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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)

Ewigkeitssonntag - 25. November 2001 - Predigt zu: Markus 13, 31-37

Liebe Gemeinde !

Wir alle leben im Land der Lebendigen – und dieses Land hat eine Grenze.

Viele in unserer Mitte haben in diesem Jahr Abschied nehmen müssen von einem geliebten Menschen.

Andere haben kleine Tode erlitten: eine zerbrochene Beziehung, eine berufliche Enttäuschung, das Scheitern in einer Prüfung, eine Hoffnung, die nicht erfüllt wurde. 

Auch die Erschütterung durch die Terroranschläge im September haben deutlich gemacht: 

wir leben wie auf einer dünnen Eisschicht, durch die wir unverhofft einbrechen können.

Der Tod mitten im Leben hat viele Gesichter und wer mit ihm in Berührung kommt, der weiß:

Alles, was lebt, ist vergänglich. Da ist nichts, was wir festhalten könnten.

Himmel und Erde werden vergehen.“ haben wir gerade im Evangelium für den heutigen Sonntag gehört. Und dann die Zusage von Jesus: „Doch da ist etwas, das bleibt – in aller Todes- und Grenzerfahrung. Eines hat Bestand: meine Worte.“

„Du hast Worte des ewigen Lebens!“ hat Petrus einmal gesagt. Worte, die über unsere Grenzen hinausreichen. Um solche Worte ewigen Lebens geht es heute.

Ich lese noch einmal aus Markus 13, 31-37

Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er solle wachen: so wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen, damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt.

Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!

Worte ewigen Lebens? Beim ersten oder auch zweiten Hören für Viele wohl eher eine Rede, die mehr Fragen aufwirft als Antworten bietet.

Meine Katechumenen haben ihre Fragen so gestellt:

Besteht die Erde nicht ewig? Wie kann man sich eine neue Welt vorstellen?

Man kann doch nicht immer wach sein!

Wiese sollen Jesu Worte nicht vergehen? 

Drei Themen habe ich daraus gehört:

- Das Leben hat Grenzen. Warum wir Erwartung brauchen

- Erwartung als Haltung des Glaubens

- Jesu Worte – Quelle lebendiger Hoffnung: Was wir erwarten dürfen

1. Leben hat Grenzen – warum wir Erwartung brauchen

Grenzerfahrungen rütteln uns auf. Sie rühren Schmerzpunkte an – wir weinen, schreien es heraus oder verstummen – und lassen die Tränen nach innen fließen. Manch einer betet, sucht Trost in Psalmen oder in der Stille. Machen wir uns trotzdem nichts vor: 

Die Erfahrung des Schmerzes macht niemandem zum Christen. Not lehrt eher fluchen als beten – angesichts des Todes wird nicht selten Anklage gegen Gott erhoben, aber nicht Anbetung geübt.

Wer einmal an einer felsigen Küste gestanden hat, bei ruhiger See und dann noch einmal an derselben Stelle, wenn ein Sturm aufgezogen ist und die Wellen hoch gehen, der weiß:

Je höher die Wellen gehen, desto tiefer kann man blicken. Erst bei hohem Seegang werden die Fundamente sichtbar. Das mag ein Bild dafür sein, was in Krisenzeiten geschieht:

Wenn die Wellen hoch schlagen, wird besonders deutlich, was einem fehlt, was man schmerzlich vermisst: Ein Glaube, der über den Tod hinaus hofft. Eine Hoffnung, die größer ist als die Wirklichkeit des Todes mitten im Leben. Wo der Glaube fehlt, da endet die Zeit der Trauer meistens im Verdrängen. Ich sage bewusst verdrängen und nicht vergessen. 

Die Seele vergisst den Schmerz nicht, auch wenn längst wieder der Alltag eingekehrt ist.

Oder es zeigt sich das Andere: das, was in einem Leben an Glaubenszuversicht da ist. 

Was einer in ruhigen Zeiten geglaubt und gelebt hat, das bewährt sich dann. Wer es gewohnt war, sich vor dem Höchsten zu beugen und zu sagen: Dein Wille geschehe!, der empfindet nicht weniger Trauer, der spürt nicht weniger Schmerz. Aber der kann erfahren: Ich bin getragen! Da ist tief drinnen eine Hoffnung auf Zukunft, die bleibt. An die kann ich mich klammern, selbst wenn Himmel und Erde vergehen.

2. Erwartung als Haltung des Glaubens

Was zeichnet den Glauben aus, der sich in Krisen bewährt? 

Jesus erzählt hier eine kleine Geschichte: ein wohlhabender Hausherr geht auf eine Reise und teilt vorher seiner Dienerschaft die Aufgaben zu. Wie es eben so ist im Leben. Das für uns sprechende Vorbild ist der Türhüter – seine Aufgabe ist es, wachsam zu sein. Der Herr kann nicht sagen, wann er zurück sein wird. Aber wenn er kommt, soll alles darauf eingestellt sein. 

Das ist das Bild für den Glauben, der mit Überraschungen rechnet. So wie dieser Türhüter sollen auch wir sein, seit wir uns der Grenze unseres Lebens bewusst sind: in ständiger Erwartung. Seid immer darauf eingestellt, dass – ja, worauf? 

