur nicht zu wörtlich! Erwarte mal nur nicht zu viel, wenn Du betest. So einfach ist es nicht!
Tausend innere Einsprüche kommen mir da hoch. Sollten wir beim Beten nicht bescheidener sein? Schon, um uns vor Enttäuschungen zu schützen?
Jesus redet sehr unbefangen und voll Vertrauen von der Wirksamkeit des Gebets. So gehört überraschen mich diese Sätze und machen mich neugierig:
Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. Wer ist unter euch Menschen, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete? oder, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange biete? Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!
Ein schlagendes Argument nennt Jesus, weshalb es geradezu unlogisch wäre, Gott nichts zuzutrauen. Er sagt einfach: Schaut Euch doch selber an! Mit all eurem Egoismus, mit aller Selbstverliebtheit und aller Angst, zu kurz zu kommen tut ihr doch auch Gutes, wenn ihr gebeten werdet. Oder kommt einer von Euch ehrlich auf die Idee, seinem eigenen Kind einen Stein zu beißen zu geben, wenn es Hunger hat?
Warum trauen wir Gott nichts zu? Das ist die Frage heute. Denn wer Gott nichts zutraut, der sucht ihn nicht und der findet ihn dann auch nicht. Der schlägt wahrscheinlich auch die Bibel gar nicht auf - oder, wenn doch, schnell wieder zu. Übrigens bin ich sicher, dass dies gar nicht nur ein Thema für Leute ist, die mit Glauben und Gott nichts am Hut haben. Gerade wir, die wir eine vielleicht schon lange Geschichte mit Gott haben, sollten uns heute fragen, was wir von Gott wirklich erwarten, wenn wir beten.
Jesus jedenfalls ist sehr zuversichtlich, was das Beten angeht.
Und zwar aus zwei Gründen:
1. Jesus spricht hier von Gott als unserem liebenden Vater.
Und ein liebender Vater hört aufmerksam auf das, was seine Kinder bewegt. Er kennt ihre Wünsche und kann einschätzen, welche davon gut tun und er erfüllt.
Nun haben wir alle ja ganz unterschiedliche Erfahrungen mit unseren Vätern gemacht.
Wer einen Vater hatte, der da war, der aufmerksam und verständnisvoll war und der sich auf seine Kinder eingelassen hat, der schätzt sich glücklich und der sieht schnell ein, was Jesus meint, wenn er von Gott so redet.
Andere - wie wohl auch Jesus selbst übrigens - haben mit ihren Vätern eher zu wenig oder sogar kaum Erfahrungen gemacht. Väter, die nie zu Hause waren, die vor lauter Arbeit nie Zeit hatten, mit einem zu spielen, sich Zeit für die Fragen zu nehmen, die man hatte.
Manche Väter sind früh gestorben und ließen Kinder nur bei der Mutter aufwachsen.
Solche Vatererfahrungen hinterlassen oft einen Hohlraum in der Seele eines Menschen.
Es gibt Menschen, die versuchen ihr ganzes Leben lang, diesen inneren Hohlraum auszufüllen. Das sind oft ehrgeizige Menschen, solche, die sich auf den Kopf stellen, nur um die Anerkennung von möglichst vielen zu erhaschen - weil sie tief innen sich das Wort der Anerkennung vom Vater wünschen, das der nicht sagen will oder gar nicht mehr kann.
Andere tragen vielleicht eine Verletzung mit sich rum, weil der Vater etwas getan hat, was er nicht sollte oder durfte: die Familie verlassen, Grenzen nicht respektiert oder Gewalt angewendet hat. Wer solche Narben an seiner Seele trägt, dem fällt es schwer, nun Gott den Vater zu nennen. Der erwartet vielleicht gar nichts mehr von anderen und lebt verschlossen und ohne Hoffnung.
Jesus weiß, dass es so was gibt. Und trotzdem redet er von Gott als Vater.
Wir können in geistlichen Dingen nur in Bildern reden. Es gibt keine Sondersprache für die Welt Gottes, sondern nur Vergleiche aus unserer Welt.
