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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Markus 2, 18-20, 2. Sonntag nach Weihnachten-- Drucken

Liebe Gemeinde!
Weihnachten ist vorbei,
Das Fest, das lange Zeit seine Schatten vorauswarf liegt nun fast zwei Wochen hinter uns und überall geht es jetzt ans Aufräumen, und die Spuren der Feierlichkeiten werden beseitigt.
Denn Weihnachten hat manigfaltige Spuren hinterlassen.

Bei mir u.a. an einer ganz bestimmten Stelle:
Nämlich am Bauch, der durch den Besuch bei den Schwiegereltern über die Feiertage, wieder an Gewicht zugelegt hat.
Doch nicht nur mir wird's so ergangen sein, so zumindest interpretiere ich die Unmengen an Diättips,
die in vielen Zeitschriften uns Lesern angepriesen werden.
28% meiner Mitbürger haben sich daher auch für das kommende Jahr fest vorgenommen, abzunehmen,
so konnte ich letztens in der Zeitung lesen.
Nach dem Feiern kommt unausweichlich das Fasten.
Feiern und Fasten - zwei Gegensätze, die sich gegenseitig ausschließen:
Wer feiert, fastet nicht, denn zum Feiern gehört Freude und Ausgelassenheit und natürlich ein reich gedeckter Tisch. und wer fastet, wird an so einer Feier nicht teilnehmen wollen.
Und doch scheint beides irgendwie zusammenzugehören.
Und das nicht nur aus ernährungstechnischer Sicht,
im Sinne von Essen und Abspecken.
Feiern und Fasten sind nämlich auch die zwei Pole zwischen denen sich unser Leben als Christen spannt.
"Feiern und Fasten" ist das Thema unseres heutigen Predigttextes: (Mk 2, 18-20)
An einem Tag, an dem die Jünger des Täufers Johannes und die Pharisäer fasteten, kamen Leute zu Jesus und fragten ihn: "Wie kommt es, daß die Jünger des Täufers und die Jünger der Pharisäer regelmäßig fasten, aber deine Jünger nicht?"
Jesus antwortete: "Können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam unter ihnen ist?
Unmöglich können sie das, solange er bei ihnen ist!
Die Zeit kommt früh genug, daß der Bräutigam ihnen entrissen wird; dann werden auch sie fasten.

Tja, ganz schön peinlich, oder?
An einem Fastentag, waren Jesu Jünger wohl dabei ertappt worden,
wie sie öffentlich essensmäßig kräftig zulangten.
"Wie kommt es, daß die Jünger des Täufers und die Jünger der Pharisäer regelmäßig fasten, aber deine Jünger nicht?" wurde Jesus auch gleich zur Rede gestellt.
Die Frage ist dabei ja durchaus verständlich. Denn alle frommen Juden haben zur Zeit Jesu regelmäßig gefastet.
Nicht wie viele unserer Zeitgenossen es tun,
nämlich nur um ihre Figur wieder in den Griff zu bekommen.
Nein, das Fasten damals hatte immer religiöse Gründe:
Wer fastete, wollte damit entweder Buße tun sei es für seine Sünden oder die Sünden des Volkes.
Oder man wollte durch das Fasten erreichen, daß Gott endlich den Messias schickt, um sein Volk zu erlösen.
Und so fasteten die Frommen,
um vor Gott ihre Ernsthaftigkeit zu unterstreichen.
Um ihm durch ihr Fasten zu zeigen, daß sie bereit sind, sich ihre Bitte nach Vergebung der Sünden oder die Bitte um das Kommen des Messias auch etwas kosten zu lassen.
Also, Jesus: "Warum fasten deine Jünger nicht?"
Verblüffend ist da die Antwort Jesu.
"Wie können die Hochzeitsgäste fasten,
während der Bräutigam bei ihnen ist?"
Eigentlich ist das keine Antwort, sondern eine Gegenfrage,
auf die es nur eine Antwort gibt - natürlich nicht!
Wer zu einem Fest geladen ist
und sich in die Ecke stellt und fastet
anstatt mitzufeiern und mitzuessen,
der benimmt sich unschicklich!
Doch Jesu Gegenfrage zielt eigentlich noch tiefer:
Er entschuldigt damit nicht nur das Nicht-Fasten seiner Jünger, sondern er nimmt die Fastenfrage zum Anlaß,
um seinen Zeitgenossen zu sagen, dass er der lang erwartete Messias ist.
