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Ja, Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen und niemals verzagen. (Jesaja 12,  2)
Predigt zu 1. Mose 18, 20 - 33, 23. Sonntag nach Trinitatis 2002-- Drucken

Ihr Lieben,

Sodom und Gomorra - das waren zwei Städte im vorderen Orient. Ihre Namen sind zum Inbegriff der Gottlosigkeit und des Sittenverfalls geworden.
Man pflegte sexuellen Umgang mit Tieren, Frauen galten als Besitz, wurden hemmungslos vergewaltigt, Homosexualität galt als normal, das Gastrecht brutal gebrochen - keine Ungerechtigkeit, kein Verbrechen, dass dort nicht an der Tagesordnung war.
Sodom und Gomorra gingen in Feuer, Rauch und Erdbeben unter.
Man weiß zwar, wo ungefähr sie gelegen haben, am südlichen Ufer des toten Meeres, aber sie sind spurlos verschwunden. Im Jordangraben gibt es bis heute Erdbeben und die Gegend wirkt heute toter als tot. Heiß, trocken und lebensfeindlich ist es da.
Jede Darstellung von Geschichte ist auch Deutung. So macht es auch die Bibel. Bei dem Untergang von Sodom und Gomorra wurde eine historische Naturkatastrophe von Gott her gedeutet. Sie wurde verstanden und erzählt als ein von Gott gewolltes Gericht. Nicht als ein Unglück, sondern als Vollzug einer gerechten Strafe nach einer Gerichtsverhandlung.
Vielleicht schauert es uns, wenn wir uns vorstellen, man würde das heute tun - wenn eine Schule in Italien 26 Menschen unter sich begräbt. Wir suchen auch Schuldige in der Vorgeschichte - Bürokraten, Bauherren, Politiker.... aber wir würden doch nie sagen, die Opfer hätten genau das verdient.
Auch bei Sodom und Gomorra schaut der Erzähler auf die Vorgeschichte, aber anders.
Vor dem Untergang gab es eine Art Gerichtsverhandlung mit Gott, in deren Folge dann ein Schuldspruch gefällt wird.
Von dieser Verhandlung wird im 1. Mosebuch erzählt:
Und der HERR sprach: Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorra, dass ihre Sünden sehr schwer sind. Darum will ich hinabfahren und sehen, ob sie alles getan haben nach dem Geschrei, das vor mich gekommen ist, oder ob's nicht so sei, damit ich's wisse. Aber Abraham trat zu dem HERRN und sprach: Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen? Es könnten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein; wolltest du die umbringen und dem Ort nicht vergeben um fünfzig Gerechter willen, die darin wären? Das sei ferne von dir, dass du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, so dass der Gerechte wäre gleich wie der Gottlose! Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten? Der HERR sprach: Finde ich fünfzig Gerechte zu Sodom in der Stadt, so will ich um ihretwillen dem ganzen Ort vergeben. Abraham antwortete und sprach: Ach siehe, ich habe mich unterwunden, zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin. Es könnten vielleicht fünf weniger als fünfzig Gerechte darin sein; wolltest du denn die ganze Stadt verderben um der fünf willen? Er sprach: Finde ich darin fünfundvierzig, so will ich sie nicht verderben. Und er fuhr fort mit ihm zu reden und sprach: Man könnte vielleicht vierzig darin finden. Er aber sprach: Ich will ihnen nichts tun um der vierzig willen. Abraham sprach: Zürne nicht, Herr, dass ich noch mehr rede. Man könnte vielleicht dreißig darin finden. Er aber sprach: Finde ich dreißig darin, so will ich ihnen nichts tun.Und er sprach: Ach siehe, ich habe mich unterwunden, mit dem Herrn zu reden. Man könnte vielleicht zwanzig darin finden. Er antwortete: Ich will sie nicht verderben um der zwanzig willen. Und er sprach: Ach, zürne nicht, Herr, dass ich nur noch einmal rede. Man könnte vielleicht zehn darin finden. Er aber sprach: Ich will sie nicht verderben um der zehn willen. Und der HERR ging weg, nachdem er aufgehört hatte, mit Abraham zu reden; und Abraham kehrte wieder um an seinen Ort.
