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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Hebäer 12, 1 - 3, Palmsonntag 2002

Liebe Gemeinde !

Kennen Sie die Fabel vom Hasen und dem Igel, die einmal in einen Streit darüber gerieten, wer von beiden der schnellere sei.

Um das heraus zu bekommen, verabredeten sie ein Wettrennen. Natürlich legte der Hase einen Blitzstart hin und hatte seinen Gegner in kürzester Zeit weit hinter sich gelassen.

Jedoch – als er ans Ziel kam, da saß der Igel seelenruhig schon dort.

„Dann eben noch einmal!“ sagte der Hase verwirrt und verdoppelte seine Anstrengung. Trotzdem, als er ankam, da scholl es ihm wieder frech entgegen: „Ich bin schon da!“

Um jetzt noch groß nachzudenken, wie das möglich sein könne, war der Hase zu erschöpft. Also noch mal! Jetzt muss er es doch schaffen! Aber wie sehr er sich auch anstrengte – der Igel war schneller und zeigte trotzdem keine Spur von einer Anstrengung.

Wen von den beiden würden Sie als ein brauchbares Vorbild für das Leben als Christen sehen? Den Hasen, der sich ehrlich bemüht, der aber am Ende keuchend auf der Strecke bleibt – oder doch den Igel, der sein Weib ans Ziel gestellt hatte und so seelenruhig den anderen laufen lässt. Ihm wird so der Sieg gewissermaßen geschenkt.

Um ein Vorbild für unseren Glauben geht es heute morgen. Der Verfasser des Hebräerbriefes hat das Bild eines Wettlaufes vor Augen, als er seine Hörer ermutigen will, als Christen weiter zu machen, im Glauben den Mut sicht zu verlieren. Um das Wie des Laufens geht es dabei.

Ich lese noch einmal aus dem Hebräerbrief:

Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben,

lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt,

und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist,

und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens,

der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.

Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat,

damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

Es gibt Christen, die beschwert und von Sünden umstrickt durchs Leben gehen, die matt geworden sind und dabei sind, ihren Mut sinken zu lassen.

Und es gibt ein Leben im Glauben, das trotz Widerstände eine fröhliche Gelassenheit ausstrahlt – bei dem man ein Geheimnis vermutet, wie einer so leben kann.

Schon zu Zeiten der ersten Christen gab es nicht nur Glaubenshelden.

Das höre ich erst einmal. Der Brief antwortet ja auf konkrete Erfahrungen.

Gott hat durch alle Zeiten hindurch seine Gemeinde gebaut mit Menschen, die nicht besser waren als wir auch: ...beschwert und von Sünden umstrickt, matt geworden und kurz davor, den Mut sinken zu lassen – das klingt mir doch sehr vertraut aus einigen Gesprächen in der Gemeinde. Es ist schon wahr:

Wer immer den Weg des Glaubens geht, der kennt auch Zeiten, in denen er müde wird, am liebsten alles hinschmeißen möchte – sein Engagement in der Gemeinde, die Treue im Bibellesen und im Gebet, ja alles, was uns unterscheidet von denen, die Gott nicht kennen.

Wer auf dem Weg des Glaubens geht, der wird sensibel dafür, dass vieles im eigenen Leben nicht so ist, dass es Gott gefällt. Manchmal ist es zum Verzweifeln:

Je mehr man beten möchte, desto mehr Ablenkungen drängen sich auf.

Je großzügiger man teilen möchte, desto stärker werden die inneren Einsprüche und Bedenken, dass man doch vielleicht dabei zu kurz kommen könnte.

Das alte Wort Sünde in der Einzahl beschreibt nicht so sehr ein Tun von uns, sondern eine Macht, die nach uns greift, ja die uns in den Klauen hält, die uns umstrickt, wie es hier heißt. „Wenn das Ablegen doch so einfach wäre!“ – lautete ein Seufzer in einer Runde, als wir diesen Abschnitt besprachen.

Und das Andere – in der Nähe Gottes spüren Menschen immer wieder: da sind Dinge in meiner Vergangenheit, die schleppe ich mit wie einen durchnässten Wollpullover:

Da ist etwas, das gehört irgendwie zu mir, scheint auch zu mir zu passen, aber zugleich behindert es mich kolossal und bewirkt, dass es mit dem Glauben nicht so läuft – oder immer nur mühsam. Das sind Dinge, die in der Vergangenheit liegen:

- einer hat seinem Vater nie wirklich verziehen, was der ihm angetan oder auch gerade nicht getan hat, weil er es versäumt hat.

- jemand kennt Menschen, denen er nicht mehr begegnen möchte – vielleicht, weil man ein dunkles Geheimnis miteinander teilt, an das man nur mit Schmerz zurückdenken kann.

- andere tragen Angewohnheiten oder gar Süchte mit sich, die belasten, die sie dennoch festhalten – obwohl sie tief drinnen spüren: das tut weder mir selber gut, noch macht es mich gemeinschaftsfähig.

