Hier kommen Sie zurück zur Startseite Termine und Veranstaltungen in der Gemeinde + Linkliste Gemeindeprofil, Bildergalerie, Artikel, Predigten Gruppen in unserer Gemeinde (Kigo,Förderverein,Frauenhilfe,Hauskreise) Adressen, Telefonnummern, Lageplan, Umfrage, Gästebuch
Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Lukas 2 , 15 - 20, Weihnachten 2002-- Drucken

Liebe Gemeinde,

die Hirten gehören unverzichtbar zur Weihnachtsgeschichte dazu.
Warum wohl hat der Engel Gottes ausgerechnet die Hirten besucht, um sie zur Krippe zu schicken?
War das Zufall wie die Passanten, die man mal eben zu Trauzeugen bittet?
In der Comedy-Serie "Verstehen sie Spaß" soll der Gag mal so gewesen sein, dass man solchen Zufallszeugen in einer arrangierten Szene hinterher einreden wollte, sie seien nun rechtsgültig verheiratet worden. Mit versteckter Kamera wurde die Reaktion aufgenommen.
Die Hirten kommen mir ein bisschen so vor wie bestellte Zeugen für das Wunder der Geburt.
Maria und Josef waren ja fern ihres Zuhauses, als das Kind kam.
Vermutlich also ohne den Beistand ihrer Familien.
Es ist, als sorgt Gott durch seine Engel dafür, dass wenigstens irgendjemand kommt und zur Geburt gratuliert.
Warum aber nun gerade die Hirten? Zufällig war das sicher nicht.
Der Engel wusste, wem er erschien.
Hirten verkörpern einige Grundhaltungen, die eine Begegnung mit Gott erleichtern:
Da ist zunächst ihre Wachsamkeit.
Bei den Hirten muss mindestens einer in der Nacht wach bleiben.
Gerade weil Gott sich entschieden hat, als Kind einfacher Leute in einem Dorf am Rand der Wüste zu kommen, brauchte es damals und braucht es seither bis heute Wachsamkeit, um Ihn nicht zu übersehen.
Bis heute sind die Spuren Gottes in der Welt vielen nicht einsichtig.
Vielleicht am deutlichsten hat Jesus in seinem Gleichnis von der Saat gezeigt, wie es mit unseren Herzen steht: selbst wenn wir mal was von Gott wahrgenommen haben - Zweifel oder Sorgen um das leibliche Wohl ersticken oft sehr schnell unseren Zugang zu Gott.
Die Hirten erinnern uns daran, stets ein offenes Ohr in Richtung auf Gott hin zu haben.
Dann lebten die Hirten um Bethlehem meistens unter freiem Himmel.
Wer einmal eine sternenklare Nacht in den judäischen Bergen erlebt hat, der wird das so bald nicht wieder vergessen. Dieser Anblick der unzählbaren Sterne ist wie ein Tor in die Ewigkeit, in die Unendlichkeit.
Der Anblick der Sterne war es ja schon, auf den Gott den Abraham hingewiesen hat, um sein Versprechen zu unterstreichen. In einer Nacht rief Gott ihn vor das Zelt und zeigte ihm den sternenübersäten Himmel. Schau hinauf, dann erkennst Du, was ich vermag!
Daran kranken heute viele Menschen, dass sie den Himmel über sich verschlossen haben. Sie glauben nicht mehr daran, dass da noch etwas sei, was größer und beständiger ist als ihr kleines Leben. Den Blick offen zu halten zu den Sternen, das bedeutet, sich den Gedanken an Gott hin und wieder zu erlauben. Hin und wieder heraustreten aus dem Alltag der Arbeit, der Zerstreuung, der Sorgen und des Versuchs, zu entspannen. Wer den Blick zum Himmel zulässt, behält eine gesunde Distanz zur Erde mit ihren Begrenzungen.
Den Hirten sagt man ja nach, dass sie einen besonderen Zugang zur Stille haben.
Dass sie schweigen können und warten. Das Hüten der Herden ist eine Arbeit, die innerlich frei macht - auch zur Begegnung mit Gott.
Mose war vierzig Jahre lang ein Hirte, nachdem er vom Hof des ägyptischen Pharao fliehen musste. In dieser Zeit hat er gelernt, hin zu hören.