Abraham, ein Mensch, der ganz in der Nähe Gottes lebte, wird zum Verteidiger.
Wir greifen zu kurz, wen wir denken: "Ja, da schau her, war er doch ein echter Orientale, der Abraham. Man kommt sich ja vor wie auf einem Basar, wo einer geschickt und hartnäckig den Preis runterhandelt."
Vorsicht! Abraham, der Stammvater Israels, das große Vorbild des Glaubens, ringt hier nicht im eigenen Interesse mit Gott! Er schachert nicht wie ein Viehhändler, der einen guten Preis erzielen will. Abraham tritt in den tiefen Riss, der sich auftut zwischen Gott und seinen Menschen.
Drei Gedanken aus dieser Erzählung:
1. Gottes verborgene Gerechtigkeit
2. Der Dienst der Fürbitte
3. Gottes vollzogene Gerechtigkeit
Gottes verborgene Gerechtigkeit - Mit einer beunruhigenden Regelmäßigkeit hören wir von Katastrophen, die eines gemeinsam haben, egal, ob sie von Menschen gemacht oder auch durch Naturgewalten geschehen: sie treffen viele Menschen, ohne Unterschiede zu machen. Ob die Geiselnahme in Moskau, Bomben auf Bali, die Flut in Mittel- und Süddeutschland, der Ätna in Sizilien - wir sprechen davon, dass es Unschuldige trifft - ganz aktuell die zusammengestürzte Schule in Italien. Wie passen solche Ereignisse zum Glauben an Gott?
Zu Frömmigkeit, zu Gebeten, Opfern oder zugesprochenem Segen? Früher wurde regelmäßig die Frage laut: wie kann das sein, dass Gott so etwas zulässt? Ich habe den Eindruck, die Menschen heute sind es müde geworden, diese Frage überhaupt zu stellen. Es ist die dunkle Seite der Spaßgesellschaft: wer alle Dinge eher oberflächlich sieht, sich nie wirklich auf eine Tiefensicht einlässt, der zuckt bei Katastrophenmeldungen dann eben auch nur noch mit den Achseln und denkt:
"Wie gut, dass es mich nicht erwischt hat! Dann planen wir unseren Urlaub eben um und reisen in ein Land, das sicherer ist."
Wer gar nicht mehr mit Gott rechnet, der klagt ihn auch nicht mehr an.
Aber was ist mit uns? Wie bringen wir das zusammen? Unseren Glauben an den Gott, der seine Geschöpfe kennt und liebt mit Schicksalsschlägen, die offenbar keine Unterschiede machen zwischen gut und böse.
Gott zeigt sich in der Verurteilung der Städte Sodom und Gomorra zunächst einmal als der Heilige, der Gerechte - der ein Leben, das gegen seinen Willen revoltiert, nicht duldet.
Gott, ein verzehrendes Feuer.
Oder, in einem anderen biblischen Bild: Gott ist wie der Töpfer, in dessen Hand alles Leben ist wie Ton - Er allein entscheidet, was draus wird.
Und sein Richterspruch über die Welt ist klar: da ist nichts, was vor Ihm Bestand hätte.
Alle sind abgeirrt vom Weg Gottes - keiner, der sich gerecht nennen könnte - nicht einer.
In einem Bild gesagt: hier auf der Erdoberfläche macht es natürlich schon einen Unterschied, ob einer am Fuß eines Berges steht, oder auf dem Gipfel eines Zweitausenders. So gibt es sicher Menschen, die nach unseren Maßstäben besser leben als Andere. Es gibt Unterschiede und im Stillen hoffen wir, dass Gott das auch sieht, oder?
Aber: Wenn man von der Sonne her auf die Erde schauen könnte, dann wäre der Unterschied, ob man am Fuß oder auf dem Gipfel eines Berges steht, ziemlich belanglos.
Aus der Sicht Gottes sind wir abgefallen, abgewichen von dem Weg, den Er vorgegeben hat.
Wir sind es so gewohnt, individuell zu urteilen - und unterschätzen, dass Gott von einer ganz anderen Warte aus sieht. Wir reden unsere Schuld vor Gott ständig klein - und beschränken sie auf ein paar kleine Unaufmerksamkeiten, dem plötzlichen Nachgeben einer plötzlichen Gier oder ein paar Unarten, die eben jeder hat. Gottes Gerechtigkeit ist uns verborgen.