Denn im AT wird die verheißene und lang ersehnte Heilszeit oft mit dem Bild eines Festes umschrieben.
Die Gottesherrschaft wird als Hochzeit bezeichnet
und vom Messias wird als Bräutigam gesprochen.
Im Klartext ohne Bild sagt Jesus also:
Warum sollen meine Jünger mit Fasten
den Messias herbei beten oder Sündenvergebung erbitten? Schaut her: Ich, Jesus, bin der Messias
und ich bin mitten unter euch,
um euch mit Gott zu versöhnen!
Jetzt ist also nicht Fasten dran, sondern Feiern!
Der Messias ist da!
Der Weg zu Gottes Liebe und Vergebung ist offen!
Darum freut euch und jubelt,
feiert und eßt, denn es ist eine Hoch-Zeit, eine hohe Zeit!
Wo Jesus ist, da soll Freude sein,
da soll es auch genug Wein geben,
? wie auf der Hochzeit in Kana ?
und reichlich Speisen zum Essen.
Ein Fresser und Weinsäufer sei er,
haben sie abfällig über Jesus gesagt -
wohl weil er gerne mit Menschen gefeiert hat.
Doch Gott ist ja ein Freund des Lebens
und wie könnte man Lebendigkeit besser ausdrücken
als in einem großen Fest und einer fröhlichen Feier?!?
Und von daher trifft mich schon die Anfrage,
die manchmal von Außenstehenden an unsere
Lebens- und Glaubenspraxis als Christen gestellt wird:
Wieso ist oft nur so wenig von diesem Feiern
von dieser Fröhlichkeit bei uns
und in unserer Kirche zu spüren?
Was bedeutet es denn, wenn wir sagen:
Wir feiern diesen Gottesdienst,
und es darf dabei weder gelacht noch geklatscht
noch sonst irgendwie ein Zeichen der Freude
in uns oder um uns herum losbrechen?
Erinnern wir uns:
Eigentlich ist jeder Gottesdienst ein Auferstehungsfest,
denn deshalb feiern wir ja die Gottesdienste Sonntags,
weil unser Herr an einem Sonntagmorgen auferstanden ist!
Osterjubel sollte unter uns der vorherrschende Ton sein:
Jesus ist der Christus und er hat den Tod besiegt! Halleluja!
Das ist Hoch-Zeit -
doch unsere Gottesdienste klingen oft eher so,
als sei unser Herr im Grab geblieben:
An Trauergottesdienste erinnern sie, sagen uns Außenstehende,
falls sie sich einmal in unsere Gottesdienst"feiern" verirren.
Uns selber fällt das gar nicht mehr auf,
daß die Froh-Botschaft die wir verkündigen
und die Gestalt und Form, in der wir dies tun
so gar nicht zueinander passen wollen.
Das ist nicht unsere Schuld oder unser Versagen,
wir haben diese Form der Gottesdienste von unseren Vorfahren geerbt und führen das Wohlvertraute nur fort.
Dennoch möchte ich es nicht einfach so dabei belassen ?
Ich bin auf der Suche nach einer Gottesdienstform,
die dieser Hoch?Zeit?Stimmung näherkommt.
PAUSE
Ich möchte noch einmal zurückkehren zum Predigttext:
Und fragen, sind wir ihm schon ganz gerecht geworden?
Ist das alles, was er uns sagen möchte:
Feiern statt fasten?
Oder Etwa:
Unter Christen herrsche allzeit Feststimmung und Jubellaune.
Das ist sicher nicht das, was Jesus meint.
Nichts ist schlimmer, als fröhlich sein zu müssen.
und das vielleicht bloß, weil von der Kanzel her verordnet,
ohne daß das eigene Herz sich wirklich freut.
Ein verkrampftes Ich-bin-ja-so-froh-in-meinem-Herrn-Lächeln erwartet und verlangt niemand von uns, auch Jesus nicht!
Denn es gib
? wie schon eingangs erwähnt ?
zwei Pole,
zwischen denen unser Leben sich ausspannt:
Auf der einen Seite das Feiern,
weil Jesus unser Herr und Heiland ist.
Das ist aber nicht schon alles,
denn auch Jesus selbst redet in unserem Predigttext
auch von den anderen Zeiten.
Und dann werden auch die Jünger Jesu fasten.
PAUSE
Fasten meint ja im Grunde genommen verzichten,
Ein Mensch der fastet, verzichtet z.B. auf Nahrung.
