![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Liebe Gemeinde,
haben Sie Weihnachten gut überstanden? - Nun ist wohl auch der Letzte
von Urlaub oder Familientournee zurück und der Alltag kehrt wieder ein.
War´s das?
War dieses Jahr Weihnachten wie immer?
Für mich nicht! Deutlicher als früher sind mir zwei Themen aufgefallen,
die für mein Empfinden darauf warten, von uns entdeckt zu werden - nicht
nur zur Weihnachtszeit!
Beide wurden in der Geschichte von den Weisen erwähnt, die wir gerade gehört
haben.
Hier noch einmal nur ein kurzer Ausschnitt: (Matthäus 2, 10-11)
Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und
fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten
es an (...)
Freude und Anbetung - das sind die weihnachtlichen Themen, die wir vergessen
haben.
Die Weisen sahen, wonach sie gesucht hatten - und wurden hoch erfreut.
Haben Sie sich gefreut in diesen Tagen? Von Herzen gefreut über die Geburt
von Jesus?
Eben haben wir gesungen: "Nun jauchzt dem Herren, alle Welt..."
In fast allen Weihnachtsliedern kommt das Jauchzen vor - nur:
Ich hab in den letzten drei Wochen keinen einzigen Menschen erlebt, der gejauchzt
hat!
Wir haben ständig gesungen vom Jauchzen, aber gejauchzt haben wir nicht.
Wissen Sie, was jauchzen ist? Das völlig ausgelassene und begeisterte Losbrüllen,
klatschen, rufen, singen und was sonst noch.
Im Fußballstadion wird gejubelt, wenn ein Tor fällt - mit La-Ola
Welle und Sirenen.
Wenn ein Pop-Star die Bühne betritt, dann schallt ihm der Jubel der Masse
entgegen.
Jauchzen hat was mit Ausgelassenheit zu tun, mit Begeisterung, Jubel und Freude.
Zu Weihnachten? Über Jesus?
Die Sparkasse wirbt im Moment mit einem Plakat, auf dem ein Senior einen Luftsprung
macht: Man sieht ihn nur von hinten, wie er, nur noch auf seinen Stock gestützt,
beide Beine zur Seite schwingt. Ein Bild überschäumender Lebensfreude.
Das wär was, oder? Warum nur tun wir uns mit der Freude so schwer?
Mit ernsten Minen, wie festgeklebt auf unseren Stühlen singen wir: "derhalben
jauchzt, mit Freuden singt" oder "Nun singet und seid froh, jauchzt
alle und sagt so:"
Was bremst unsere Freude über Weihnachten?
Drei Einwände und Wege zu ihrer Überwindung:
Der erste Einwand klingt etwa so: Freude ja, aber bitte dezent!
"Ich freu mich lieber still. Muss ja nicht gleich jeder merken" Warum
sind wir so reserviert?
Wir haben doch verstanden, dass die Geburt Jesu das zentrale Datum der Geburt
unserer Lebenshoffnung ist - verstanden, aber ist das auch im Herzen angekommen?
Vielleicht denken wir: Wer Gefühle zu deutlich zeigt, der macht sich angreifbar.
Und das riskieren wir nicht.
Was sollen die Anderen denn denken, wenn ich mich so gehen lasse?
Es gibt eine Geschichte in der Bibel, wo einer sich vor Freude gehen lässt:
Als der König David die Bundeslade aus Silo nach Jerusalem holt, da tanzte
er völlig ausgelassen im Zug - wie beim Karneval, nur zu allem Überfluss
auch fast völlig nackt!
Michal, seine Frau, so wird in 2. Samuel 6 berichtet, sah aus dem Fenster -
und sie verachtete ihn dafür. "Du bist mir peinlich! Sich so gehen
zu lassen!" so wird sie ihn nachher empfangen haben. Mit dem Ergebnis,
dass Michal kinderlos blieb - eine blumige Umschreibung für die Beziehungstragödie,
die hier begann. David, der seine Freude über Gott hemmungslos zeigte -
und Michal, die das nur peinlich findet.
Wir haben Angst vor der Verachtung der scheinbar Vernünftigen. Wir scheuen
diese Zurückweisung und zeigen deshalb unsere Gefühle nicht.
Hier offenbart sich, wie wenig wir die Erlösung eigentlich wirklich verstanden
haben.
Uns ist die Anerkennung der Menschen, ihre gute Meinung über uns noch so
viel wert, dass wir unser Herz verschließen vor der Freude im Heiligen
Geist.
Michal blieb kinderlos - ist das nicht ein sehr sprechendes Bild für ein
freudloses Leben?
Ein freudloses Leben ist schnell auch ein fruchtloses Leben, ein Leben, das
keine Spuren hinterlässt.
Was David tat, das hat Spuren hinterlassen. Denn wo einer sich spürbar
freut, da steckt das Andere an. Vielleicht waren die Weihnachtsfeiern so wenig
von Jubel und Begeisterung erfüllt, weil niemand angefangen hat damit.
Der zweite Einwand dagegen, sich zu Weihnachten über Gott zu freuen,
lautet so:
"Mir ist gar nicht nach Freude zumute. Ich hab´s eher schwer."
Vielleicht sogar: "Mir ist Schlimmes widerfahren; Freude? Nein!"
Manche unter uns durchleben gerade eine Zeit der Trauer oder einer Krise.
