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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Exodus 19, 3-6 Septuagesimä 2002

Liebe Gemeinde,

wo immer Menschen in Beziehung zueinander leben, auf die sie sich verlassen, da braucht es hin und wieder Neuanfänge - auch wenn man schon eine Weile unterwegs ist.

Sozusagen ein neues Versprechen, dass man weiterhin zusammen bleiben will.

Eine Verlobung ist so etwas oder auch die Heirat nach einer Zeit der Freundschaft.

Das sind Momente, in denen Beziehungen vertieft oder erneuert werden:

Ähnliches gibt es auf dem Weg des Glaubens: eine Tauferinnerung, die Konfirmation oder eine andere Form des Neuanfangs – auf dem Weg mit Gott.

Gott hat seinem Volk immer wieder solche Neuanfänge angeboten. Bei Gott waren und sind das Bundesschlüsse.

Der Bund, von dem uns am ausführlichsten in der Bibel erzählt wird, ist der Bund, den Gott mit seinem Volk am Berg Sinai geschlossen hat.

Wir haben gerade aus dem zweiten Buch Mose davon gehört, wie Mose mit dem Volk dort ankam, wo alles begann: Auf diesem Berg hatte Gott den Mose gerufen. Hier hatte er seinen Auftrag aus dem brennenden Dornbusch gehört:

„Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen. Gehe Du hin und führe mein Volk in die Freiheit.“ Nach Monaten war er nun wieder hier – mit dem Volk, dessen neue Freiheit wohl noch immer kaum einer fassen konnte.

Da lagerten sie nun – mit Sack und Pack sozusagen. Und nun?

Nun bietet Gott seinem Volk einen Bund an. Und das geht so:

1. Gott stellt sich selber vor.

2. Dann legt er dem Volk ein Angebot vor.

3. Und schließlich erwartet er eine Antwort.

Ich lese die entscheidenden Verse noch einmal vor:

Und Mose stieg hinauf zu Gott.

Und der HERR rief ihm vom Berge zu und sprach:

„So sollst du sagen zu dem Hause Jakob und den Israeliten verkündigen:

Ihr habt gesehen, was ich mit den Ägyptern getan habe

und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln

und euch zu mir gebracht.

Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten,

so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern

und ein heiliges Volk sein.

Das sind die Worte, die du den Israeliten sagen sollst.“

Wir wollen im Februar in einer Bibelwoche an vier Abenden zentrale Abschnitte aus dem zweiten Mosebuch miteinander lesen. Bis dahin werde ich in einer kleinen Predigtreihe zu den drei Schritten dieses Bundesschlusses etwas sagen.

Zuerst stellt Gott sich vor; er sagt, was er schon getan hat. Darum soll es heute morgen gehen.

Am nächsten Sonntag geht es um die Berufung des Volkes

Und schließlich in zwei Wochen um den eigentlichen Bundesschluss.

Also heute eine Selbstvorstellung Gottes:

Drei Dinge hat er an Israel getan:

Ihr habt gesehen, was ich mit den Ägyptern getan habe

Ihr habt erlebt, wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln

und ihr habt erlebt, wie ich euch zu mir gebracht habe.

1. Ihr habt gesehen, was ich mit den Ägyptern getan habe

Wir denken hierbei sofort daran, dass Gott sein Volk befreit hat. Doch halt!

Mit diesem Satz sagt Gott etwas über sich, unabhängig von seinem Volk.

Er hat durch die Plagen, durch das Töten der Erstgeborenen an Ägypten sein Gericht vollzogen. Gott ist nicht nur der Barmherzige, der die Hilferufe seines Volkes gehört und erhört hat. Er ist auch der eifernde Gott, dessen Zorn über den Götzendienst in Ägypten entbrannt ist. Für Israel bedeutet das:

Gott sagt: Ich bin nicht allein euer Stammesgott! Ich habe den Götzendienst der Ägypter gesehen und bestraft. Dass Leiden, Naturkatastrophen, Krankheiten und rätselhaftes Sterben aktives, strafendes Handeln Gottes sind, ist uns sehr fremd. Es ist auch schwierig, solche schrecklichen Ereignisse von uns aus als Gericht Gottes zu identifizieren. Hier tut es Gott selber – und das ist etwas anderes.

