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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)

18. Sonntag nach Trinitatis - 14. Oktober 2001 - Predigt zu: Exodus 20, 2-6

Liebe Gemeinde,

es gibt vier Dinge, von denen erwartet man, dass ein Christenmensch sie kennt und beherzigt: die zehn Gebote der 23.Psalm das Vater Unser und das Glaubensbekenntnis 

Wollte man diesen Grundbestand christlicher Tradition noch weiter reduzieren, damit noch mehr Menschen ihr Ja dazu sagen können, dann blieben wohl zuletzt die zehn Gebote übrig. Wir haben sie gerade in der Schriftlesung gehört. Wenn das doch nur allgemein bekannt und beherzigt würden, dann sähe unsere Welt besser aus: friedlicher, sicherer und lebenswerter. Ein ganz zentrales Stück christlicher Tradition also. 

Trotzdem: nur alle sieben Jahre an einem einzigen Sonntag, ist vorgeschlagen, über die Gebote zu predigen. Heute! Es ist heute also ein besonderer Sonntag! Der Sonntag der Gebote. Wenn ich jetzt fragen würde, wer sie denn eigentlich weiß, dann könnte es vielleicht peinlich werden. So drei - vier, die bekämen die meisten wohl zusammen. Oder sogar 7-8? 

Vor Jahren wurde in Dänemark eine Umfrage unter den Pfarrern gemacht, ob sie die Gebote kennen. Das Ergebnis: 80% wussten nicht alle - geschweige denn in der richtigen Reihenfolge! Wir sind eingeladen, heute morgen die Gebote neu zu hören, vielleicht sie neu lieb zu gewinnen als Gottes gute Wegweisung für ein gelingendes Leben. 

Dies will ich in drei Schritten tun. 
1. Gebote von Mensch zu Mensch 
2. Gebote von Mensch zu Gott und 
3. das Fundament: Bund und Errettung 

Ich habe dazu ein Blatt verteilen lassen mit einer Gliederungshilfe. Ich beginne mit der Spalte rechts - mit dem, was noch am ehesten gewusst wird von den Leuten: 

1. Die Gebote von Mensch zu Mensch
Die Gebote 4 - 10 Du sollst nicht töten, die Ehe nicht brechen, nicht stehlen. Das kennt man wohl noch weitgehend. Früher nannte man diese Gebote vier bis zehn die zweite Tafel. Sie ordnen das Verhalten der Menschen miteinander. Ich habe in den Formulierungen meine Deutung dieser Gebote einfließen lassen. Sie könnten also lauten: 
4. Achte Gott, indem Du Vater und Mutter ehrst! 
5. Achte Gott, indem Du ihm die Entscheidung über die Dauer des Lebens überlässt. 
6. Achte Gott, indem Du nicht die Ehe brichst - weder deine eigene, noch die eines anderen. 
7. Achte Gott, indem Du das Gut des Anderen nicht an Dich nimmst. 
8. Achte Gott, indem Du den Ruf des Anderen nicht beschädigst. 
9. Achte Gott, indem Du dem Anderen seinen Lebensraum ohne Neid lässt. 
10. Achte Gott, indem Du dem Anderen seine Lebensquellen ohne Neid lässt. 

So einleuchtend das klingt; die Gebote halten uns einen Spiegel vor: einen Spiegel, in dem wir uns selber erkennen - auch als solche, die nicht immer so handeln, wie Gott es will. Machen wir uns nichts vor! Die Gebote sind mehr als ein paar gute Ratschläge oder Anregungen! Es sind die von Gott klar gesetzten Grenzen, die wir nicht überschreiten sollen. Ohne viele Worte lasst uns in einer Zeit der Stille uns selber vor Gott prüfen, welches Gebot gerade in meiner jetzigen Lebensphase besonders klar zu uns spricht. Vielleicht haben wir etwas zu bekennen. Das kann jetzt in der Stille geschehen - oder später vor einem Seelsorger. Wir nehmen uns eine Zeit der Stille! Hier bleibt ein Moment der Stille, indem jeder vor Gott sich prüfen möge! 

