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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Exodus 19, 5a, Bundeschluss III, Estomihi 2002

Liebe Gemeinde,

die älteste Bezeichnung für das Volk Gottes lautet: die Kinder Israels.

Und das waren sie auch, die von Mose aus der Sklaverei geführt worden waren:

die Kinder von Israel.

Israel ist zuerst nicht der Name eines Landes oder eines Volkes gewesen – nein.

Israel ist der neue Name, den Gott einem Mann gegeben hat, als er auf dem Weg nach Hause war und ihm Gott in den Weg trat.

Aus Jakob, dem Betrüger wurde Israel, der Stammvater von Gottes Volk.

Der Name ist eine Erinnerung an einen Neuanfang – geschenkt durch Gott.

Die Kinder Israels, das waren zuerst seine 12 Söhne – Josef und seine Brüder.

Und aus ihren Enkeln und Urenkeln war in Ägypten ein Volk entstanden – ein Volk von Sklaven, die sich nach Freiheit sehnten, aber aus eigener Kraft diese Freiheit nicht erlangen konnten. Wie Jakob einen neuen Namen bekam, so wurde aus der Schar seiner Nachkommenschaft, also aus einer Großfamilie ein Volk, das Volk Gottes.

Zweimal trat Gott in den Weg. Zweimal kam es zu Neuanfängen, aus denen sich eine Spur des Segens ergab.

In Israel hat sich die Erinnerung an diese besonderen Begegnungen auf dem Weg bewahrt.

Sie machen nicht das ganze Leben im Glauben aus, aber sie sind es wert, sich immer wieder daran zu erinnern.

Wir haben an den beiden vergangenen Sonntagen von der entscheidenden Begegnung gehört,

als Gott seinem Volk auf dem Sinai den Bund anbietet.

Zuerst, wie Er sich als Bundespartner vorstellt:

Gott ist Herr über die ganze Welt – er hat vollmächtig an Ägypten Gericht vollzogen

Gott ist der Schutz und Halt seines Volkes – wie ein Adler für seine Jungen

Gott ist der Garant einer guten Zukunft und damit Grund zur Hoffnung

Und dann haben wir von der besonderen Berufung gehört, die Gott in seinen Bund hineinlegt:

Volk des besonderen Eigentums Gottes zu sein

Ein Königreich von Priestern zu werden – also ein Herrschaftsbereich, in dem die das Sagen haben, die auf Gott hören und von ihm Weisung bekommen und drittens

Ein heiliges Volk zu sein – der Bereich in der Völkerwelt, auf den Gott seine Hand gelegt hat.

Gottes Selbstvorstellung war das Erste; sein Angebot war am vergangenen Sonntag Thema – heute geht es um die Aneignung.

Gott stellt seinen Bund nicht nur vor – er will, dass er geschlossen wird!

Ich lese aus 2. Mose 19 die Verse 4-6

Ihr habt gesehen, was ich mit den Ägyptern getan habe

und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln

und euch zu mir gebracht.

Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten,

so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein.

Wie wird ein Bund geschlossen?

Zwei Bedingungen sagt Gott dazu selber:

Wenn ihr meiner Stimme gehorchen werdet – das ist das Eine und

Wenn ihr meine Bund halten werdet – das ist das Andere.

1. Wie gehorchen wir der Stimme Gottes?

Dazu müsste man sie ja zuerst einmal hören. Und da geht das Problem schon los.

Wir hören so viel – unsere Welt ist laut, voller Geräusche und auch Stimmen.

Nur – Gottes Stimme hören?

Heute noch mehr als früher wird verständlich, warum Gott sein Volk in die Wüste geführt hat, um den Bund mit ihnen zu schließen. Wer das Vorrecht hatte, einmal selber in der Wüste gewesen zu sein, der weiß: Wüste ist ein Raum sehr gegensätzlicher Phänomene:

Es ist brennend heiß in der Wüste – oft auch sehr windig. Und man ist schutzlos in der Wüste. Keine Bäume, die Schatten spenden, kaum mal eine Mauer, die etwas Schutz gewährt.

Und wenn doch, dann muss man sich gerade da vor giftigen Schlangen hüten.

Wege, die einem Sicherheit und Ausweg versprechen sind selten und leicht verloren.

Wüste – das ist der Ort, wo fast alles fehlt, was wir gewöhnlich im Übermaß haben:

Gemeinschaft, Zerstreuung, Schutz und alles, was mit Genuss zu tun hat.

In die Wüste zu geraten, das ist das Bild für eine Krise:

In der man plötzlich allein dasteht; in der das Feuer der Kritik aus einen niederbrennt.

In der die Lebensmittel knapp sind und oft keine Orientierung möglich ist.

In die Wüste zu geraten, das bedeutet, seine Grenzen zu spüren.

Wie die Wüste kaum ein Lebensraum für die Dauer ist, so kann keiner die Krise als Dauerzustand ertragen.

Andererseits: in der Wüste, wo kaum etwas ist, was uns ablenkt, da haben Menschen die Stimme Gottes gehört. Buchstäblich wie hier am Sinai – und ebenso übertragen in Wüstenzeiten:

Wie viele haben gerade in schweren Lebenskrisen einen Zugang zum Glauben gefunden.

Weil sie auf einmal sich öffnen konnten – weil sie erkennen mussten, dass Vieles, woraus sie sich verlassen hatten, nicht mehr trug.

