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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Nikodemus, Gottesdienst 25+ am 1. September 2002 -- Drucken

Ihr Lieben,
"Wer vom Ziel nichts weiß, wird den Weg nicht finden" - mit dieser Behauptung haben wir eingeladen, weil wir uns in der Vorbereitungsgruppe darin einig waren:
Wir haben zwar keine schnelle Antwort auf die Frage nach dem Ziel, aber wir suchen Antworten auf die Frage: Was macht unser Leben reicher, sinnvoller und tiefgehender?
Für Menschen, die Jugend und Ausbildung hinter sich haben,
die die Fragen nach Beruf, Beziehungen und Lebensstil für sich geklärt haben
und die eigentlich ganz zufrieden mit sich sind. Für Menschen wie uns.
Wir haben gespürt, dass es nicht reicht, zu sagen: "Mir fehlt eigentlich nichts. Was ich tue, ist zwar nicht besonders aufregend oder spannend, aber mein Leben läuft in planbaren Bahnen."
In der Bibel sind wir dann auf einen Menschen gestoßen - nein, eigentlich auf zwei Menschen: Nikodemus und Jesus.
Nikodemus war ein frommer Jude, ein Gelehrter in den heiligen Schriften. Er wusste Bescheid über die Bibel, über Glauben, über Gott. Er hatte seine Lebensentscheidungen hinter sich, als er vielleicht zum ersten Mal etwas von Jesus erzählt bekam.
Irgendwas muss dabei gewesen sein, was ihn hat aufhorchen lassen. Irgendwas hat ihn fasziniert. So ging er eines Abends hin zu Jesus und redete mit ihm.
Nikodemus gehörte zu den Leuten, die selbstsicher sind, die niemanden brauchen - höchstens als Bewunderer. Einer, der sich für Antworten zuständig fühlt - nicht für Fragen.
Ein Gelehrter eben. Auch an Jesus stellt er nicht eine Frage, als er das Gespräch eröffnet.
"Meister, wir wissen: Du bist ein Lehrer, von Gott gekommen, denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn, Gott mit ihm." (Johannes 3,2) "...aber...so ganz verstehe ich nicht, was Du sagst und tust." möchte man in Gedanken ergänzen.
Wir denken, Nikodemus ging es wie uns: er hatte gespürt: Wissen reicht nicht aus.
Ihm fehlte etwas, was dem Leben Sinn oder Erfüllung gibt, was einem Antrieb vermittelt. Und das erschließt sich nicht mit dem Kopf. Da reicht die Intelligenz nicht hin.
Nikodemus suchte die Nähe von Jesus, weil tief in ihm eine Ahnung wach geworden war:
"Bei diesem Jesus ist etwas zu finden, was mir fehlt."
Und Jesus hat das gespürt, verstanden, was den Nikodemus beschäftigte - ohne viele Worte.
Und so lässt er sich nicht auf einen Meinungsaustausch zu einem Sachthema ein.
Sondern Jesus mutet ihm etwas zu - und sagt ihm ein Rätselwort:
"Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen." (Johannes 3,3)
In das Reich Gottes kommen - das ist nicht räumlich zu verstehen, als wenn man sich in ein anderes Land begeben müsste. Das ist auch nicht eine Zeitaussage: nach dieser Welt kommt eine andere - Gottes Reich. So ist die Rede vom Reich Gottes oft falsch gedeutet worden.
Vielmehr geht es hier um das Vorzeichen vor der Klammer, die unser ganzes Leben umfasst. Mit Reich Gottes meint Jesus die Frage, ob ein Mensch an die Kraftquelle Gott angeschlossen lebt oder nicht. Ob einer Glauben hat oder nicht. Darum geht es.
Wie kommt man zu Glauben? Wie findet man ein Ziel, dass einen neu in Bewegung setzt? Das ist nicht mal eben nebenbei zu verstehen - wie man eine Zeitungsmeldung überfliegt.
Jesus hat bei allen Fragen des Glaubens Vergleiche benutzt. Bildworte, die etwas andeuten, was man in direkten Worten nicht beschreiben kann.
Geboren aus Wasser und Geist - darum geht es, wenn Jesus von Glauben spricht.
Da stecken gleich drei Vergleiche drin:
1. Geboren werden - jeder kennt es. Wie die Geburt für den Beginn des Lebens steht, so beginnt Glauben zu einem bestimmten Zeitpunkt. Und wie man sich nicht selber auf die Welt bringen kann, so kann man Glauben nicht selber machen.
Man entscheidet sich nicht einmal selber dafür. Menschen finden sich als Glaubende vor -Vielleicht sollte man besser sagen: Gott zündet in Menschen das Feuer des Glaubens an. Er glaubt in Menschen. Jesus spricht da von Erwählung oder Berufung. Manch einer mag sich über diese Behauptung ärgern:
Wie, bin ich denn nicht frei in meiner Entscheidung für oder gegen den Glauben?
Bin ich etwa nur eine Spielfigur? Nein Danke! Gott als Herrscher, so was ohne mich!
