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Ja, Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen und niemals verzagen. (Jesaja 12,  2)
Predigt zu Exodus 16, 2 - 3, 11 - 18, 7. Sonntag nach Trinitatis 2002 -- Drucken

Ihr Lieben,

im Bericht von der Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste finden sich immer wieder typische, urmenschlicher Erfahrungen.

Erfahrungen, wie sie immer wieder vorkommen. Situationen, die zugleich modellhaft zeigen, wie Gott mit Menschen umgeht.

Auf eine dieser Modellsituationen hören wir heute: im Volk hat sich Zweifel breit gemacht. Viele murren, heute würde man sagen: motzen oder meckern – und Gott versorgt es mit Nahrung. Wir hören auf 2. Mose 16:

2 Und es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste. 3 Und sie sprachen: Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst.11 Und der HERR sprach zu Mose:

12 Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sage ihnen: Gegen Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden und sollt innewerden, dass ich, der HERR, euer Gott bin. 13 Und am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager. Und am Morgen lag Tau rings um das Lager.14 Und als der Tau weg war, siehe, da lag's in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde.15 Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? Denn sie wussten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat.16 Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte.17 Und die Israeliten taten's und sammelten, einer viel, der andere wenig.18 Aber als man's nachmaß, hatte der nicht darüber, der viel gesammelt hatte, und der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte. Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte.

Zwei Gedanken dazu heute:

1. Gott hört auf das Murren seines Volkes

2. Gott sorgt auf seine Weise für seine Leute

Wenn damals in Israel ein Wahlkampf ausgetragen worden wäre, hätte wohl der Kandidat die größten Chancen, der lauthals behauptet: früher war alles besser! Ein Mann, der altbewährte Rezepte empfiehlt, wie man zu besseren Lebensbedingungen käme, dem hätten sie wohl ihr Vertrauen geschenkt – die Frauen und Männer im Volk.

„So schlecht war es doch gar nicht, damals in Ägypten. Immerhin hatten wir Fleisch auf dem Tisch – und um das Brot brauchte sich niemand zu sorgen.“ Mit Erinnerungen ist das so eine Sache. Immer, wenn Menschen zurückdenken, dann sortieren sie scheinbar zwangsläufig ihre Erinnerungen. Schönfärber nennt man solche, die alle Erfahrungen, die schmerzhaft, beleidigend oder demütigend waren – einfach ausblenden. Und dann bleibt der Satz: „Früher war alles besser!“ Wenn die Angst vor dem unbekannten Neuen zu groß wird, wird die Sehnsucht nach dem Bekannten groß – auch wenn man dieses Bekannte gehörig hinbiegen muss. Man behält nur das, was man für sein Weltbild braucht.

Mir hat einmal ein Alkoholkranker berichtet, der durch einen Alkoholentzug gegangen war und dann wieder zurück nach Hause kam. Nun wäre es nötig gewesen, dass Vieles anders wird – nicht nur bei dem Kranken, sondern genauso beim Ehepartner, im ganzen Umfeld.

Der Kranke wollte das auch, aber er war schwach und hätte eine starke Anleitung gebraucht.

Der vorher allzu nachgiebige Partner müsste auf einmal Stärke beweisen und Nein sagen. Nein dazu, die Droge mit zu bezahlen oder gar zu besorgen. Aber das macht Angst. Das ist unbekannt. Leichter ist es, in das vertraute Muster zurück zu gehen. Wieder den falschen Versprechen zu glauben, wieder mitzumachen, wo klare Grenzen nötig wären.

Lieber das bekannte Unglück, als das unbekannte Glück. Es dauerte nicht lange und es war wieder so wie vorher: Rückfall, noch tiefer als vorher. Und wieder Entgiftung. Erst mit einer Beratung, die die Ehefrau mit einbezog, tat sich ein mühevoller Weg auf.

Ein anderes Beispiel. Wer am vergangenen Sonntag die Predigt aufmerksam gehört hat, der hat vielleicht einen wunden Punkt in seinem Leben mit Gott erkannt: eine immer wiederkehrende Sünde, die ihn oder sie von Gott trennt. Vielleicht hat er sie bekannt und im Mahl den Neuanfang mit Gott gefeiert. Aber dann: die Sünde ist eine Macht, die uns immer wieder runter zieht, wenn wir mal aufgestanden sind. Und wir lassen uns ziehen. Und es geht wieder weiter, als wenn nichts gewesen wäre.

War es nicht einfacher ohne diesen Widerstand leisten zu müssen? Ohne sich klar dagegen zu entscheiden, einer Sünde Raum zu geben im ganz unbeobachteten Leben?

Die Fleischtöpfe Ägyptens haben scheinbar gute Argumente auf ihrer Seite – solange wir die dunkle Seite ausblenden, solange wir verdrängen, dass dieses Leben es nicht wert ist, Leben genannt zu werden. Ägypten steht für ein Leben, in dem es äußerlich so geht, das aber geprägt ist von Unfreiheit, von Versklavung.

Israel in der Wüste hatte die Verneinung des Lebens, die Vernichtung jeglicher Hoffnung hinter sich gelassen. Vor ihnen lag das große Versprechen: das eigene Land der Freiheit. Der Überfluss an allem, was es wert macht, zu leben. Das hatten sie vergessen, als sie murrten.

Gott hört das Murren. Er kennt unseren Drang zurück. Es ist im Tiefsten ein Gezogen sein zum Tod. Die Stimme Israels ist auch der Ausdruck tiefster Diesseitigkeit. Ägypten steht für ein Leben, in dem nur der gefüllte Kochtopf zählt. Nicht gerade viel, aber immerhin. Eine Hoffnung auf Freiheit? Das lenkt doch nur ab, oder?

