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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)

1. Sonntag nach Trinitatis - 17. Juni 2001 - Predigt zu: Matthäus 9,35-37, 10.5-8 1

Liebe Gemeinde,

es gibt etwas, über das ich mich in jedem Sommer neu freue.

Das ist der Geruch von blühendem Raps und reifem Getreide auf den Feldern.

Beides erinnert mich an Zeiten, als ich mit dem Fahrrad oder Motorroller im Sommer Urlaubsreisen gemacht habe. Erntezeit liegt in der Luft.

Für mich ist diese Zeit etwas schönes. Für Sie auch?

Das mag daran liegen, dass wir alle keine Bauern sind, oder auch keine Erntearbeiter.

Für die bedeutet Erntezeit vor allem schwere Arbeit. Bauern haben gerade in der Ernte alle Hände voll zu tun und sind oft bis spät in die Nacht beschäftigt.

Die Ernte hat Jesus als ein Bild in seinen Predigten verwendet.

Ich lese aus dem Matthäus-Evangelium im 9. und 10. Kapitel 9,35-38; 10,5-8

Als kleiner Junge bin oft mit meinem Großvater auf dem Trecker mitgefahren, wenn er Klee gemäht hat. Mich hat es fasziniert, wie das Mähwerk mit einem Schnitt alles, was gewachsen war, umlegte. Da konnte ich stundenlang zuschauen. Mit einem Schnitt wird alles umgemäht. Dieses Mähen mit einem Schnitt ist ein eindrückliches Bild für die Macht des Todes.

Die Sense, früher das Erntegerät schlechthin, ist zusammen mit dem Stundenglas ein Symbol für den Tod. Die Sense deshalb, weid der Tod keine Unterschiede macht.

Seuchen oder Kriege mähten und mähen Menschen nieder wie Gras.

Zur Ernte gehört dann auch das Dreschen und anschließend das Trennen von Spreu und Weizen – was gut als Nahrung ist, wird gereinigt und eingelagert – Schmutz, Unkraut und leere Hülsen werden verbrannt. Auch dies Bilder aus der Ernte.

Die Ernte ist in der Bibel ein Bild für Gottes Gericht:

Die Zeit des Abwartens und der Geduld hat ein Ende, die Zeit ist reif! Wenn Gott richtet, dann kommt die große Scheidung. Da zeigt sich, was es wert ist, bewahrt zu werden und was verworfen wird. Ein drängendes und sehr drastisches Bild, das Jesus hier aufgenommen hat. Er sagt ganz deutlich:

Jetzt ist Erntezeit! Jetzt ist die Zeit der Entscheidung, die Stunde der Wahrheit.

Und wie die Bauern in der Ernte zusätzliche Arbeiter suchen, so beruft Jesus Menschen zur Mitarbeit in Gottes Ernte. Darum, um Mitarbeit geht es heute morgen.

1.      Erntezeit

2.      Die Bitte um Arbeiter

3.      Was ist zu tun in Gottes Ernte?

1. Die Zeit ist reif, die Menschen sind reif zur Ernte – das hat Jesus gesehen und ausgerufen, nachdem er sich gründlich umgeschaut hat in seinem Volk.

In zwei Schritten hat Jesus sich Überblick verschafft:

Matthäus berichtet: Erst hat er die Gottesdienste besucht – „ringsum in allen Städten und Dörfern lehrte er in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich“.

Also, er hat die Gottesdienste besucht. Dort traf er die Frommen an. Versammelt um die Bibel, vereint im Gebet und Lobgesang. Lebhaft diskutierend um die rechte Auslegung.

Dann - sagt Matthäus - sah er das Volk an. Und was sah er:

„die Leute waren wie Schafe ohne Hirten, verschmachtet und zerstreut.“

In den Gottesdiensten hat er sie nicht gesehen! Diese Leute gingen längst nicht alle in die Gottesdienste. Ohne die Gemeinschaft dort, ohne die Bibel, die im Gottesdienst gelesen und ausgelegt wurde, war die Masse des Volkes wie Schafe ohne Hirten.

