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Heiligabend 2001 - Predigt zu Johannes 1, 4+5

Liebe Gemeinde,

wonach fragen Menschen in diesen besonderen Stunden des Heiligen Abends 2001?
Nach Frieden! Gerade weil in Bethlehem und im ganzen Heiligen Land ein Krieg tobt!
Und nicht nur dort. Eine ganze Weltmacht wünscht sich unter dem Baum nichts sehnlicher als den Kopf von Osama bin Laden! Die Nachrichten von Terror, von Hunger und Leid reißen nicht ab. Weihnachten 2001 ist kein Fest im Frieden. Umso sehnlicher ist der Wunsch.
Der 11. September hat eins erschreckend deutlich gemacht: nämlich, wie gefährdet unsere Welt ist. Wir haben in diesem Jahr 2001 eine neue Qualität des Schreckens kennen gelernt.
Kann Weihnachten als Fest des Friedens noch glaubwürdig sein?
Viele suchen gerade in der Unsicherheit nach Hoffnung - Hoffnung, die mehr ist als der Satz:
"Hoffentlich trifft es mich nicht!"
Oder müssten wir nach dem 11. September endlich hinnehmen, dass die Welt eben böse und gefährlich ist? Ist die größte erlaubte Hoffnung die, dass es uns selber erst spät oder gar nicht trifft? Das wäre die egoistische Privatisierung von Hoffnung.
Das Weihnachtsfest gibt auf die Fragen nach Frieden und Hoffnung eine gewagte und deutliche Antwort: Wir feiern dieses Fest gerade in der dunkelsten Zeit des Jahres.
Wenn es am kältesten ist, wenn die Nächte am längsten dauern, dann entzünden wir die Kerzen, dann singen wir Lieder vom Licht, dass in die Dunkelheit scheint.
Dieses Licht von der Geburt des Gottessohnes gehört geradezu in die Dunkelheit.
Johannes schreibt anstatt einer Weihnachtsgeschichte zu Beginn seines Evangeliums:
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.