Vielleicht finden sich auch manche in dem Murren wieder, die mal als Christen angefangen haben, die sich aufgemacht haben, weil sie geglaubt hatten, dass Gott ihr Leben reicher und besser machen würden, aber die nun von Zweifeln beschlichen werden:

„Lohnt sich das alles überhaupt? – Jeden Sonntag früh aufstehen – in der Bibel lesen – beten - sich engagieren in der Gemeinde? Lohnt es sich oder wäre es nicht einfacher und besser, das alles hinzuwerfen und dahin zurück zu kehren, wie es früher war – ohne Gott?“

Gott hört diese Klage. Er weiß, was sein Volk denkt. Ihm sind unsere Gedanken und Zweifel nicht verborgen.

Er weist sie auch nicht zurück.

Er hört sie – und

2. Gott sorgt auf seine Weise für seine Leute

Er sorgt für sein Volk durch Wachteln und Manna.

Zwei Dinge möchte ich deuten:

1. Wenig, aber genug.

Wachteln und Manna. Die Speise der Wüste. Nicht gerade üppig, aber immerhin.

Wachteln hab ich noch nie gegessen – sie sollen noch kleiner sein als Tauben und schon an denen soll kaum was dran sein. Mit einer fetten Hammelkeule nicht zu vergleichen.

Und das Manna? Vielleicht war es tatsächlich dieses weißliche, krümelige Zeug, was sich an kleinen Büschen auf dem Sinai absammeln lässt. So hat man es uns gezeigt. Nicht gerade zu vergleichen mit einem frischen Fladenbrot. Es mochte satt machen – aber das war wohl schon alles. Es kann durchaus sein, dass Menschen, die dem Ruf Gottes nachgehen, verzichten lernen. Es sollte uns  nicht zu sehr irritieren, wenn wir in die Beobachtung des Psalmbeters einstimmen können: „Dem Gottlosen geht es offenbar viel besser als mir!“

Ist das gut? Israel ging durch die öde und karge Wüste, weil Gott versprochen hatte: „Ich gebe Euch das eigene Land, wo alles im Überfluss da sein wird.“

Glauben heißt in der Bibel: wissen, dass das Beste noch vor uns liegt.

„Sammelt Euch keine Schätze hier auf der Erde!“ sagt Jesus. „Verwurzelt Euch nicht zu sehr in dieser Zeit. Sonst seid ihr nicht frei für das noch Bessere, das kommt.“

Es ist ein Zeichen geistlicher Reife, die Dinge dieser Welt nicht zu wichtig zu nehmen.

Gott lässt uns nicht verhungern. Ebenso wenig will er, dass wir an Überfluss ersticken.

2. Immer zur rechten Zeit

Das Manna lässt sich nicht aufheben oder horten. Jeder sammelte, was er meinte zu brauchen – und es reichte gerade so hin. Wollte einer Vorräte anlegen, verdarb es bis dahin.

Gerade Leute, die so einen Hang dazu haben, Dinge aufzubewahren, machen immer wieder die schmerzliche Erfahrung, dass man auch Sachen kaputt besitzen kann. Da hebt man etwas jahrelang auf, obwohl man es nie braucht – bis es bei einer Umräumaktion versehentlich zerbricht, oder, am falschen Platz gelagert verdorben ist. Christen leben mit leichtem Gepäck.

Die Speise der Wüste steht auch als Bild für Gottes Wort, das uns auf dem Lebensweg begleitet. Auch das will Tag für Tag neu gesammelt werden.

Wir stehen gerade als Glaubende immer in der Gefahr, uns aus dem heute wegzuschleichen. Entweder wir verlieren uns in den Erinnerungen an angeblich bessere Zeiten, als die Kirche noch voller war, als vollmächtiger gepredigt wurde, als ... was auch immer! Es reicht nicht, von Erfahrungen oder Gelerntem aus früheren Zeiten zu zehren.

Oder wir haben ein klares Bild von der Ewigkeit im Herzen, aber die Gegenwart interessiert uns nicht wirklich. „Es geht ja doch alles den Bach runter. Ein Engagement für Gerechtigkeit oder Frieden in der Welt? Lohnt sich ja doch nicht! Die Welt ist schlecht und nicht zu ändern

Es gibt eine fromme Weltflucht, die mit Glauben nichts zu tun hat. Gott hat uns einen Ort und eine Zeit gegeben, wo wir als Christen leben und uns zeigen sollen. Diesen Tag heute – hier in Raderthal. Es ist der einzige Tag, den wir jetzt gestalten können.

In der Bibel lesen, darüber nachdenken, es hören, das will jeden Tag neu geschehen.

Im Urlaub habe ich etwas über den Feigenbaum gelernt: Dort, wo wir waren, gab es Feigenbäume an jeder Ecke. Die feigen tragen über eine lange Zeit des Jahres Frückte. Sehr süß und saftig. Aber: es ist bei ihnen wie bei den Erdbeeren: es werden immer nur ein paar gleichzeitig reif. Man muss jeden Tag neu hingehen und ernten. Und Feigen sind wie Manna: man kann sie schlecht konservieren. Frisch schmecken sie am besten. So ist es mit der Bibel!

Ebenso ist es mit dem Gebet. Was früher gewesen ist, zählt bei Gott nicht. Er stellt uns heute vor sein Angesicht und wartet heute auf unsere Antwort. Im Vater unser beten wir: „Gib uns heute unser tägliches Brot!“ Die Ration für den einen Tag. Jesus hat so gelebt gebetet und gelehrt: „Sorgt Euch nicht um die Zukunft. Sorgt Euch um das Heute, um die Gegenwart.“

Amen!

Björn Heymer