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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Exodus 19, 5-6, Bundeschluss II, Sexagesimä 2002

Liebe Gemeinde,

Im 19. Kapitel des 2. Mosebuches geht es darum, dass Gott dem eben aus der Sklaverei befreiten Volk einen Neuanfang anbietet:

Vergesst nicht, was gewesen ist! und:

Stellt Euch heute auf etwas Neues ein!

Das sind die beiden Richtungen dieses Neuanfangs:

Vergesst nicht, was gewesen ist! Um den Blick zurück ging es vor einer Woche.

Gott erhebt den Anspruch, Herr der ganzen Welt zu sein – weit mehr als ein Stammesgott für das eine Volk, weit mehr als das Objekt privater Frömmigkeit.

Der Gott der Bibel ist Richter über die ganze Welt.

Er ist Führer und Beschützer seines Volkes (im wunderbaren Bild der Flügel des Adlers) und er ist Grund einer Hoffnung, die „über den Horizont blickt.“

Stellt Euch heute auf etwas Neues ein! – Das ist der zweite Teil des Angebots Gottes.

Ich lese aus 2. Mose 19 die Verse 5+6

Ihr sollt mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein.

Gottes Eigentum, ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk –

das ist die dreifache Berufung und zugleich das dreifache Versprechen Gottes an sein Volk.

1. Das Volk erfährt eine bevorzugte Behandlung

2. Es hat eine priesterliche Berufung und

3. Es hat eine einzigartige Bestimmung

Daran erkennt man das Volk Gottes, wenn es nach seinem Willen lebt.

Ihr sollt mein Eigentum sein vor allen Völkern

Der Bund, der damals vor gut 3000 Jahren auf dem Sinai geschlossen wurde, war die Einwilligung in eine Eigentumserklärung. Das Volk Israel – eins unter vielen, war von Gott ausgewählt worden und sagt nun Ja! dazu. Von dieser Zeit an galt die besondere Liebe und Fürsorge des Schöpfers aller Welten diesem einen kleinen Volk.

Diese Erwählung wird am eindringlichsten in einem Bild beschrieben:

„Wer Israel antastet, der tastet meinen Augapfel an, spricht Gott, der Herr.“ Sacharja 2,12

Die Geschichte Israels durch die Zeiten kann man historisch allein nicht erklären.

Anders als irgendein Volk der Welt war Israel immer umkämpft, angefeindet und bedroht. Und anders als alle Völker ist Israel nicht untergegangen im Mahlwerk der Geschichte.

Von Gottes Seite ist der Bund vom Sinai nie gekündigt worden und er gilt bis heute.

Das hat Auswirkung auf die Deutung der politischen Ereignisse bis in die Gegenwart.

Das Volk der Juden ist und bleibt Gottes erwähltes Volk.

Es heißt nicht, dass damit alles, was von Israel getan wird, damit gerechtfertigt wäre.

Das sicher nicht. Nur so viel ist sicher: Wer die Existenz dieses Volkes bekämpft oder bestreitet, der ist immer auf der Seite der Verlierer.

Sich grundsätzlich gegen Israel stellen heißt: sich gegen den lebendigen Gott stellen.

Allerdings ist das andere auch wahr:

diese Eigentumserklärung macht Israel nicht besser als andere Völker!

Solange Gottes Bund besteht, hat Israel den Weg Gottes immer wieder verlassen. Und solange der Bund besteht, hat Gott an seinem Volk immer auch Gericht vollzogen. Es begann damit, dass die Generation des Mose das versprochene Land nicht betreten durfte; Erst die in der Zeit der Wanderung Geborenen erlebten die Erfüllung von Gottes Landverheißung.

Und seither gab und gibt es immer wieder richtendes Eingreifen Gottes in die Geschichte seines Volkes. Gottes Erwählung ist keine Auszeichnung, auch kein Vorrecht oder gar Freibrief. Vielmehr verpflichtet Gott sein Volk in besonderer Weise auf sein Recht. Vielfach wurde in Israel die Erwählung daher eher als Last denn als Auszeichnung empfunden.

Aber dennoch hält Gott immer an seinem Bund fest.

Durch alle Gerichte hindurch ging die Bundesgeschichte weiter.

Sein Volk wird nicht untergehen, solange diese Welt besteht.

Und wir? Die Kirche aus den Heiden? Die wir bis heute sind?

Wir haben Israel nicht beerbt oder in der Gunst Gottes abgelöst!

Die Kirche ist nie das bessere, das neue Volk Gottes gewesen.

Diese überhebliche Sicht hat zwar über lange Jahrhunderte das christliche Wunschdenken erfüllt, sie ist aber ebenso unbiblisch wie gefährlich. Wer sich von Israel loslöst und meint, eine eigene Geschichte mit Gott zu haben, der schneidet sich von seinen geistlichen Wurzeln ab. Paulus hat hier das Bild vom Einpfropfen eines Zweiges in einen Baum gebraucht – nur dass bei ihm das Bild paradox erscheint: in einen edlen Ölbaum wird mit der Kirche aus den Heiden ein wilder Trieb eingepflanzt. Kein Gärtner würde so etwas tun.

Bescheidenheit und Demut gegenüber Israel, dem älteren Bruder im Bund, das ist die uns angemessene Haltung . Das Volk des Eigentums erfährt eine bevorzugte Behandlung.