Dass Himmel und Erde vergehen – Sollen wir uns auf den Weltuntergang einstellen?

Der Herr, Jesus kommt wieder – kann man das glauben? 

Bevor wir diese Zumutung als weltfremd abtun, sollten wir noch einmal hinhören:

Viele haben beim Sterben eines lieben Menschen schmerzhaft so etwas erfahren wie einen kleinen Weltuntergang. So wie es war, wird es nicht mehr sein. 

Und viele hoffen doch, dass eine Zeit des Friedens kommt, ohne den Schmerz der Trauer, ohne Angst vor dem Tod, vereint mit den Menschen, die wir jetzt vermissen. 

Ob das mit Jesus zusammenhängt, dem Friedefürst? Wir sind ja so ohnmächtig, was diese Hoffnung angeht. 

Wer den Worten Jesu glaubt, der hat Ja dazu gesagt: Ich habe nicht alles selber in der Hand im Leben. Das Bild vom Türhüter, dessen Aufgabe es ist, alle anderen zu informieren, ist die klare Absage an alle Vorstellungen, Menschen könnten und müssten ihr Leben ganz aus eigener Kraft gestalten. Der Türhüter, das ist einer, der gerade kein Macher ist. Im Glauben ist das Entscheidende nicht unser Tun. Gott hat das Entscheidende für unser Leben schon längst getan: Er hat seinen Sohn Jesus in die Welt gesandt. Der eine, der alle Schmerzen, alle Enttäuschungen, ja, alles Scheitern, was menschlich vorstellbar ist, selber erlitten. 

Und an dem Gott seine Antwort darauf überdeutlich gemacht hat:

Er hat ihn nicht im Grab gelassen. Darum sind alle Beerdigungen, die wir erlebt haben, mit diesen Worten der Hoffnung beschlossen worden: 

Jesus Christus hat gesagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.

Jesus hat das Bild vom Türhüter für die Haltung des Glaubens aus der biblischen Gebets­tradition entnommen: In Psalm 84 heißt es: Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in der Gottlosen Hütten.

So betet einer, der sich entschieden hat, wo er ein Zuhause sucht, eine Zuflucht, einen Ort des Friedens. Einziehen in Gottes Haus – das ist ohne Bild gesprochen: den Schritt in den Glauben zu wagen. Dieser Glaube gewinnt Gestalt, wo Menschen sich an die Worte Jesu halten: 

Darum 3. Jesu Worte – Quelle lebendiger Hoffnung

„meine Worte werden nicht vergehen“. Hier geht es um zwei Dinge:

um die Erfahrung mit Jesu Worten in unserer Gegenwart und um die Zukunft Gottes.

Ein Glaube, der Leben verändernde Kraft hat, muss mehr sein als die Summe von Richtig­keiten. Wir haben Jesus missverstanden, wenn wir seine Lehre gewissermaßen als goldene Worte der Weisheit irgendwo eingerahmt an einem Ehrenplatz aufhängen würden.

Wenn Jesu Worte Bestand haben über die Grenze des Todes hinaus, dann müssen sie bis heute lebendig erfahrbar sein. Und sie sind es! Jesus hat gesagt, wo:

„Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich in ihrer Mitte!“

Das ist Gottes Adresse in unserer Welt! Wo Menschen im Namen Gottes zusammen sind, da geschieht das Wunder: Er selber redet. Wo immer Menschen zusammen kommen und über wesentliches sprechen, wird etwas hörbar, was über das Menschenmögliche hinausweist. 

Jesus redet durch den Mund der Schwester, des Bruders oft lauter als im eigenen Herzen.

Das kann in einem Bibelgesprächskreis sein – oder da, wo Christen privat miteinander reden.

Jetzt kommt ja wieder die Jahreszeit der Kerzen. Für mich ist eine brennende Kerze immer ein Hinweis auf Christus, der von sich gesagt hat: Ich bin das Licht der Welt. Darum zünde ich gerne eine Kerze an, wenn ein wichtiges Gespräch geführt wird. Um mich daran zu erinnern: Er ist gegenwärtig. Vielleicht spricht Er gerade jetzt durch die Worte des Anderen.

Das muss noch nicht mal ein Christ sein. Gott ist es ein Leichtes, jeden Menschen in Dienst zu nehmen – um durch Menschenwort zu Menschen zu sprechen.

Wer damit rechnet, der wird Erfahrungen machen damit, dass Jesu Worte, also sein Reden in unser Leben hinein nicht aufhört.

„meine Worte werden nicht vergehen, wenn auch Himmel und Erde vergehen“. – das erschöpft sich aber nicht in der Gegenwart. Nur ist unser Abschnitt heute hier sehr zurückhaltend, zu beschreiben, wie denn die Zukunft Gottes aussieht. Wir brauchen andere Worte Jesu, die von seiner Zukunft sprechen. Ich lese deshalb einige Sätze vor:

Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. 

Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. 

Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. 

Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. 

Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. 

Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Glaube ist nicht fertig mit seinem Leben. Glaube hofft auf noch Größeres. 

Wir fassen das im Gebet zusammen in dem einen uralten Ruf: Maranatha! Unser Herr, komm!

Amen!

Björn Heymer