Sie waren geistlich verhungert und ohne Orientierung. Das Bild der Herde ohne Hirt stand schon damals für Menschen, die vom Wort Gottes nichts wissen und nicht erreicht werden. Die gar nicht wissen, was ihnen fehlt. So beschreibt er ihre Not:

Sie waren verschmachtet. Das steht dafür, dass diese Menschen keinen Trost hören und finden. Ihr Leben war trostlos. Was fehlte, das war und ist heute Zuwendung und Nähe.

Jesus berührte Aussätzige und heilte Gelähmte als Zeichen der Zuwendung Gottes.

Und sie waren zerstreut. Das steht für orientierungslos, ohne Geborgenheit und Gemeinschaft. Menschen, die vereinzelt leben. Wenn Menschen keine geistliche Leitung haben, keine Werte wie Treue oder Dienstbereitschaft, dann bleibt nur noch der Egoismus. Nur noch die Frage: Was bringt mir das? Was hab ich davon?

Zerstreuung klingt zwar nett, nach Unterhaltung, Abwechslung, Freizeit und Spaßgesellschaft. Aber dies alles birgt immer die Gefahr der Vereinzelung. Gerade in unserer Gesellschaft zeigt sich das: alles hat seinen Preis und wer nicht mithalten kann, der steht auch schnell draußen. „Drink doch ene mit ...“ das beschreibt eben nicht das echte Leben! Jesus klingt hier wie ein moderner Trendforscher, der sich in einer Großstadt wie Köln umgehört hat.

Heute wie damals suchen viele Menschen genau das: Annahme und Zuwendung in einer Gemeinschaft und Sinn bzw. Orientierung. Es ist Erntezeit!

2. Die Bitte um Arbeiter

Jesus sah sein Volk an und „es jammerte ihn“. Sein Erbarmen, seine Liebe und sein Mitleid entbrannten. Genauso sieht Jesus heute das Volk an und es ist ihm nicht egal. Er interessiert sich auch heute brennend für die Leute, die nicht in unseren Gottesdiensten sind. Er kennt die Sehnsüchte und die Irrwege unserer Zeit.

Lassen wir uns doch anstecken von dieser Liebe Jesu zu den Leuten, die ohne Gott leben. Wenn wir den Herrn der Ernte um Arbeiter bitten sollen, dann müssen wir vor allem erst mal darum bitten, dass Gott uns die Augen öffnet und das Herz in Brand setzt, damit wir das Volk so sehen, wie Jesus sie gesehen hat. Von Gott Geliebte, ohne Orientierung, ohne geistliche Nahrung.

Gott braucht uns heute als Erntearbeiter – dazu müssen wir lernen, das Feld anzuschauen.

Bei flüchtigen Begegnungen gibt ja kaum einer zu, dass sie oder er einsam sind. Oder immer wieder Frusterfahrungen einsteckt bei dem Versuch, sich das Glück zu kaufen.

Vielleicht brauchen wir auch erst mal bei uns selbst viel Heilung, bis wir die Not anderer ansehen können. Wir sind doch selber Teil des Volkes, wir kennen doch auch den Hunger nach Liebe und Trost, wir sind vielleicht auch traurig und einsam. Wie sollen wir zu Erntearbeitern für Gott werden, wenn wir es gerade mal schaffen, selber geistlich über die Runden zu kommen?

Bittet den Herrn der Ernte – kann für manche heißen: das Beten und die Stille vor Gott neu zu entdecken als eine Oase, wo man Kraft schöpfen kann. Selber neu geistliche Nahrung finden. Selber auf den Weg der Nachfolge treten, wo die Frage lautet: Herr, was willst du, das ich heute tue? Wohin sendest Du mich heute?