Und was ist dann mit all denen, die sich offenbar nie für Glauben interessieren?
Hat Gott die etwa nicht gewollt?
Das Bild vom Glauben als ein Geschenk wie die Geburt löst bei vielen ein ganzes Bündel von Fragen aus. Fragen, die ich jetzt nicht beantworten will. Wer mag, kann mich nachher fragen.
Andere mag das Bild von der Geburt trösten, gerade in Zeiten, wo er denkt: "Ich genüge Gott nie und nimmer. Ich kann auch gar nicht richtig glauben. Ich zweifle viel zu viel." Auf unsere Gefühle und Selbsteinschätzung kommt es bei der Frage gar nicht an! Wenn der Glaube wie eine Geburt ist, dann ist er Gottes Geschenk an mich. Dann brauch ich mir keinen Druck mehr zu machen - als wenn es von mir abhinge, ob ich genug glaube oder nicht. Gott hat mir das abgenommen! Er nimmt mich, so, wie ich bin. Alles weitere kommt dann später.
Das alles entscheidende Plus vor der Klammer steht längst da.
Nikodemus fragte ja auch genau an diesem Bild nach: "Wie kann das gehen? Wenn man sein Leben eigentlich schon hinter sich hat." Er war überzeugt: "Für mich ist das nichts mehr! In meinem Leben kann was wirklich Neues nicht mehr passieren."
Aus Wasser und Geist - antwortet ihm Jesus. Beides Bilder für den Ursprung des Glaubens.
2. Wasser deute ich auf die Materie, den Urgrund des natürlichen Lebens. Wasser ist ein Teil dieser ganz handfesten Welt. Erfahrbar, beschreibbar, fassbar.
Der Glaube, von dem Jesus spricht, ist nie rein vergeistigt, er beginnt konkret und handfest im Leben. Ebenso hat die Beziehung zu Gott eine ganz handfeste, klar beschreibbare Seite.
Es gibt die Bibel - voll von Geschichten von Menschen. Vieles darin ist ganz nüchtern erzähltes Leben. Erfahrungen, die immer wieder vorkommen. Mir fallen da die Erzählungen von Tewje, dem Milchmann aus Anatewka ein, oder von Don Camillo aus Norditalien.
Beide reden mit Gott wie mit einem Menschen, den sie sehen können. Da wird gelacht, gestritten, gefeilscht, verhandelt. Und beide tun etwas, was zum Glauben dazugehört: sie deuten ihren Alltag von Gott her. Das tue ich auch und finde Gott darin.
Gestern Vormittag wollte ich zum Einkaufen, aber Heinke wollte unbedingt noch eine Musik zu Ende hören. Ich hab gewartet und traf dann einen Menschen, den ich lange nicht gesehen habe. Zufall? Ich deute so was als eine Freundlichkeit Gottes.
Das muss man nicht so deuten, aber zu meinem Glauben gehört es dazu. Ich glaube zutiefst, dass Gott unseren kleinen, oft belanglosen Alltag sieht und dass er auf uns achtet wie, ja, wie ein liebender Vater. Nur, wenn das alles wäre, dann wäre es etwas banal!
Jesus nennt den anderen Ursprung des Glaubens Geist.
Geist ist der Gegensatz zu Materie. Geist kann man nicht sehen, nicht greifen, schwer beschreiben. Und doch gibt es ihn. Manchmal spüren wir etwas von seinen Auswirkungen. Wie beim Wind, bei Radiowellen oder bei der Liebe. Gott geht nicht auf in den kleinen Dingen unseres Lebens - er ist nicht unser Schutzzauber, sondern der Herr über unser Leben - Geist und Wahrheit, sagt Jesus. Gott ist immer für Überraschungen gut:
was Du heute gar nicht ahnst: dass in deinem Leben noch etwas ganz Neues beginnen will - Gott sieht das schon.
Der Wind weht, wo er will, und wir wissen nicht, wohin er fährt - so ist es auch mit dem Geist. Dieses kraftvolle, dynamische Bild schiebt Jesus dann noch nach.
Im Glauben machen Menschen die Erfahrung, dass Dinge geschehen, die sie ohne Gott nicht erklären könnten. Der Geist Gottes bewegt etwas, was sonst unbeweglich ist.
Ich nenne als ein Beispiel die Erfahrung, dass Menschen etwas mit Hingabe tun - wie die Mitarbeit an diesem Gottesdienst. In der Vorbereitung hatte ich den Eindruck, dass keiner fragte, wie viel Zeit das kostet, oder ob es nicht zu anstrengend ist?
Ihr könnt die Leute nachher selber fragen was Hingabe ist. Man spürt es an Menschen, ob sie etwas mit Hingabe tun. Das hat etwas mit dem Geist Gottes zu tun. Er setzt Menschen in Bewegung. Er verändert Stimmungen, er kann auch noch viel größere Dinge tun. Auch davon berichtet die Bibel.
Und wie findet man nun das Ziel? Indem man darum bittet. Wer sich nach Glauben sehnt, der gehe in die Stille, der rede mit Gott - vielleicht so wie Nikodemus damals zu Jesus hinging.
Vielleicht mit dem Gebet: Herr, hilf mir zum Glauben!

Amen!

Björn Heymer