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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zur Matthäus 2, 10 + 11, 1. Sonntag nach Epiphanias 2003-- Drucken

Liebe Gemeinde,

haben Sie Weihnachten gut überstanden? - Nun ist wohl auch der Letzte von Urlaub oder Familientournee zurück und der Alltag kehrt wieder ein. War´s das?
War dieses Jahr Weihnachten wie immer?
Für mich nicht! Deutlicher als früher sind mir zwei Themen aufgefallen, die für mein Empfinden darauf warten, von uns entdeckt zu werden - nicht nur zur Weihnachtszeit!
Beide wurden in der Geschichte von den Weisen erwähnt, die wir gerade gehört haben.
Hier noch einmal nur ein kurzer Ausschnitt: (Matthäus 2, 10-11)
Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an (...)

Freude und Anbetung - das sind die weihnachtlichen Themen, die wir vergessen haben.
Die Weisen sahen, wonach sie gesucht hatten - und wurden hoch erfreut.
Haben Sie sich gefreut in diesen Tagen? Von Herzen gefreut über die Geburt von Jesus?
Eben haben wir gesungen: "Nun jauchzt dem Herren, alle Welt..."
In fast allen Weihnachtsliedern kommt das Jauchzen vor - nur:
Ich hab in den letzten drei Wochen keinen einzigen Menschen erlebt, der gejauchzt hat!
Wir haben ständig gesungen vom Jauchzen, aber gejauchzt haben wir nicht.
Wissen Sie, was jauchzen ist? Das völlig ausgelassene und begeisterte Losbrüllen, klatschen, rufen, singen und was sonst noch.
Im Fußballstadion wird gejubelt, wenn ein Tor fällt - mit La-Ola Welle und Sirenen.
Wenn ein Pop-Star die Bühne betritt, dann schallt ihm der Jubel der Masse entgegen.
Jauchzen hat was mit Ausgelassenheit zu tun, mit Begeisterung, Jubel und Freude.
Zu Weihnachten? Über Jesus?
Die Sparkasse wirbt im Moment mit einem Plakat, auf dem ein Senior einen Luftsprung macht: Man sieht ihn nur von hinten, wie er, nur noch auf seinen Stock gestützt, beide Beine zur Seite schwingt. Ein Bild überschäumender Lebensfreude.
Das wär was, oder? Warum nur tun wir uns mit der Freude so schwer?
Mit ernsten Minen, wie festgeklebt auf unseren Stühlen singen wir: "derhalben jauchzt, mit Freuden singt" oder "Nun singet und seid froh, jauchzt alle und sagt so:"
Was bremst unsere Freude über Weihnachten?
Drei Einwände und Wege zu ihrer Überwindung:
Der erste Einwand klingt etwa so: Freude ja, aber bitte dezent!
"Ich freu mich lieber still. Muss ja nicht gleich jeder merken" Warum sind wir so reserviert?
Wir haben doch verstanden, dass die Geburt Jesu das zentrale Datum der Geburt unserer Lebenshoffnung ist - verstanden, aber ist das auch im Herzen angekommen?
Vielleicht denken wir: Wer Gefühle zu deutlich zeigt, der macht sich angreifbar.
Und das riskieren wir nicht.
Was sollen die Anderen denn denken, wenn ich mich so gehen lasse?
Es gibt eine Geschichte in der Bibel, wo einer sich vor Freude gehen lässt:
Als der König David die Bundeslade aus Silo nach Jerusalem holt, da tanzte er völlig ausgelassen im Zug - wie beim Karneval, nur zu allem Überfluss auch fast völlig nackt!
Michal, seine Frau, so wird in 2. Samuel 6 berichtet, sah aus dem Fenster - und sie verachtete ihn dafür. "Du bist mir peinlich! Sich so gehen zu lassen!" so wird sie ihn nachher empfangen haben. Mit dem Ergebnis, dass Michal kinderlos blieb - eine blumige Umschreibung für die Beziehungstragödie, die hier begann. David, der seine Freude über Gott hemmungslos zeigte - und Michal, die das nur peinlich findet.
Wir haben Angst vor der Verachtung der scheinbar Vernünftigen. Wir scheuen diese Zurückweisung und zeigen deshalb unsere Gefühle nicht.
Hier offenbart sich, wie wenig wir die Erlösung eigentlich wirklich verstanden haben.
Uns ist die Anerkennung der Menschen, ihre gute Meinung über uns noch so viel wert, dass wir unser Herz verschließen vor der Freude im Heiligen Geist.
Michal blieb kinderlos - ist das nicht ein sehr sprechendes Bild für ein freudloses Leben?
Ein freudloses Leben ist schnell auch ein fruchtloses Leben, ein Leben, das keine Spuren hinterlässt.
Was David tat, das hat Spuren hinterlassen. Denn wo einer sich spürbar freut, da steckt das Andere an. Vielleicht waren die Weihnachtsfeiern so wenig von Jubel und Begeisterung erfüllt, weil niemand angefangen hat damit.
Der zweite Einwand dagegen, sich zu Weihnachten über Gott zu freuen, lautet so:
"Mir ist gar nicht nach Freude zumute. Ich hab´s eher schwer."
Vielleicht sogar: "Mir ist Schlimmes widerfahren; Freude? Nein!"
Manche unter uns durchleben gerade eine Zeit der Trauer oder einer Krise.