Weihnachten, die Wirklichkeit Gottes inmitten dieser Welt, hat es immer auch mit Finsternis zu tun. Die Dunkelheit damals um Bethlehem war nicht weniger bedrohlich und machte das Leben nicht weniger unsicher als unser Leben heute angesichts der Bedrohungen durch Terror und Krieg, durch Hunger oder heimtückische Krankheiten.
Weihnachten ist unlösbar verbunden mit dem Bild vom Licht, das in die Dunkelheit hinein scheint.
Die Geburt des Heilands wurde nie anders verstanden als das Hineinkommen Gottes gerade in die dunkelsten Bereiche der Welt.
Und wenn ich mich umhöre, dann wird es bedrängend deutlich, wie viel und wie vielfältig die Finsternis sein kann:
Einer hat die unfreiwillige Trennung von einem geliebten Menschen überhaupt noch nicht angenommen - sei es, weil eine Beziehung zerbrach, oder weil der Partner oder ein Kind starb. Andere suchen seit Jahren eine Form, mit Belastungen aus ihrer Vergangenheit zu leben - da steigen Ängste hoch, oder man hasst sich selber für Verhaltensmuster, die man doch nicht loswird.
Ich weiß von Leuten, die tragen die Wunde des Ungeliebt - Seins an sich. Vielleicht schon von Kindheit an, oder aktuell, weil da niemand ist, der sich wirklich für einen interessiert.
Ein Paar ringt mit dem schon lange unerfüllten Kinderwunsch.
Alte finden nicht zum Frieden mit sich selbst, mit ihren Kindern oder damit, dass die Kräfte abnehmen. All das kann unser Leben verdunkeln. All das ist Teil der Finsternis, in die hinein die Geburt Jesu leuchtet.
Jesus, das Licht, scheint in die Finsternis hinein - aber die Finsternis hat´s nicht ergriffen.
Ein unmögliches Bild! Licht ist doch immer stärker als Finsternis - oder?
Ja, und das gilt es festzuhalten - bei aller Dunkelheit: es gibt das Licht und es scheint in der Dunkelheit. Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Das schlichte Anzünden einer Kerze in einem dunklen Raum verändert die Stimmung.
Und doch: Die Dunkelheiten dieser Welt sind nicht erledigt. Sie bedrängen uns heute wie damals.
Johannes hat die Frage, wie es denn gehen kann, dass sich in der Finsternis doch das Licht ausbreiten kann, mit einem Begriff umschrieben:
"Ihn aufnehmen!" Da und nur da ist der Schlüssel. Es reicht nicht, dass wir mit unserem guten Willen oder mit Optimismus versuchen, die Dunkelheit zu vertreiben. Das wäre nicht mehr als wenn wir auf dem Weg durch einen nächtlichen Wald eine Melodie pfeifen, um uns selber Mut zu machen, und um die Angst zu vertreiben. Das geht bis zu einem gewissen Grad, aber dunkel bleibt es trotzdem.
Das Licht der Hoffnung geht nur von Jesus Christus aus.
Jesus in sein Leben aufnehmen - nur wer das tut, bei dem ändert sich wirklich etwas.
Aufnehmen ist mehr als Wahrnehmen. Gerade in der Weihnachtszeit gibt es ja viele Gelegenheiten, etwas von dem Licht wahrzunehmen. Mutmachende Geschichten werden erzählt. Oder auch nur rührselige Bilder verbreitet.
Es gibt eine Form christlichen Glaubens, die lebt vom Wahrnehmen:
Solange einem etwas Gutes geschieht - oder man wenigstens bei Freunden erlebt, dass Gott es doch gut meint mit uns, solange hält man sich zur Gemeinde -
Mehr oder weniger regelmäßig.
Nur: ein solcher Glaube lebt mit einem Risiko: die Finsternis ist stärker!
Ich muss an die Geschichte von den Schildbürgern denken, die nach Fertigstellung ihres Rathauses feststellten, dass sie vergessen hatten, Fenster einzubauen. Innen war es stockdunkel. Obwohl draußen die schönste Sonne strahlte.
Wie es sich für Schildbürger gehört, hatten sie schnell eine Idee: Sie holten Körbe, Schüsseln, Bottiche, Fässer - kurz, alles, was man tragen konnte und was etwas aufnehmen kann.
Die stellten sie draußen in die Sonne, damit sie voll werden mit Licht. Dann flugs den Deckel drauf, hineingetragen und wieder aufgemacht. So sollte es schon hell werden. Wurde es aber nicht! Die Gefäße nahmen das Licht wahr, aber nicht auf. Das können Gefäße eben nicht
So wird es auch im Leben eines Menschen nicht hell, solange wir vom Licht des Heilands nur hören. Was wir brauchen, ist, ihn aufzunehmen in unser Leben.
Den Schildbürgern half ein wandernder Handwerksbursche: er brach hier und da die Mauer durch - und schon war es hell in ihrem Rathaus.
Wir brauchen auch solche Öffnungen in der Mauer zwischen Gott und uns.
Sonst kann das Licht von Weihnachten noch so hell strahlen - in uns bleibt es so dunkel wie im Rathaus von Schilda.
So ist das paradox klingende Bild von der Dunkelheit, die das Licht aussperrt, gemeint:
Es ist seit Weihnachten taghell in der Welt. Aber überall stehen solche Schilda-Rathäuser herum: Leben, aus denen das Licht ausgesperrt ist. Menschen, die keine Öffnung zu Gott hin haben. "Die Finsternis hat es nicht ergriffen."
Erst da, wo solche Löcher gebrochen werden in die Mauern um unsere Herzen, da wird es auch innen hell.
Konkret geschieht das in der Stille:
Wo uns niemand zuschaut, kommentiert oder überprüft.
Jesus in sein Leben aufnehmen, das ist eine sehr persönliche Sache.
Es kann sein, dass wir Hilfestellung brauchen durch einen cleveren Handwerksburschen.
Oder wir kommen selber drauf. Hauptsache, der Durchbruch geschieht und bleibt offen.
Und was ist mit der Dunkelheit in der Welt?
Gerade die Schrecken der Terroranschläge, die menschengemachten Seuchen und die Kriege, die gerade toben, brauchen als Antwort mehr als Glauben aus zweiter Hand.
Was heute mehr denn je gefragt ist, sind Lichtträger Christi.
Das sind Menschen, die Jesus selber in ihr Leben aufgenommen haben.
Menschen, die zuerst einmal Gott fragen, wie das zu deuten ist, was gerade geschieht.
Und was hilfreich und gut ist, zu tun oder zu lassen.
Johannes nennt solche Menschen Kinder Gottes. Also nicht die Macher, sondern die, die ganz tief drinnen verstanden haben: Nur Gott hält die Fäden in der Hand.
Wer ihm vertraut, der wird zum Licht in der Welt, der trägt dazu bei, dass die Dunkelheit weniger wird statt mehr. Das wünsche ich Ihnen zu Weihnachten in diesem dunklen Jahr.

Amen!

Björn Heymer