2. Gebote von Mensch zu Gott. 
Die drei ersten Gebote sind nicht zufällig eher unbekannt und wenig populär. Sie haben es mit der Gestaltung der Beziehung von Mensch zu Gott zu tun. Auch sie gelten für jeden - nicht nur für die Frommen. Verehre keine anderen Götter! Das rührt bis heute an einen neuralgischen Punkt im Leben jedes Menschen! Was ist das mit dem Verehren von Göttern? 
Im Psalm 121 wird die schlichte Frage gestellt: Woher kommt mir Hilfe? Die Antwort auf diese Frage entlarvt die Götter, die wir verehren! Woher erwarten wir Lebenshilfen? Von unserem Arzt oder Ernährungsberater? Von unserem Kontostand oder dem Börsenfachmann? Vielleicht von toten Dingen wie dem Auto oder dem Fernseher. Wohin flüchten wir uns mit unseren Gedanken, wenn es uns schlecht geht? 
Luther dazu: Woran immer Du nun dein Herz hängst, das ist in Wahrheit dein Gott! Und Gott sagt ganz klar: Verehre keine anderen Götter! Räume diesen Dingen nie den Stellenwert ein, dass Du von ihnen Hilfe erwartest! Sie werden Dich enttäuschen. Sie können das nicht leisten, was Du von ihnen erhoffst. Bete sie nicht an. Missbrauche nicht meinen Namen! Mach Gott nie zum Instrument deiner Interessen! Da steht dahinter. 
Es gibt eine Form der Religion, die Gott zum Werkzeug der eigenen Interessen macht, ihn aber nicht Herr sein lässt. Dieses zweite Gebot soll uns alle sehr nachdenklich stimmen. Wie oft haben wir schon mit Gott unsere eigenen Interessen zu rechtfertigen versucht. Wer mit religiösen oder scheinbar religiösen Themen die Aufmerksamkeit auf sich zieht - sei es in der Werbung, sei es durch öffentliche Verdrehung biblischer Geschichte in Theater oder Film. Das ist Missbrauch von Gottes Name - weil man hier Gott für die eigenen Interessen einspannt. Religiös begründeter Terrorismus ist nichts anderes als ein krasser Missbrauch des Namens Gottes! 
Aber wir brauchen nicht in die weite böse Welt zu schauen, wenn es um dieses Gebot geht. Gott zum Kumpel zu machen, um eigene Ziele durchzusetzen, das gibt es im Kleinen genauso: Lange Zeit wurde Gott als Erziehungsmittel missbraucht. Jede Form von kirchlicher Klüngelei ist zutiefst ein Missbrauch von Gottes Namen. Wer immer ein geistliches Amt - haupt- oder ehrenamtlich - anstrebt, und dies nicht als einen Dienst sondern als Quelle eigener Macht und Anerkennung will, der missbraucht Gottes Namen! 
3. Achte den Feiertag als Ruhetag. Das ist das dritte Gebot, das etwas mit der Beziehung zu Gott zu tun hat. Wieso? Es ist doch schön, dass der regelmäßige Feiertag von Gott erfunden ist. Ist das nicht eher ein Teil einer guten Sozialgesetzgebung? So kann man es verstehen. Aber: Gottes Gebote gehen tiefer in ihrer Bedeutung. Die Begründung bringt uns auf die Spur: Der Herr ruhte am siebten Tag! Wer den Feiertag nicht achtet, sondern meint, selber zu wissen, was er leisten kann und was nicht, der hält sich für stärker als Gott! Der macht sich allein zum Maßstab aller Dinge. Weil Gott ruhte, ist klar: menschliche Kraft ist begrenzt. Auf der Baustelle in Babel, als der Turm gebaut wurde, da gab es sicher eine Sieben-Tage- Woche! Da interessierte es die Auftraggeber nicht, wie viele Arbeiter vom Gerüst zu Tode stürzten. Da zählte nur Leistung, weil das Ziel war: sich selber Gott gleich zu machen. Den Feiertag achten, das lässt Gott Gott sein! 
Die drei ersten Gebote drehen sich um die eine Frage: , Achten wir seine Heiligkeit und sagen wir Ja zu unserer Menschlichkeit? Der Anfang zum Schluss. Das Fundament der Gebote ist gegründet auf zwei Felsen. 