Die Zeit in der Wüste war die nötige Vorbereitung, um dann etwas wirklich Großes zu tun.
In der Wüste, dem Raum der Stille, erschien ihm Gott.
Auch David war ein Hirte - übrigens auf denselben Weiden und Wegen rund um Bethlehem wie diese Hirten zur Zeit der Geburt Jesu.
Die großen Männer und Frauen Gottes lebten aus der Stille.
Sind Hirten reich? Eigentlich tun sie ja gar nicht viel. Sie zeigen den Tieren den Weg, sie wehren Gefahren ab und wo nötig, versorgen sie kleine Wunden. Ansonsten schweigen sie, warten auf das, was einfach geschieht.
Am Beruf des Hirten wird deutlich: die entscheidenden Dinge des Lebens bekommen wir geschenkt - wir können sie nicht erzwingen.
Auf die Hirten zu schauen könnte uns bewahren vor dem Wahn, wir könnten unserem Leben auch nur eine Minute aus eigener Kraft dazutun. Lernen wir die Demut von den Hirten!
Vermutlich war es von allem etwas, weshalb Gott die Hirten erwählt hat.
Erwählt? Stimmt das überhaupt? Was ist denn ihre besondere Aufgabe?
Die Engel teilen ihnen nur etwas mit - sie bekommen gar nicht irgendeinen Auftrag.
Alles, was sie dann tun, entspringt aus dem, was sie erlebt haben.
Das macht sie mir sympathisch:
Die Hirten entscheiden sich frei dazu, dem nachzugehen, was sie gehört haben.
So als wenn Sie heute morgen etwas von Gott gehört haben - und sich dann überlegen:
"Also, damit gebe ich mich nicht zufrieden! Dem will ich nachspüren!"
Das ist Ihre Verantwortung. Niemand kommt und nimmt Ihnen diese Entscheidung ab.
Wenn Sie wissen wollen, ob Gottes Kommen in die Welt sich heute in Ihrem Leben auswirken könnte, dann müssen Sie sich auf den Weg machen.
Machen Sie es wie die Hirten! Verlassen Sie ihren gewohnten Ort und überprüfen Sie, ob etwas dran ist an dem, was über Gott gesagt wird.
Was fanden die Hirten vor:
eine Mutter mit Kind und Vater; eine Futterkrippe als Wiege, Windeln.
Das ist alles. Nicht besonders spektakulär. So menschlich wie es nur sein kann.
Das Besondere ist nur: es stimmt überein mit dem, was die Engel angekündigt haben.
Es gehört zur Menschwerdung Gottes, das eben nicht irgend etwas Spektakuläres vorzufinden ist. Die Windeln in ihrer ganzen - manchmal auch gar nicht so schönen - Normalität, sie sind ein tröstendes Bild für die Gemeinde. Wer sich auf die Suche nach Gott macht, der findet sich neben Menschen wieder. Ganz normalen Menschen.
Erst beides zusammen entwickelt die Kraft des Trostes:
Das göttliche Wort der Zusage: dein Heiland ist geboren! Das heißt doch nicht weniger als dies: Sorge Dich nicht mehr länger selbst um dein Heil! Es ist gesorgt! Ich, dein Herr und Gott, mache dein Leben heil - egal, wie zerbrochen es gewesen ist.
Und das Andere: Gott bleibt nicht eine Idee, ein Geistwesen irgendwo im Nichts.
Er wird erfahrbar und konkret in seiner Gemeinde. Und da wird mit Wasser gekocht.
Da werden Windeln gewaschen und Wunden verbunden.
Da hören Menschen einander zu, sie helfen einander und sie teilen Brot und Wein.
Als die Hirten entdeckten: Das Wort Gottes stimmt überein mit der ganz menschlichen Wirklichkeit, da wurden sie froh. Das konnten sie nicht für sich behalten.
So wurden sie zu den ersten Boten der Freude.
Wenn wir gleich Brot und Wein miteinander teilen, dann ist dies ebenso geheimnisvoll wie der nächtliche Besuch am Wochenbett: Gott begegnet uns verborgen im ganz Menschlichen. Der Tisch der Gastfreiheit ist wie der Stall in Bethlehem: ganz menschlich und doch durchdrungen von Gottes Gegenwart.
Kommt und seht! Ja, schmeckt, wie nah Euch Gott heute kommt.

Amen!

Björn Heymer