Wir sind so sehr an den Gedanken gewöhnt, dass Glaube Privatangelegenheit ist, dass wir Gott tatsächlich sehen und behandeln wie einen Familiengötzen. Als wenn er nur zuständig wäre für die, die sich das aussuchen.

Gott stellt mit diesem Hinweis auf das Schicksal der Ägypter gleich zu Anfang ganz klar:

Er ist Richter und Herr über alle Welt – nicht nur für die jüdisch-christliche Welt, sondern Gott wird auch über den Islam urteilen wie über alle anderen großen und kleinen Religionen dieser Welt.

Es gab und gibt keinen Bereich, wo andere Götter zuständig wären, wo andere Gesetze gelten würden.

Wer mit diesem Gott den Bund eingeht, der lässt sich auf einen Totalanspruch Gottes ein.

Dieser Totalanspruch hat eine Außendimension und eine Innendimension: Nach außen bedeutet das: vor Gott werden einmal alle Menschen erscheinen. Deshalb ist das Bezeugen des Evangeliums an alle Menschen, in allen Ländern zwar vielleicht unmodern und nach wie vor umstritten, von Gott aber geboten. Es ist mir von daher unverständlich, weshalb die großen Kirchen, leider auch unsere Rheinische eine Aktion wie das Buchangebot „Kraft zum Leben“ diffamieren. Inhaltlich und auch von der unaufdringlichen Art der Verteilung her kann ich diese Aktion nur gutheißen und bete, dass viele Menschen sich dadurch einladen lassen.

Der Totalanspruch Gottes hat aber auch eine Innendimension für sein Volk:

Ebenso wie Gott über alle Völker richten wird, wird er auch über alle Lebensbereiche richten. Es geht bei Gott nicht, auf der einen Seite aus der Gnade zu leben, aber andererseits Hobbies zu pflegen, die dem eigenen oder dem Glauben anderer schaden – oder unkritisch alles zu lesen, was interessant ist – vom Fernsehkonsum mal ganz zu schweigen.

An den Büchern kann man es ganz gut verdeutlichen: In jedem Buch ist die allererste Seite ein unbedrucktes Blatt – das ist aus Buchbindetechnischen Gründen so. Nehmen wir doch bei jedem Buch, das wir in die Hand nehmen, diese Seite als eine Erinnerung, an Gott zu denken und ihn zu bitten, dass uns diese Lektüre gut tut. Und wenn wir schon wissen, dass Gott dieses Gebet gar nicht erhören kann, weil wir es nicht wirklich wollen, dann sollten wir das Buch gleich wieder zuklappen und weglegen.

Gott will nicht, dass es Lebensbereiche bei uns gibt, in die wir ihn nicht reinreden lassen.

Er wird darüber ebenso urteilen wie er über Ägypten geurteilt hat, was nicht sein Volk war!

Vor 67 Jahren haben Leiter der evangelischen Kirche in Wuppertal Barmen folgenden Satz als Glaubensgrundlage formuliert:

Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären, Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürften. 2. These von Barmen

Ich komme zur zweiten Selbstvorstellung Gottes.

Wie eine positives Entsprechung folgt der nächste Satz:

Ihr habt erlebt, wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln

Was für ein wunderbares Bild: getragen auf den Flügeln des Adlers. Gott hat sein Volk buchstäblich beschützt auf jedem Schritt des Weges. Als es am Ufer des Meeres keinen Ausweg mehr zu geben schien, da ließ Gott einen starken Wind wehen, der den Weg freimachte. Wer einmal einen Adler im Flug beobachten konnte, der spürt die Kraft dieses Bildes. Unbeeindruckt von den Beschwernissen unten auf der Erde, scheinbar mühelos getragen von den Kräften der Aufwinde geht es ohne Grenzen und Schranken dahin.

Es ist das Bild der großen Freiheit, die Gott dem schenkt, der sich auf ihn einlässt.