3. das Fundament: Bund und Errettung: 
Damit beginnen die Gebote. Gott stellt sich vor und erinnert daran, dass er zwei grundlegende Dinge getan hat: Er hat einen Bund geschlossen mit seinem Volk - bevor er ihnen die Gebote gibt! Und er hat sie gerettet! Aus der Sklaverei in die Freiheit geführt. Vor allen Regeln, die Gott einführt, hat er selber gehandelt! 
2 Ich bin der HERR, dein Gott, Gott hat seinen heiligen Namen preisgegeben. Jahwe heißt er. Gott ist kein Fremder geblieben.. Er ist uns Menschen ganz nahe gekommen, ja noch mehr: er bietet uns das Du an! "Ich bin Dein Gott!" Stellen Sie sich vor, Ihnen würde der Bundespräsident oder irgend ein anderer bedeutender Mensch begegnen und der würde als erstes sagen: "Also, damit bei Ihnen das Herzklopfen aufhört: Ich bin der Johannes!" Der Bericht von der Gabe der Gebote endet damit, dass Mose im Auftrag Gottes sagt: "Fürchtet Euch nicht vor Gott!" Das sind keine leeren Worte, auch keine billige Kumpanei. Gott hat einen Bund geschlossen! Er stellt sich uns an die Seite und sagt bei jedem der Gebote: "Ich bin Dein Gott, dein Helfer und Freund! Darum: Brich nicht die Ehe. Darum: Achte das Gut, dass ich dem anderen überlassen habe. Darum ehre die Eltern, die ich dir als Begleiter ausgesucht habe." So dürfen wir die Gebote lesen! 
Und nun denke keiner: "Das gilt doch nur für Israel, für das Volk des Bundes!" In der Feier des Abendmahles hat Jesus das Bundesversprechen Gottes aufgegriffen und erneuert: Zum Kelch hat er gesagt: "Das ist der neue Bund - in meinem Blut, vergossen für Euch!" In Jesus ist jeder von uns mit hinein genommen in Gottes Bund. Jesus hat wie Gott an Israel für jeden von uns alles getan, lange bevor wir irgend etwas Gutes tun konnten. Das zweite Wort, was auf dem Fundament steht, heißt Errettung! 
2 Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Die Menschen, die damals in der Wüste die Gebote Gottes hörten, das waren Todgeweihte, Sklaven, die für sie völlig unerwartet und unvorstellbar in die Freiheit geführt wurden. Israels Weg aus Ägypten, das war eine Aneinanderreihung von Unmöglichkeiten. Gegen jede berechenbare und vernünftige Chance waren sie frei geworden. Und empfingen nun von ihrem Befreier diese zehn Weisungen. Als Weg zum Leben, Geschenk von dem, der ihnen das Leben geschenkt hatte. Nicht umsonst feiert man bis heute jedes Jahr das Freudenfest von der Gabe der Torah in Israel. Männer tanzen mit ihrer Bibel im Arm, jubeln und singen, weil Gott ihnen etwas so wertvolles anvertraut hat. Keine Spur von Druck, Mühsal oder Zwang. 
Und wir? Ich frag mich oft, wohin sich bei mir, bei uns die Begeisterung verflüchtigt hat. Wo tanzt mal jemand vor Freude über Gottes Wort? Ja, höre ich den Einwand - wenn wir das erlebt hätten wie Israel damals! Genau da liegt es! Wir erleben nichts mit Gott - geschweige denn wissen wir etwas von Rettung! 
Nur: Israel heute geht es nicht anders als uns. Auch in Israel ist man weit weg von Gottes Rettungstat. Nur: man erinnert sich! Gott erinnert immer wieder daran. In der Erinnerung liegt die Kraft der Erlösung. Wenn Israel seine Feste feiert, dann wird diese Frage immer gestellt. Ich zitiere nur einmal aus der Passa - Liturgie. Da fragt in jedem Jahr ein Kind: "Waren es nur die Väter Israels, der Gott, der Herr aus Ägyptenland geführt hat?" Und die Antwort lautet jedes Jahr wieder: "Nein, Du warst es, den der Herr, gelobt sei sein Name aus der Knechtschaft geführt hat." Wenn wir die Gebote nicht so lesen, dann werden sie unsere Herzen nicht erreichen! 
Wie der Segen auch sind die Gebote ganz persönlich formuliert: Nicht: Ihr sollt ...., sondern: Du! Du ganz allein! Dahinter steht das Wissen: In jedem einzelnen Leben verwirklicht sich das Ganze! Keiner ist bei Gott unwichtig! Jeder, der sich entscheidet und die Gebote hält, tut nicht weniger als Gottes Willen mit der Welt zu verwirklichen. Die Gebote sind Gottes persönliche Einladung zum Leben!

Amen!

Björn Heymer