Krisen können Gotteserfahrungen enthalten –

Das Gegenteil aber auch: die Wüste ist nicht Gottes bevorzugtes Revier. In der Wüste sind ebenso die Dämonen zu Hause. Es wäre also fatal, zu glauben, in Krisen, wenn wir Glauben brauchen könnten, da stelle er sich auch – quasi automatisch - ein.

Um Gott zu hören müssen wir nicht auf Krisen warten – aber wir können uns in Wüstensituationen versetzen. Im Haus der Stille unserer Landeskirche wird angeboten, zu einem Wüstentag dort einzukehren. Ein Wüstentag, was könnte das sein?

Das ist ein Tag der inneren Einkehr, ohne festes Programm, ohne Handy und Terminkalender, auch ohne einen Stapel Bücher, die man schon lange gelesen haben müsste.

Ein Tag ohne – wie eben in der Wüste, wo auch so vieles nicht da ist.

Vielleicht mit einem geistlichen Begleiter, den man in einem Gespräch fragen kann – oder eben ganz allein – im Schweigen.

Um im Bund mit Gott zu leben brauchen wir so etwas wie Wüstenzeiten.

Im Vorbeigehen überhören wir Gott sicher.

Im Kleinen sind es Zeiten der Stille in der Unruhe der Woche oder des Tages:

Haben Sie einen Ort oder eine Zeit, wo Gott zu ihnen sprechen kann?

Von allein stellt sich das nicht ein – ja, wenn man es nicht sorgsam hütet, geht es selbst erfahrenen Christen schnell verloren. Die Folge: wir hören nicht mehr Gott, sondern meinen, schon zu wissen, was Gott wohl meint.

Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen – im deutschen Wort gehorchen steckt das andere Wort drin: „horchen“! Das meint: genau hinhören! Sich Zeit nehmen und sich gelegentlich vor Ablenkungen schützen.

Das ist das erste, was Gott auf unserer Seite erwartet, wenn wir in den Bund eintreten.

Es ist sozusagen die zukünftige Grundhaltung der Bundespartner.

2. und werdet ihr meinen Bund halten...

so lautet die andere Bedingung für den Bund, den Gott anbietet.

Anders als in einem Vertrag sind hier keine gleichberechtigten Partner. Gott als der Größere gewährt dem Volk Israel seinen Bund.

Er verpflichtet sich selber und bindet sich an sein Versprechen. Das geschieht ganz einseitig.

Wir brauchen keine Vorleistung; wir bringen als Partner nichts ein in den Bund.

Nur halten soll sein Volk den Bund – sonst fällt es heraus aus dem Bund.

Im Bild gesprochen ist der Bund so etwas wie ein Haus. Gott hat dieses Haus allein gebaut; er hat die Türen weit aufgemacht. Wir haben lebenslanges Wohnrecht in diesem Haus.

Nur: wenn wir draußen bleiben, haben wir nichts davon. Hineingehen in dieses Haus heißt: sein kleines Ja zu sagen – als Antwort auf das große Ja Gottes zu uns.

Es bleibt ein Geheimnis – wie das geschieht, dass ein Mensch dorthin kommt, einmal sein Ja zu Gott zu sagen und dass er so in den Bund mit Gott eintritt.

In der Zeit meiner Entscheidung lag etwas von einer Wüstensituation: vor dem Abitur wusste ich nicht recht weiter in meinem Leben – in der Wüste gibt es keine Wege. Freundschaften erwiesen sich als oberflächlich und hohl – man kann einsam werden in der Wüste.

Und ich hatte Durst – Durst nach Sinn für mein Leben.

Als ich dann Menschen traf, die mir von Jesus erzählten, wurde ich neugierig. Und als mir dann in einer Osterpredigt klar wurde, dass Gott sehr viel für mich getan hat, weil ich kleiner unbedeutender Abiturient ihm unendlich wertvoll bin, da hab ich gesagt: „Na gut, ich versuch´s einmal. Vielleicht ist ja was dran. Vielleicht hört tatsächlich jemand, wenn ich bete.“ Und ich hab´s ausprobiert. Ich bin gewissermaßen einem Trampelpfad in der Wüste gefolgt. Spuren anderer, noch ohne klare Wegweiser.

Danach ging es Schritt für Schritt weiter. Ich hab das Hören eingeübt, angefangen, in der Bibel zu lesen – immer mit der Frage: Gibt es eine Berührung zu den Erfahrungen meines Alltags? Ich hab das allein getan und in der Gemeinschaft mit Anderen.

So wurde aus einem Trampelpfad ein Weg und aus dem Weg ein Leben im Glauben.

Bei dir, Jesu, will ich bleiben, stets in deinem Dienste stehn;

nichts soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehn.

Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft,

wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft.

So haben wir es gerade gesungen. Darum geht es auch für uns:

Den Bund halten, das heißt: bei Jesus bleiben.

So wertvoll mir die Erinnerung an den Anfang meines Weges ist – es geht darum, wo ich heute stehe. Erwarte ich heute etwas von Gott. Horche ich genau hin?

Und halte ich an Gottes Bund fest? So wie ich einmal mein kleines Ja gesagt habe.

Wann habe ich es zuletzt erneuert?

Hören und Antworten – beides gehört dazu, im Bund mit Gott zu bleiben.

Amen!

Björn Heymer