Ein Verlust, ein körperlicher Schmerz, der unser Denken und Fühlen
fest in seinen Klauen hält. Oder eine Angst vor den nächsten Schritten,
weil einer nicht weiter weiß.
Jubel kann man nicht verordnen. Hier braucht es Zuwendung und Geduld.
Die schweren Zeiten gehören zum Leben dazu.
Nun ist es aber doch so: gerade für die Traurigen ist Jesus in die Welt
gekommen
Wenn nicht Er, wer sonst könnte Hoffnung bringen?
"Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will Euch
erquicken."
- das ist die Einladung des Geburtstagskindes von Weihnachten.
Weihnachten ist das Fest der Hoffnung für die, die nichts zu lachen haben.
Schließlich der dritte Einwand: die innere Distanz der Abgeklärten
unter uns.
"Freude über die Geburt von Jesus? Eine Geburtstagsparty für
den Sohn Gottes?
Das ist doch kindisch! Und überhaupt: schon hundertmal gehört, was
soll´s?"
Da verkommt Weihnachten zu einem mehr oder weniger begrüßten Anlass
zu Familienbesuchen oder zu einem weiteren Kurzurlaub im Jahreslauf. Eigentlich
ist es egal, was da den Anlass für die freien Tage bietet - Hauptsache,
sie sind frei!
Das ist auch eine Form der Verachtung. Wer so denkt, der verachtet Gott.
Denn Gott hat sich ja so kindisch gemacht, dass er selber ein Kind geworden
ist.
Die Weisen hatten eine lange Reise auf sich genommen, um dem Geheimnis des Sterns
nachzugehen. Als sie entdecken, dass sie endlich am Ziel sind, da freuen sie
sich unbändig.
Dazu mussten sie auch noch den letzten Teil des Weges gehen: vom Palast in Jerusalem
hin zum Stall in Bethlehem.
In Jerusalem, diesem Ort des abgeklärten Wissens und kritischen Beobachtens
bricht nicht der Jubel aus. Diese letzte Etappe der Weisen ist ein Bild für
einen inneren Weg:
Es gibt auch geistig ein Verharren in Jerusalem. Wer Gott nie so nah an sich
heranlässt, dass er berührt wird vom Wunder, der bleibt in der Runde
der Schriftgelehrten. Wo man wissend nickt, urteilt und abwägt, was angemessen
ist und was übertrieben wirkt.
In Jerusalem werden dann mörderische Gedanken gewälzt über den
neu geborenen Gottessohn. Wie man das bremsen könne, was sich da ausbreitet
an Freude, an Ausgelassenheit, an Begeisterung.
Komm doch lieber mit den Weisen nach Bethlehem!
Da, an der Krippe und nur da breitet sich Freude aus. Und die Weisen beten Jesus
an.
Anbetung, das ist das andere vergessene Thema von Weihnachten.
Wir sind am 4. Advent darauf gestoßen. Wir haben auf die Worte der Maria
gehört und erkannt, was Anbetung ist: das Ausharren in der Gegenwart Gottes
- ohne für sich selbst dabei etwas zu wollen.
Die Weisen beten nicht das Kind an, sondern sie beteten Gott an, der Wunder
tut.
Anbetung ist eine besondere, die höchste Form des Betens.
Anbetung kann schweigend geschehen - indem wir dahin kommen, mit Gerhard Tersteegen
zu sagen: "Alles in uns schweige und sich innigst vor Ihm beuge"
Das bedeutet praktisch: in der Stille auch dann noch zu bleiben, ja auszuharren,
bis alle Einreden und inneren Proteste, was das denn soll, verstummt sind.
Eigentlich sind die kurzen Zeiten der Stille in unseren Gottesdiensten viel
zu wenig, um dorthin zu kommen. Erschreckend: unsere Gottesdienste lassen keinen
Raum zur Anbetung!
Oder erleben Sie das anders?
Vielleicht können wir nachher in der Gemeindeversammlung auch darüber
noch sprechen.
Von Maria haben wir gelernt: Anbetung ist, die Wahrheit über Gott sagen.
Ihm sagen, wer er ist und was Er getan hat. Nicht einmal, sondern wieder und
wieder.
Maria sagte, was sie von Gottes Taten verstanden hat:
"Du hast die Niedrigkeit deiner Magd angesehen! Du stürzt die Hochmütigen
von ihren Thronen - die Hungrigen speist Du mit Gütern und lässt die
Reichen leer ausgehen."
Ich denke seit dem 4. Advent darüber nach, wo in unseren Gottesdiensten
Raum zur Anbetung sein kann. Eine leise Veränderung soll der erste Schritt
in die Richtung sein:
Wir singen das Lied nach der Predigt erst dann, wenn die Kollekte eingesammelt
ist.
Singend beten und gleichzeitig die Geldtasche zücken, das passt nicht gut
zusammen.
Eigentlich, wenn wir von den Weisen lernen wollten, müssten wir es sogar
umgekehrt machen: sie beteten erst an, dann taten sie ihre Schätze auf
und verschenkten sie.
Zwei Themen waren es, die mich seit diesem Weihnachtsfest begleiten:
Wie finden wir zur Freude über Jesus?
Und Wie kann es gelingen, dass unsere Gottesdienste auch Zeiten der Anbetung
enthalten?
Lassen Sie uns gemeinsam Antworten suchen!
Amen!