Das Urteil über Sodom und Gomorra ist ein Vorbild für die ganze Welt - die dem gerechten Gericht Gottes unterliegt.
Und nun das Andere: Abraham tritt ein für die Städte.
2. Der Dienst der Fürbitte
Obwohl es da so übel zuging, wie es eben war, freut sich Abraham, der Fromme nicht etwa, dass Gott dem Treiben endlich ein Ende macht. So würden wir es doch erwarten!
Abraham betet in der Spur Jesu: "Wenn ihr nur die liebt, die Euch lieben, was tut Ihr dann besonderes? Betet für die, die Euch verfolgen!" Abraham war ein Fremdling in der Gegend. Er war mit seinem Glauben allein, er war sicher überhaupt nicht einverstanden mit der Lebenspraxis in diesen Städten. Und doch betet er für diese Leute.
Das ist ein Beten, das nicht aus der Tiefe der menschlichen Seele kommt! So zu beten, das hat Gottes Geist in Abraham geweckt. Ist das ein Widerspruch? Widerspricht sich Gott nicht, wenn er einerseits der Richter ist, andererseits selber die Verteidigungsrede hält?
Für uns mag es unvorstellbar sein - wir sind mit dieser Geschichte Zeuge des inneren Ringens Gottes um seine Menschen - sie sind zu verurteilen - und Er will sie doch retten.
Wie damals Abraham sind heute wir aufgerufen, diesen Dienst der Fürbitte zu tun!
Abraham betet hartnäckig. Ähnlich wie die Witwe, von der wir in der Lesung des Evangeliums gehört haben. Fürbitte für die Welt zu tun, das geht nicht eben nebenbei. Das ist Arbeit! Wo sind die treuen, hartnäckigen Beter, die mit Gott um die verlorene Welt ringen?
Abraham ist Vorbild des Betens für uns heute.
Und schließlich noch das Dritte.
Gottes vollzogene Gerechtigkeit.
Die Geschichte endet ja offen. Abraham hört auf zu verhandeln, als er bei zehn Gerechten angekommen ist. Ist da Gottes Geduld am Ende? Wir wissen es nicht. Die Erzählung schweigt dazu. Nur das ist wahr. Gott hat Sodom und Gomorra doch untergehen lassen.
War das ganze Verhandeln umsonst? Weil sich nicht mal die zehn Gerechten finden ließen?
Nein, umsonst war es nicht.
Der Eine, Abrahams Neffe Lot, der wird noch rausgeholt, bevor Sodom untergeht.
Obwohl auch er dann zu einer tragischen Gestalt wird. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wenn das Gericht über Sodom und Gomorra ein Vorbild ist für Gottes universales Gericht, dann war die Fürbitte Abrahams alles Andere als vergeblich. Abraham hat in seinem Bitten etwas geradezu Verwegenes getan: Er kehrte die ganze Sache um!
Vorher lag dem Gedanken des Gerichts zugrunde: Wenn die Menge der Sünde ein gewisses Maß übersteigt, dann wird das Urteil vollstreckt. Der Maßstab ist die Sünde, das, was die Menschen getan haben.
Abraham argumentiert umgekehrt: egal, wie viel Schuld geschehen ist - wenn nur ein gewisses Maß an Gerechtigkeit zu finden wäre, dann könnte das gleichsam abfärben auf das Ganze. Nicht die Sündenmenge als Maßstab, sondern die Gerechtigkeit Einzelner.
Und wo Abraham aufgehört hat, da hat Gott selber weitergedacht und weiter gehandelt:
In seinem Sohn Jesus Christus hat er die Gerechtigkeit eines Einzigen, seines Sohnes, gelten lassen, um das Gericht über die Welt nicht zu vollziehen. Gott hat sich die Argumente Abrahams zu eigen.
Auf Golgatha vollzog er sein Gericht an dem Gerechten, damit die Ungerechten leben dürfen. - "mein Blut, vergossen für die Sünden der Vielen" sagen wir in der Feier des Mahles.
Wir sind frei, weil Er unsere Schuld trug.

Amen!

Björn Heymer