Dabei ist nach unserem Verständnis mit dem Wort fasten
in erster Linie ein freiwilliger Verzicht gemeint.
Wer fastet, der hungert so zu sagen freiwillig.
Doch ich denke, daß wir den Begriff "Fasten"
ruhig in einem umfassenderen Sinn gebrauchen könnten:
Fasten als Verzicht auf das, was Leben zur Hoch-Zeit macht.
Denn es ist beileibe nicht alles Hoch-Zeit,
Jubellaune und Feststimmung,
was unser Leben als Christen prägt.
Es gibt auch die Fastenzeit - also Zeiten,
in denen wir nicht alles haben,
in denen wir nicht das Leben in allen Zügen genießen können.
Den Jüngern steht eine Zeit des Abschied und des Schmerzes bevor, wo ihr Herr und Meister ihnen weggenommen wird,
wo sie auf ihn verzichten müssen,
weil er ans Kreuz geschlagen wird und stirbt.
Dann werden auch die Jünger Jesu fasten.
Auch wir kennen solche Fastenzeiten
Zeiten, in denen wir
auf für uns Entscheidendes verzichten müssen.
Wie gesagt, das muß nicht freiwillig sein ?
auch die Jünger haben nicht freiwillig auf Jesus verzichtet.
Er wurde ihnen weggenommen
wie uns manches weggenommen wird in unserem Leben-
sei es der Erfolg und die Anerkennung.
sei es die Zuversicht oder der Mut,
sei es die Gesundheit
sei es der geliebte Partner.
Es muß einem als Christen wahrlich
nicht immer nach feiern zu Mute sein.
Das Fasten ? also der Verzicht ?
bestimmt eben auf der anderen Seite unser Leben.
Hier das Feiern, die Freude
dort das Fasten, der Verzicht!
Und dazwischen irgendwo hin und her
mal hier und mal dort sind wir mit unserem Leben.
Das auszuhalten fällt uns schwer.
Oft versuchen wir dieser Spannung auszuweichen,
Versuchen uns im Mittelfeld dazwischen zu halten.
Wir wollen nicht auf etwas verzichten
freiwillig nicht und gezwungener Maßen schon gar nicht.
Das leuchtet ja auch jedem ein und ist nachvollziehbar.
Doch auf der anderen Seite lassen wir uns
ebenfalls nicht wirklich auf das Feiern ein,
und wir leben nicht in der Freude darüber,
daß unser Leben bei Gott gut aufgehoben ist,
daß er unser Heiland ist.
Liegt das nur daran,
daß wir in unserem Leben auf so vieles verzichten müssen?
Sind die Zeiten des Fastens der Grund,
warum wir nicht wirklich feiern können?
Ich denke nicht,
denn ich habe schon Menschen gesprochen,
die entsetzliche Verluste ertragen mußten
und trotzdem konnten sie fröhlich sein
und konnten sich daran herzlich freuen,
daß ihre Namen im Buch des Lebens stehen.
Sie konnten das Lied von Paul Gerhard ernsthaft mitsingen:
In dir ist Freude in allem Leide!
Das muß eben doch kein Widerspruch sein:
Erfahrungen von Zeiten des Fastens
und trotzdem die Freude über Gott in sich spüren und zu feiern
Zeiten des Fastens und Zeiten der Freude,
beides bestimmt unser Leben
und in beiden Polen sollten wir auch leben.
Von Kindern können wir lernen,
daß sie viel "extremer" auf der einen Seite ihre Trauer
dann aber auch wieder ihre Freude ausleben.
Für uns Erwachsene ist das ja manchmal befremdlich,
wie schnell es Kindern gelingt Enttäuschung zu überwinden.
wie schnell sie auch nach Tränen wieder lachen können.
Wir sind dann immer geneigt,
ihren Schmerz und ihre Trauer für nicht so groß zu halten
und denken, wer so schnell wieder lachen kann,
der konnte vorher nicht wirklich tief traurig gewesen sein.
Ich sehe das nicht so, ich glaube, daß Kinder sich einfach mehr in ihre Emotionen fallen lassen können.
Sie sind noch nicht darum bemüht, einen wohltemperierten Ausgleich zu schaffen,
zwischen Tränen und Lachen, zwischen Verzicht und Freude.
Sie leben ihre Freude aber auch ihren Schmerz hemmungsloser als uns Erwachsenen das noch gelingen will.
