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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)
Predigt zu Jesaja 42, 1-4, 1. Sonntag nach Epiphanias 2002

Liebe Gemeinde !

in der ersten Szene des Films „Schindlers Liste“, der dann vom Auslöschen jüdischen Lebens und jüdischer Kultur in Deutschland erzählt, wird eine Kerze ausgeblasen.

Das Licht verlöscht, der Docht glimmt noch etwas, eine Rauchfahne steigt auf, Dunkelheit breitet sich aus.

Das einfache Ausblasen einer Kerze ist ein Akt tiefer Symbolik:

Leben wird ausgelöscht, Hoffnungen sterben, die Nacht der Trauer und der Verzweiflung breitet sich aus.

Und dieses einfache und uralte Bild finden wir im Buch des Prophten Jesaja.

Gott selber spricht dort vorab über seinen Sohn.

Ich lese aus dem Propheten Jesaja im 42. Kapitel:

Siehe, das ist mein Knecht - ich halte ihn –

 und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat.

Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen. Er wird nicht schreien noch rufen,

und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,

 und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

In Treue trägt er das Recht hinaus.

Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen,

bis er auf Erden das Recht aufrichte;

und die Inseln warten auf seine Weisung.

In vier Schritten gehen wir dieser Ankündigung des Propheten nach:

1. Gott beruft Einzelne

2. Gott begabt, wen er erwählt

3. Gott beauftragt seine Erwählten

4. Gott sorgt für seine Erwählten

In allen vier Schritten geht es heute darum, zu erkennen, dass an Jesus beispielhaft etwas deutlich wird, wie Gott bis heute Menschen beruft, begabt, beauftragt und versorgt.

1. Gott beruft Einzelne

„Seht her,“ ruft Gott aus, „seht her, diesen hier hab ich mir ausgesucht!“

Wir haben gerade das Evangelium von der Taufe Jesu gehört. Jesus war schon ein erwachsener Mann. Er hatte in seinem Leben schon etwas geleistet, er hatte jahrelang die Verantwortung für seine Großfamilie getragen, da trifft ihn diese Berufung mitten im Leben.

Wir kommen vom Weihnachtsfest her – wir haben gefeiert: Jesus, der Sohn Gottes ist geboren. Ja, Jesus war Gottes besonderes Kind. Und doch erzählen die Evangelien dann von dieser besonderen Berufung dieses Menschen Jesus bei seiner Taufe.

Weihnachten ist das Fest der Vielen. Dass wir von Gott gewollt, geliebt und angenommen sind, das haben wir gerne wieder gefeiert. Da machen auch immer noch viele mit. Es tut gut, das immer mal wieder zu hören – ob man was draus macht oder nicht.

Von Gott persönlich zu einem Dienst ausgesucht zu werden, einen ganz eigenen Ruf zu vernehmen, das betrifft immer Einzelne. Berufung ist nie etwas für die Masse gewesen. Durchgängig weiß die Bibel davon, dass immer wieder einzelne Menschen solch einen Ruf gehört haben, und ihm gefolgt sind. Auch und vor allem Jesus.

An ihm wird es besonders deutlich, dass es noch ein Unterschied ist zwischen Gotteskindschaft und Berufung: Jesus hätte als Gottes Sohn sicher ein Gott gefälliges, ruhiges und unauffälliges Leben geführt, wenn er nicht eines Tages diesem Ruf begegnet wäre. Wie dieser Ruf geschieht? In der Begegnung mit einem Anderen, der auch den Ruf vernommen hatte. Johannes, der Täufer. Der nannte sich geradezu der Rufer!

Und durch ihn hat Gott Jesus berufen. Wie bei Jesaja angekündigt war dies einerseits der Start für den gerufenen selbst und gleichzeitig die öffentliche Beglaubigung durch Gott.

„Seht her! Das ist er! Auf ihn sollt ihr hören!“

Eine einzigartige Berufung und doch auch Vorbild. Seither haben immer wieder Menschen den Ruf in die Nachfolge gehört und sind ihm gefolgt.

2. Gott begabt, wen er beruft

Ich habe ihm meinen Geist gegeben“

An diesen Sätzen des Propheten Jesaja, gesprochen 500 Jahre vor Jesus – wird deutlich, was prophetisches Reden ist. Jesaja kündigt seinen Leuten an: „Einmal wird Gott einen schicken.

Der wird vom Geist Gottes erfüllt sein!“ Und dann – in der Taufe Jesu geschieht genau das:

Jesus hört den Ruf der Erwählung: „Du bist mein lieber Sohn!“ und der Geist Gottes fährt herab auf Jesus – in Gestalt einer Taube für alle sichtbar.

Aber damit endet die Sache nicht, sondern beginnt erst. Jesus verheißt denselben Geist seinen Jüngern und zu Pfingsten erleben sie diese Geistbegabung auch.

Prophetie ist nicht Vorhersage, bei der man innerlich abhaken könnte, was schon erfüllt ist. Wenn es so wäre, könnten wir weite Teile der Bibel zu den Akten legen – auch Jesaja 42!

Gottes Geist bewegt bis heute Menschen, die Gott in den Dienst nimmt.

Wie erkennen wir, was heute Gottes Geist bewirkt und was nicht?

Ein sprechendes Bild dafür haben wir hier in der Kirche: Philippus empfängt durch einen Engel den Auftrag, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Das ist nichts anderes als Leitung durch Gottes Geist! Wo wir das erfahren haben: wir sind am richtigen Ort, uns begegnen Menschen, und wir haben den Eindruck, diese Begegnung ist gesegnet, uns fallen richtige, hilfreiche Worte ein. All das können Erweise des Geistes Gottes sein.