Ein Verlust, ein körperlicher Schmerz, der unser Denken und Fühlen fest in seinen Klauen hält. Oder eine Angst vor den nächsten Schritten, weil einer nicht weiter weiß.
Jubel kann man nicht verordnen. Hier braucht es Zuwendung und Geduld.
Die schweren Zeiten gehören zum Leben dazu.
Nun ist es aber doch so: gerade für die Traurigen ist Jesus in die Welt gekommen
Wenn nicht Er, wer sonst könnte Hoffnung bringen?
"Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will Euch erquicken."
- das ist die Einladung des Geburtstagskindes von Weihnachten.
Weihnachten ist das Fest der Hoffnung für die, die nichts zu lachen haben.
Schließlich der dritte Einwand: die innere Distanz der Abgeklärten unter uns.
"Freude über die Geburt von Jesus? Eine Geburtstagsparty für den Sohn Gottes?
Das ist doch kindisch! Und überhaupt: schon hundertmal gehört, was soll´s?"
Da verkommt Weihnachten zu einem mehr oder weniger begrüßten Anlass zu Familienbesuchen oder zu einem weiteren Kurzurlaub im Jahreslauf. Eigentlich ist es egal, was da den Anlass für die freien Tage bietet - Hauptsache, sie sind frei!
Das ist auch eine Form der Verachtung. Wer so denkt, der verachtet Gott.
Denn Gott hat sich ja so kindisch gemacht, dass er selber ein Kind geworden ist.
Die Weisen hatten eine lange Reise auf sich genommen, um dem Geheimnis des Sterns nachzugehen. Als sie entdecken, dass sie endlich am Ziel sind, da freuen sie sich unbändig.
Dazu mussten sie auch noch den letzten Teil des Weges gehen: vom Palast in Jerusalem hin zum Stall in Bethlehem.
In Jerusalem, diesem Ort des abgeklärten Wissens und kritischen Beobachtens bricht nicht der Jubel aus. Diese letzte Etappe der Weisen ist ein Bild für einen inneren Weg:
Es gibt auch geistig ein Verharren in Jerusalem. Wer Gott nie so nah an sich heranlässt, dass er berührt wird vom Wunder, der bleibt in der Runde der Schriftgelehrten. Wo man wissend nickt, urteilt und abwägt, was angemessen ist und was übertrieben wirkt.
In Jerusalem werden dann mörderische Gedanken gewälzt über den neu geborenen Gottessohn. Wie man das bremsen könne, was sich da ausbreitet an Freude, an Ausgelassenheit, an Begeisterung.
Komm doch lieber mit den Weisen nach Bethlehem!
Da, an der Krippe und nur da breitet sich Freude aus. Und die Weisen beten Jesus an.
Anbetung, das ist das andere vergessene Thema von Weihnachten.
Wir sind am 4. Advent darauf gestoßen. Wir haben auf die Worte der Maria gehört und erkannt, was Anbetung ist: das Ausharren in der Gegenwart Gottes - ohne für sich selbst dabei etwas zu wollen.
Die Weisen beten nicht das Kind an, sondern sie beteten Gott an, der Wunder tut.
Anbetung ist eine besondere, die höchste Form des Betens.
Anbetung kann schweigend geschehen - indem wir dahin kommen, mit Gerhard Tersteegen zu sagen: "Alles in uns schweige und sich innigst vor Ihm beuge"
Das bedeutet praktisch: in der Stille auch dann noch zu bleiben, ja auszuharren, bis alle Einreden und inneren Proteste, was das denn soll, verstummt sind.
Eigentlich sind die kurzen Zeiten der Stille in unseren Gottesdiensten viel zu wenig, um dorthin zu kommen. Erschreckend: unsere Gottesdienste lassen keinen Raum zur Anbetung!
Oder erleben Sie das anders?
Vielleicht können wir nachher in der Gemeindeversammlung auch darüber noch sprechen.
Von Maria haben wir gelernt: Anbetung ist, die Wahrheit über Gott sagen.
Ihm sagen, wer er ist und was Er getan hat. Nicht einmal, sondern wieder und wieder.
Maria sagte, was sie von Gottes Taten verstanden hat:
"Du hast die Niedrigkeit deiner Magd angesehen! Du stürzt die Hochmütigen von ihren Thronen - die Hungrigen speist Du mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen."
Ich denke seit dem 4. Advent darüber nach, wo in unseren Gottesdiensten Raum zur Anbetung sein kann. Eine leise Veränderung soll der erste Schritt in die Richtung sein:
Wir singen das Lied nach der Predigt erst dann, wenn die Kollekte eingesammelt ist.
Singend beten und gleichzeitig die Geldtasche zücken, das passt nicht gut zusammen.
Eigentlich, wenn wir von den Weisen lernen wollten, müssten wir es sogar umgekehrt machen: sie beteten erst an, dann taten sie ihre Schätze auf und verschenkten sie.
Zwei Themen waren es, die mich seit diesem Weihnachtsfest begleiten:
Wie finden wir zur Freude über Jesus?
Und Wie kann es gelingen, dass unsere Gottesdienste auch Zeiten der Anbetung enthalten?
Lassen Sie uns gemeinsam Antworten suchen!

Amen!

Björn Heymer