Und Gott, so sagt Jesus, der ist eben so, wie ein Vater sein sollte. Das ist viel mehr als alle Erfahrungen, die wir Kinder je gemacht haben.
Die Menschen der Bibel dachten nicht in so kurzen Fristen wie wir. Wir fragen uns vielleicht allenfalls, was wir von den Eltern geerbt oder gelernt haben.
Dabei hat die Prägung eines Menschen, das, was in ihm steckt, seine Gründe oft schon viel weiter zurück in der Vergangenheit. Menschen geben von Generation zu Generation Dinge weiter. Wie meine Eltern sind, das wurde geprägt von ihren Eltern. Und so weiter. Und am Anfang dieser langen Kette stand Gott, sagt die Bibel!
Und da, am Anfang der Geschichte war alles gut, sehr gut sogar.
Erst nach und nach hat sich das Miteinander der Menschen erschwert.
In der Bibel wird auch berichtet, wie die Menschen sich immer weiter entfernt haben davon, wie Gott sie einst gedacht hatte.
Und doch, sagt Jesus, Spuren vom Anfang, Spuren von Gottes Vorbild finden sich bis heute im Verhalten der Menschen - ganz egal, ob sie glauben oder nicht.
Wo ein Vater heute selbstlos für seine Kinder da ist, eigene Freiheiten aufgibt und für die Kinder sorgt, da findet sich solch eine Spur. Alles Gute, was auf Erden geschieht, ist Grund zur Hoffnung, weil es eine Spur ist der Güte Gottes.
2. Und das Andere: Jesus setzt voraus, dass wir wissen: wir sind von Gott geliebte Kinder.
Nicht irgendwelche Andere, sondern Du ganz persönlich. Wer das nicht weiß, nicht glauben kann, der wird keine Erfahrungen mit dem Beten machen.
Nur wer zu Gott kommt wie ein vier- fünfjähriges Kind und sagen kann: Papa, ich hab Hunger. der kann damit rechnen, dass Gott sein Gebet hört und beantwortet.
"Ihr bekommt von Gott nichts, weil ihr nicht wirklich etwas erwartet." sagt Jesus seinen Leuten einmal an anderer Stelle. Wer nicht mit kindlichem Vertrauen zu Gott kommt, der wird leer ausgehen. Das Motto zum Jahr der Bibel: Suchen und Finden ist eine der Stellen, an denen Jesus uns die Kinder zum Vorbild hinstellt für den Glauben.
Glauben ist kinderleicht und damit so schwer für uns Erwachsene.
Wir beginnen heute das Jahr der Bibel.
Was können wir von Kindern lernen, wenn wir neue Erfahrungen mit der Bibel suchen?
- Kinder können sich versenken in eine Sache.
Wenn sie einmal von etwas erfasst sind, dann vergessen sie alles, was um sie herum ist und bleiben dran. Da zählt keine Uhrzeit, kein Hungergefühl oder auch sonst nichts. Ich wünsch mir mehr von dieser Gelassenheit, sich unbeirrt auf Gott und sein Wort einzulassen.
- Kinder sind neugierig. Sie brennen geradezu darauf, Neues zu entdecken. Ich wünsch mir etwas von diesem Entdeckergeist, wenn ich die Bibel zur Hand nehme. Gerade wenn ich Bücher lese, die ich früher schon gelesen hab, steh ich oft in der Gefahr, nicht mehr mit was zu rechnen. Das hängt mit dem Dritten zusammen:
- Kinder lieben Wiederholungen. Eine gute Geschichte können sie nicht oft genug immer wieder vorgelesen bekommen, Lieder werden wieder und wieder gesungen oder gehört.
Die Bibel ist ein Buch, das man wieder und wieder lesen kann. Luther soll am Ende seines Lebens gesagt haben, er habe die Bibel fünfzig mal gelesen und habe das Gefühl, gerade einmal den Saum des Gewandes Gottes berührt zu haben.
Ich wünsche mir für das Jahr der Bibel die Gabe der Konzentration, die Neugier und die Ausdauer, die Kinder entwickeln können.
Und ich bin gespannt, was wir erleben werden in diesem Jahr der Bibel.
Beim Suchen und Finden!

Amen!

Björn Heymer