Dabei bleibt es aber nicht. Zu dieser Behandlung kommt eine priesterliche Berufung:

2. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern sein.

Was ist ein Priester? Priester ist im Denken der Bibel einer, der ein besonderes Vorrecht und daraus abgeleitet eine besondere Aufgabe hat:

Das Vorrecht: die Priester sind die, die sich Gott nahen dürfen, die Zutritt haben zum Haus Gottes. Im Jerusalemer Tempel war der innerste Vorhof rund um das Allerheiligste der Vorhof der Priester. Nur, wer zu dieser Gruppe gehörte, durfte ihn betreten.

Die Aufgabe des Priesters ist es, ein Mittler zu sein zwischen der Welt Gottes und unserer Welt. Der Priester ist ein Hörender und ein Bote – hin und her.

Heute sehe ich den priesterlichen Dienst verwirklicht im Dienst des Gebets für Andere.

Paulus weiß um die besondere Gnadengabe des Gebets. Es gibt Menschen, die haben diese besondere Gabe des Gebets: Sie beten nicht nur für die eigenen Anliegen und Wünsche, sondern ihr Beten ist ein Dienst an der Gemeinde und Gesellschaft.

Und das ist ein priesterlicher Dienst!

Gott hebt ihren Dienst heraus vor allen anderen.

ein Königreich von Priestern – das heißt nicht: alle im Volk sind zu Priestern berufen.

Sondern eher: die Priester sollen entscheiden, wo der Weg lang geht.

Sie sollen die Funktion des Königs haben, also die politischen Führer sein.

Einen weltlichen König wollte Gott nie haben. Die Leute, die in Gottes Nähe leben, die auf ihn hören und seine Weisung weitergeben, die sollen regieren.

ein Königreich von Priestern – für uns als Gemeinde übersetze ich das so:

Die Gemeinde soll ein Bereich sein, in dem die Beter sagen, wo es lang gehen soll.

Und schließlich die einzigartige Bestimmung:

3. Ihr sollt ein heiliges Volk sein

Was ist heilig? Wir denken, Heilige seien besonders gute und vorbildliche Menschen – weil wir geprägt sind von der irreführenden Verehrung besonders herausgehobener Menschen als Heilige, wie es in der römischen Kirche üblich ist.

Heilig sein? Das wäre demnach jedenfalls nichts, was uns betrifft.

In der Bibel ist heilig kein Leistungsprädikat! Keine Goldmedaille für besondere Tapferkeit.

Zuerst einmal ist zu sagen: Heilig ist Gott selber. Ganz anders als alles in dieser Welt.

Und dann: Heilig ist das, auf das Gott seine Hand gelegt hat.

Als das Volk nach seiner Flucht aus Ägypten an den Berg Gottes kommt, da erklärt Gott das Volk zuerst einmal für heilig. Das ist eine Vorgabe, nicht eine Belohnung für Leistung!

In Vers 14 hören wir: „Mose stieg vom Berg zum Volk herab und heiligte sie.“

Mose verkündete, was Gott dem Volk als Berufung zuspricht:

„Ihr seid ab jetzt anders als alle anderen Völker. An und durch Euch soll mein Segen aufleuchten. Ihr seid Gesegnete und seid berufen, meinen Segen weiterzugeben.“

Gott gibt das Entscheidende vor, ohne dass ein Mensch es sich verdient hätte!

Und dann – so heißt es in Vers 14 weiter: „... und sie wuschen ihre Kleider.“

Wer für heilig erklärt ist, der reagiert, indem er sich reinigt.

Es gehört zum Urwissen der Menschheit, dass jeder, der sich Gott nähert, sich zu reinigen hat. Alles, was von Gott trennen könnte, soll vorher abgelegt und abgewaschen sein.

Hier wird dieser Schritt nicht ausgelassen, aber er kommt hinterher.

Erst nähert sich Gott seinem Volk, erst erklärt er: Du darfst so kommen, wie du bist, und dann, dann reinigt sich das Volk.

Die kultische Reinigung brauchen wir nicht mit Wasser zu vollziehen.

Das steckt gewissermaßen im Symbolgehalt der Taufe mit drin.

Aber die Vergebung aller aktuellen Schuld, das sucht der, der sich unvermittelt in Gottes Nähe findet.

Vorhin im Evangelium haben wir gehört, dass Jesus die Frage der kultischen Reinigung tiefer gedeutet und ausgelegt hat: Nicht eine äußerliche Reinigung ist gemeint, sondern die klare Absage an alle Lebenspraxis, zu der Gott sein Nein sagt: (Matthäus 15, 18-20)

Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen.

Das klingt wie eine freie Zusammenfassung der zehn Gebote. Sie sind nach Paulus und Martin Luther so etwas wie ein Spiegel, der uns zeigt, was uns von Gott trennt.

Das Abendmahl ist das Fest der Erneuerung des Bundes mit Gott. Wer am Mahl teilnimmt, den erklärt Gott heute für heilig. Deshalb gehört zur inneren Vorbereitung auf dieses Mahl das Bekenntnis zu unserer Schuld. In einem Moment der Stille können wir uns jetzt darauf vorbereiten, die Erneuerung des Bundes mit Gott zu feiern.

Amen!

Björn Heymer