Wir wollen die Extreme meiden, halten uns lieber im Mittelfeld, weil das vielleicht dann nicht so weh tut.
Wer hört schon einmal auf die Frage, "Wie geht es dir?"
Die Antwort "Einfach Super!" oder "Sehr schlecht!"
Nein: "Ganz gut!" ist das höchste der Gefühle
und auf der anderen Seite markiert "So lala!" den Endpunkt.
Nun ja, vielleicht ist es ja wirklich so,
daß wir uns im Mittelfeld dazwischen bewegen!
Aber ich werde den Eindruck nicht los,
daß wir es uns selber verbieten, in die Extreme zu fallen,
vielleicht aus Angst davor,
eventuell die Kontrolle zu verlieren.
Was ja durchaus eine berechtigte Angst sein kann
- das soll nicht bestritten werden.
Aber um welchen Preis erkaufen wir uns dies?
In Zeiten des Verlustes versuchen wir krampfhaft,
uns vom Schmerz und der Trauer nicht überwältigen zu lassen
und denken, Hauptsache tapfer sein.
Reiß dich zusammen, laß dich nicht unterkriegen,
sagen wir uns selbst - manchmal raten wir es auch anderen.
Doch ist das unser Ideal
- den Schmerz stoisch zu ertragen
ohne mit der Wimper zu zucken?
Jesu Ideal ist das nicht!
Er hat geschrien und geweint, mit Gott in Gethsemane gehadert und gerungen. Er hat sich nicht selbst zu trösten versucht, sondern hat Gott sein Schmerz geklagt und seine Angst und Verzweiflung.
Und hat etwas wunderbares erfahren: Daß Gott ihn in der Tiefe auffängt und trägt.
Und so konnte Jesus freiwillig sogar sein Leben hingeben,
die höchste Form des Fastens - der Verzicht auf's eigene Leben. weil er sich bei Gott aufgehoben wußte.
Auf der anderen Seite konnte Jesus
- wohl aus dem gleichen Grund -
auch so gut feiern.
Wir sollten bei Jesus in die Schule gehen
und es wirklich ernst nehmen,
daß es Zeiten des Feierns gibt
und Zeiten des Fastens.
Ich sehe darin einen Trost für die,
die gerade gezwungenermaßen Verzichten müssen.
Diese Zeit des Fastens geht vorbei
und du wirst dich wieder freuen können.
Halte dich an Gott und erlaube es dir selbst,
vor ihm ehrlich zu werden, so schmerzvoll das auch ist.
Verbiete dir nicht gleich wieder deine Fragen und Zweifel!
Du darfst wissen:
Gott ist treu - er hat dich zum Glauben gerufen
und er wird dafür sorgen, daß du festen Boden findest.
Er wird dich auffangen und halten und dann auch wieder aufrichten und deine Tränen trocknen.
Darüber hinaus kannst du dir einen vertrauten Menschen suchen, der dir zuhört und diesen Weg mit dir geht.
Auch die andere Seite gilt mit dem gleichen Ernst:
Freut euch doch darüber, daß Jesus euer Herr und Heiland ist.
Macht doch einmal ernst damit, daß er in diese Welt gekommen ist.
Buchstabiert das doch einmal durch
und kostet die Hoch-Zeit des Feierns wirklich aus.
Dein Leben ist bei Gott aufgehoben und gut versorgt!
Du bist auf der Seite des Siegers über Tod und Teufel!
Laß dich fallen in diese Freude und lebe sie
ohne gleich wieder irgendwelche "Aber" die Freude dämpfen zu lassen.
Das wünsche ich mir auch für unsere Gottesdienste.
Beides soll in ihnen vorkommen:
Die Freude soll sich in unseren Gottesdiensten Bahn brechen
Osterjubel soll in ihnen erschallen.
Fröhliche Lieder sollten wir singen, lachen und klatschen und miteinander feiern weil unser Gott groß ist und herrlich. Und es soll auf der anderen Seite genau so auch Raum sein zum Klagen und zum Weinen
wo wir unseren Schmerz vor Gott bringen können.
Es wären dann wohl andere Gottesdienste,als wir sie heute miteinander feiern.
Aber es würde mehr davon spürbar werden,
daß unser Leben wirklich zwischen zwei Polen gespannt ist:
Zwischen dem Fasten und dem Feiern.Und beides wollen wir leben, mit ganzem Ernst und in dem Wissen darum, daß Jesus uns in beidem begleitet und trägt.

Amen!

Jörg Weinberg