3. Gott beauftragt seinen Erwählten

„Er wird nicht schreien noch rufen,

und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,

 und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

In Treue trägt er das Recht hinaus.“

Vier Abgrenzungen und ein Auftrag. Da muss man schon genau hinhören, was denn nun der Auftrag des Gottesknechtes ist:

„Er wird in Treue das Recht hinaustragen“ Dieser eine Auftrag wird direkt vorher und hinterher fast wortgleich wiederholt: „Er wird das Recht unter die Heiden bringen.“ Und: „ er wird auf Erden das Recht aufrichten“. Es geht um Gottes Recht für alle Menschen!

Bei dem glimmenden Docht, der trotzdem nicht erlöschen soll und bei dem geknickten Rohr, dass nicht ganz abgebrochen wird, denken wir sicher unwillkürlich an eine Trostbotschaft:

Gott hat Geduld mit Menschen, selbst wenn Andere sie schon aufgeben würden.

Ist nicht Jesus tatsächlich gerade so mit Menschen umgegangen?

Er hat doch die zu Recht verurteilte Frau frei gesprochen.

Er hat doch die isolierten Kranken berührt, geküsst und gesund gemacht.

So ist uns Jesus vertraut – und von diesen Erzählungen her verstehen wir schnell auch dieses Prophetenwort. Doch halt!

Jesaja hat die beiden Bilder vom Schilfrohr und dem Docht der Lampe nicht zufällig gewählt!

Das abgeknickte Schilfrohr ist das Schreibzeug des Schreibers. Und die Lampe ist das Licht in der Schreibstube, in der bis tief in die Nacht hinein gearbeitet wird.

In diesem Bild geht es nicht um das Aufbewahren eigentlich schon kaputter Sachen!

Jesaja zeichnet vielmehr das Bild von der Schreibstube, in der unermüdlich, Tag und Nacht daran gearbeitet wird, das Recht, die Weisung Gottes abzuschreiben und damit zu erhalten.

Der Auftrag des hier Berufenen ist es, alles dafür zu tun, dass Gottes Willen, seine Weisung nicht vergessen wird, sondern bekannt wird und getan wird.

Auch das erfüllt sich in Jesus auf einzigartige Weise. In ihm lässt Gott nicht fünf gerade sein!

Er drückt nicht ein Auge zu, wenn wir sein Recht verletzen.

Wer so von Gottes Gnade redet oder denkt, der lästert Gott, der hat den Auftrag Christi nicht verstanden in seiner ganzen Tiefe:

Jesus löst nicht das Gesetz auf, er erfüllt es bis zum letzten I-Punkt.

Für uns bedeutet das, dass wir niemals die Thora, die ganze Weisung Gottes vernachlässigen – innerlich in den Schrank stellen und für unwesentlich erklären dürfen!

Jesus hat seine Bibel so sehr geliebt, dass er sein Leben dafür geopfert hat, sie zu erfüllen.

Wenn das Recht Gottes, die hebräische Bibel, die uns mit Israel verbindet, der zentrale Auftrag Jesu war, dann muss das unser Verhältnis zum sog. Alten Testament bestimmen und auch zu Israel und seiner Theologie.

Schließlich 4. Gott sorgt für seine Erwählten

Noch einmal wird deutlich, dass Prophetenworte ihre Bedeutung immer auf mehreren Ebenen gleichzeitig entfalten: Denn das, was uns beim glimmenden Docht und bei dem geknickten Rohr zuerst einfällt, ist ja nicht falsch. Ebenso wie der Sohn Gottes im Bild gesprochen sorgsam für die Schreibausrüstung sorgt, genauso sorgt Gott für ihn!

Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen,

bis er auf Erden das Recht aufrichte;

Jesus ist am Kreuz auf Golgatha zum geknickten Rohr geworden – man hat buchstäblich sein Leben ausgelöscht. Und an ihm hat Gott seine Verheißung wahr gemacht.

Erfüllt hat sich das Wort des Jesaja, als Gott seinen Sohn aus dem Tod in seine Herrlichkeit geholt hat. Die Auferweckung von den Toten – das steht hinter diesem Bild.

Gott hat dem Tod, dem großen Verneiner und Vernichter des Lebens, die Macht genommen.

Er selber ist die stärkere Macht. Das ist ein Hoffnungssatz, dessen Erfüllung wir immer wieder noch erwarten. Wir stehen allzu oft vor der Wirklichkeit der dunklen Macht.

Paulus hat recht, wenn er sagt:

Ein Glaube ohne die Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten ist leer und sinnlos.

Ohne diese Hoffnung würde es sich nicht lohnen, würde ein Hören und Eingehen auf den Ruf Gottes ein einziger Fehler sein.

Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erster von denen, die im Vertrauen auf Gott starben. – ruft Paulus gewissermaßen aus.

Der Filme Schindler´s Liste endet damit, dass wieder eine Kerze angezündet wird. Dann treten Hunderte von Menschen auf – Nachkommen jener Geretteten, die das Grauen überlebt hatten.

Bei allem Leid, bei aller Not und Verzweiflung: Es hat ein Überleben gegeben! Die Hoffnung ist nicht gestorben.

Diese Hoffnung können wir nicht machen, wir haben sie nicht mal in der Hand zum Weitergeben. Wir empfangen sie immer wieder als ein Geschenk, weil Gott zu seinem Wort steht. Wer so beschenkt ist, der hat von Gott noch einen zweiten Auftrag:

Botschafter der Hoffnung zu sein und Tröster derer, die verzweifeln.

Sein Geist wird uns zu denen hinführen, die diesen Trost ebenso brauchen wie die Weisung Gottes.

Amen!

Björn Heymer