3. Was ist zu tun in Gottes Ernte?

Als Jesus seine Jünger aussendet, beschreibt er genau, was die Erntearbeit im Reich Gottes umfasst. Er sagt zuerst einmal:

geht hin zu den verlorenen Schafen“

Bleibt nicht unter Euch! Ihr seid nicht dazu da, euch von der bösen Welt abzugrenzen, wie es die Pharisäer getan haben. In den Augen der Frommen damals hat sich Jesus immer wieder höchst verdächtig gemacht: er hatte mehr Umgang mit Sündern, mit Fressern und Weinsäufern als mit den Frommen. Er war dort, wo die Verlorenen waren.

Wie viele Bekannte und gar Freunde haben wir, die nicht Christen sind?. Und wenn wir mit denen zusammen sind, sind wir da dieselben wie in der Gemeinde?

Wer sich darin übt, konkret für einzelne Menschen zu beten, die „verschmachtet und zerstreut“ sind, der wird auch den Weg hin zu diesen Menschen nicht scheuen. Der wird sich aufmachen und mit ehrlichem Interesse die Begegnung suchen.

Und dann? Was sollen Jesu Erntearbeiter tun, wenn sie hingehen?

1. Geht und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.

Das ist das erste und Wichtigste. Nicht jede und jeder ist zum Predigen berufen, aber das gilt: Haltet nicht hinter dem Berg mit Eurem Glauben. Was immer wir in der Gemeinde tun, hat hier seinen tiefsten Grund. Gottes Reich ist nahe herbeigekommen. Unser Glaube ist nicht ein Hobby oder eine Privatsache. Er ist die Antwort darauf, dass Gottes Ernte läuft.

Die Zeit ist reif, sich zu Gott klar zu stellen.

2. Macht Kranke gesund,

Das ist nicht eine Spezialaufgabe für Ärzte! Krankheiten sind immer ganzheitlich zu sehen.

In den USA hat man nachgewiesen, dass bewusst lebende Christen gesünder sind und länger leben. Weil sie ihre Seele pflegen – und das wirkt sich auch auf den Körper aus. In unserer Gesellschaft sind Rückenprobleme inzwischen Volkskrankheit Nr.1. Und nicht wenige Therapeuten haben das längst erkannt: alle Rückenprobleme haben auch eine seelische Komponente. Dass so viele Menschen bei uns gerade am Rückgrat leiden, hat was mit dem aufrechten Gang zu tun und damit, was uns daran hindert. Das kann eine verdrängte Schuld sein oder die Last, aus eigener Kraft gut genug zu sein. Wer jemandem eine Schuld nachträgt, weil er nicht vergeben will, der trägt daran. Gründe gibt es viele. Macht Kranke gesund.

Das kann geschehen, wo wir die Freiheit des Evangeliums verkündigen.

3. weckt Tote auf,

Dieser Auftrag wurde in der Auslegung der Evangelien immer als der Weckruf zum Glauben verstanden. Im Johannes-Evangelium wird vom Leben und Tod durchgehend so gesprochen. Mit der Neugeburt aus Wasser und Geist beginnt das neue Leben, dem der Tod nichts mehr anhaben kann. Es hat seinen Grund und sein Ziel im lebendigen Gott.

4. macht Aussätzige rein,

Das deute ich als die Aufgabe, in der Gemeinde die Menschen anzunehmen, die in der Gesellschaft ausgegrenzt werden – aus welchen Gründen auch immer. Die Gemeinde ist immer auch der Ort der Seltsamen, der Sonderlinge und der Außenseiter. Wenn nirgends sonst in der Gemeinde sollten sie ihren Platz haben.

5. treibt böse Geister aus.

Wir haben es in unserem Leben immer mit Mächten zu tun. Die Sünde ist nach dem Verständnis der Bibel nicht eine schlechte Tat, die Gott kleinlich wie im Klassenbuch notiert und für die wir eine genau bemessene Strafe bekommen. Sünde, das ist vielmehr eine Macht, die uns als ganze Menschen von Gott trennt. Und wo immer wir von Gott getrennt sind, da haben andere Mächte Zugang. Vergebung bringt uns in die Nähe Gottes. Und das ist ein Ort der Ruhe und der Heilung.

Im biblischen Bildgebrauch: auf grüne Auen und zu frischem Wasser.

Amen!

Björn Heymer