Gottes Geist wird im Bild des Windes beschrieben – selber unsichtbar, aber doch mächtig und stark. Und durchaus in der Lage, jemanden weit zu tragen, der sich tragen lässt.

Seht zurück! ruft Gott seinem Volk zu. Wie oft habe ich Wege geebnet, neue Kraft gegeben, Euch beschützt, meistens ohne dass ihr es überhaupt gemerkt habt.

Es unterscheidet Christen von Heiden, wie sie auf das schauen, was zurück liegt. Auch das, was äußerlich ganz ähnlich wirkt, ist für den Christen etwas anderes als für den Heiden. Wo der nur von Zufall spricht, geben Christen Gott die Ehre und danken für sein Weggeleit.

Von Zufall zu reden, das ist nichts anderes als Gottvergessenheit!

Gott trägt sein Volk sicher wie auf den Flügeln des Adlers.

Wohin? Das ist der dritte Teil der Selbstvorstellung Gottes:

und ihr habt erlebt, wie ich euch zu mir gebracht habe.

Gott gibt unserem Leben Ziele und Zukunft! Wer zu ihm gehört, der ist davon befreit, ziellos durchs Leben zu irren.

Das Volk hatte auf seinem Weg durch die Wüste tagsüber eine Wolkensäule vor sich gesehen und nachts den Schein eines Feuers. Beides zeigte an: Es kommt noch was!

Etwas, wofür es sich lohnte, all das zurückzulassen, was man nicht tragen konnte.

Etwas, wofür es sich lohnte, alle Mühen des Weges auf sich zu nehmen.

Glaube an den Gott der Bibel hat es immer auch mit Hoffnung zu tun.

Damit, dass noch etwas großes kommt.

Die Israeliten waren angekommen – noch nicht im versprochenen eigenen Land.

Sondern an der Stelle, wo Gott zu Mose geredet hatte.

Am Berg Gottes. Das Besondere war nun nicht der Ort in der Wüste.

Das Besondere war: hier schickte sich Gott an, selber zu sprechen.

Gott, von dem sie bis dahin nur von Mose gehört hatten.

Das gehört zur Selbstvorstellung Gottes dazu:

Er gibt seinem Volk die Hoffnung auf eine Begegnung mit ihm selbst. Von Angesicht zu Angesicht. Das durfte erst mal nur Mose. Aber als Versprechen gilt es für alle, die in den Bund mit Gott eintreten.

Es gibt die Geschichte von einem Missionar und Bibelübersetzer, der auf Papua-Neuguinea die Bibel übersetzte. Dabei fand er in der Sprache der Eingeborenen kein passendes Wort für Hoffnung. Er suchte lange danach, aber erst ein Erlebnis brachte ihn auf die Spur:

Seine Frau brachte ein Kind zur Welt, dass kurz nach der Geburt starb. Als er es begrub, schaute ein Papua-Junge zu und sagte: „Ich sehe dich gar nicht weinen.“ Darauf der Vater: „Ich weine nicht, weil ich glaube, dass wir uns wiedersehen werden. Unser Kind ist bei Gott.“ Darauf sagte der Junge: „Ja, davon habe ich gehört. Ihr Christen schaut über den Horizont hinaus.“ „Über den Horizont hinausschauen...Ja, jetzt wusste der Missionar, wie er das Wort Hoffnung übersetzen sollte.

Israel hatte sich an einem Ort eingefunden. Aber es gibt keine Hinweise darauf, dass man später in Israel irgendeinen Ort als heiligen Berg Gottes verehrt hätte.

Gott sagt ja bewusst nicht: Ich habe Euch an diesen Ort gebracht.

Sondern: Ich habe Euch zu mir gebracht.

Gott ist nicht an einen Ort gebunden. Das Ziel aller Wege des Glaubens ist deshalb auch nicht irgendein Ort, den wir beschreiben könnten.

Es ist der Blick über den Horizont: Wir werden bei Gott sein allezeit.

Weil Gott sagt: Ich bringe Euch zu mir!

Amen!

Björn Heymer