Diese Liste ließe sich fortsetzen. „Lasst uns ablegen alles, was uns beschwert“, sagt der Hebräerbrief. Niemand wundere sich, wenn sein Glaube kraftlos und leicht zu erschüttern ist, oder wenn er oder sie immer nur neidvoll auf die schaut, die scheinbar so unbeschwert durchs Leben gehen. Sowohl die Lasten der Vergangenheit, als auch die Versuchungen zur Sünde heute bremsen uns ständig aus.

Wer sein Leben im Glauben so erlebt wie der Hase, dem die Luft weggeblieben ist, für den ist dieser Abschnitt aus dem Hebräerbrief geschrieben.

Es geht um ein gutes Vorbild für den Glauben, hab ich vorhin gesagt.

Schau nicht auf Dich und deine kleine Kraft. Schau auf Jesus! – ruft uns der Verfasser zu.

Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens!

Wenn der Glaubensweg wie ein Wettkampf ist, dann dürfen wir wissen:

Als wir zum Glauben gefunden haben, da war Jesus der Motor. Er hat uns überhaupt erst auf die Bahn gebracht.

Und Er sorgt auch dafür, dass der Glaube bleibt.

In der Stunde des Abschieds von seinen Jüngern hat Jesus einmal dem Petrus etwas Entscheidendes zugesagt, als er davon sprach, dass auch für die Jünger eine Zeit schwerer Prüfung bevorsteht: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre!

Jesus betet ständig für uns. Er hat in uns den Glauben geweckt durch seinen Geist und Er sorgt dafür, dass unser Glaube nicht aufhört. Das heißt: auch am Ziel steht Jesus!

Und stehen heißt hier: auf ihm ruht unser Glaube – nicht auf unsere Leistung!

Das wäre dann den Glauben als Geschenk annehmen.

In den wenigen Versen entfaltet der Verfasser, wer Jesus ist und weshalb wir das von ihm – und von niemand sonst glauben dürfen:

Jesus ist aus freien Stücken als Mensch auf die Welt gekommen. Er hätte das nicht tun müssen. „... obwohl er hätte Freude haben können...“ ist Jesus stattdessen den Weg ans Kreuz gegangen. Wir denken heute an den Einzug Jesu in die Heilige Stadt. Jesus wusste, wer er war – und es war ja richtig und angemessen, dass die Masse der Pilger ihn als König bejubelten. Er war es ja! Eben hatte er auf dem Ölberg einen Toten auferweckt. Das galt als eines der drei Wunder, an denen man den Messias erkennen sollte.

Jesus hätte auf einer gewaltigen Welle der Zustimmung gewissermaßen surfen können.

Aber wohin wäre dieser Weg gegangen?

Stattdessen erduldete er das Kreuz. Denn Jesus wusste: Ohne das Kreuz gibt es keine Erlösung. Er nahm den Weg an, den Gott ihm bestimmt hatte. Er scheute sich vor dem Leiden wie jeder Mensch – und ging den schweren Weg trotzdem.

Wenn Er das schon tat – dann sollen auch wir das annehmen, was uns auferlegt wird.

Im vorangegangenen Kapitel hatte der Hebräerbrief eine ganze Reihe von Lebensschicksalen aufgeführt – Menschen, die von Gott berufen und getragen worden waren. Auch durch schwere Zeiten.

Vor zwei Wochen habe ich in anderem Zusammenhang gesagt: Es gibt kein Recht auf Leidensfreiheit. Das hat manche irritiert und es passt ja auch gar nicht in unsere Zeit und unser Lebensgefühl.

Gegen jeden Trend sagt der Hebräerbrief: Lasst gerade auch in der Krise den Glauben nicht los. Denn ihr seid getragen! Jesus, der selber den Tod erlitten hat, er trägt Euch durch.

Weil – und das ist die tiefste Begründung dieser Hoffnung:

Jesus ist nicht in der Todeskrise zerbrochen und untergegangen.

Er hat sich gesetzt zur Rechten Gottes des Vaters. Das bekennen wir in unserem Glaubensbekenntnis. Er sitzt zur Rechten Gottes. Das hat Stephanus in einer Vision gesehen, auch in der Krise seines Lebens, kurz bevor er starb. So wird es in der Apostelgeschichte erzählt.

Für den Hebräerbrief ist das ganz klar: Jesus ist ganz und gar wahrhaftig Gott! Er ist durch die Auferweckung Gott gleichgestellt. Deshalb dürfen wir zu ihm beten wie zu Gott.

Das können wir von dem Igel lernen – an ihm ist die Gelassenheit sympathisch, mit der er den Sieg annimmt, weil er nicht selber dafür rennen musste.

Für unser Ankommen bei Gott müssen wir uns auch nicht abstrampeln –

Jesus ist Anfänger und Vollender des Glaubens.

Das kann uns Gelassenheit schenken.

Gebe Gott, dass wir die Kraft, die wir für unsere Selbstrechtfertigung nicht brauchen, einsetzen zu seiner Ehre.

Gebe Gott, dass wir alles ablegen können, was unseren Lauf behindert.

Gebe Gott, dass wir Leiden und Schmach nicht scheuen, wenn Gott es uns auferlegt.

Amen!

Björn Heymer