Wir feiern heute
einen besonderen Gottesdienst, gemeinsam mit Christen aus Deutschland und aus
Korea als Schwestern und Brüder in Christus. Es ist ein Vorrecht, das wir
als Glaubende haben: Gemeinsam beten wir Gott an als seine gleichen Kinder.
Dieser Gottesdienst heute ist außerdem ein ganz besondererr, weil heute
die Han-Bit Gemeinde als Zusammenschluss zwei Jahre alt wird. Durch Gottes Gnade
fanden wir zusammen, um als ein Licht in der Welt zu wirken. Wir sind sehr dankbar
für Gottes Gnade und Treue und wir sind auch der Philippus-Gemeinde dankbar
für ihr Verständnis, für ihre Unterstützung im Gebet und
für die Zusammenarbeit.
Und dieser Sonntag hat noch eine Besonderheit: er ist der Gedenktag für
die leidende Kirche weltweit. Die Verfolgung der Kirche begann sehr bald nach
Pfingsten. Wir wissen, dass die Geburt und das Wachsen der ersten Kirche einher
ging mit Verfolgung und Leiden. Deshalb wurde der erste Sonntag nach Pfingsten
ausgewählt als Sonntag der leidenden Kirche. Das Leiden um des Glaubens
willen ruft uns zu dringendem Gebet und zur Unterstützung. Dieser Sonntag
hilft uns, still zu werden im Gebet für die verfolgten Christen und so
wirklich etwas für sie zu tun.
Die Bibel enthält eine ganze Reihe von Geschichten, in denen Leute, die
dem Herr ernsthaft nachfolgen wollen, unter Druck geraten. In diesen Geschichten
hören wir, wie Unterdrückung und Leiden über Menschen kommt,
aber unser Blick ist meistens auf das gute Ende der Geschichte gerichtet. Das
gilt auch für den Bericht heute morgen. Daniels Freunde wurden am Ende
gerettet aus dem brennenden Ofen. Und so liegt die Schlussfolgerung nahe: "Gott
rettet dich, wenn du ihm nur vertraust." Aber - so geschieht es nicht immer.
In Nordkorea leiden bis heute viele Christen unschuldig in Gefängnissen
- nicht wenige allein wegen ihres Glaubens.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir in einer Geschichte wie dieser nicht nur
das Ende lesen. Wir können aus allen Aspekten viel lernen: vom Befehl des
Nebukadnezar bis hin zu dem Moment der Rettung aus der Feuersbrunst. Daniels
Freunde mussten viele Entscheidungen treffen; Standfestigkeit und Geduld waren
nötig und sicher hatten sie viel Angst. Einfach war diese Prüfung
sicher nicht.
Zunächst ließ Nebukadnezar ein großes Standbild anfertigen.
Möglicherweise ein Abbild seiner eigenen Person. Und jeder musste sich
davor verneigen und ihm seinen Respekt zeigen. Wer immer das verweigerte, der
wurde in einen Feuerofen geworfen. Es ging eindeutig um die Vergötterung
eines Menschen.
So ein Standbild hat seine modernen Parallelen in Nordkorea und in Albanien,
wo die Herrscher, Kim Il Sung und Enver Hoxha ihre Monumentalstandbilder aufstellen
ließen. Respekt wie vor Göttern sollte man ihnen zeigen. Heute geschieht
etwas ganz ähnliches auch in Turkmenistan. Dort lässt sich der Präsident
Niazov "Vater der Turkmenen" nennen und wie ein Gott verehren.
Und dann: in Vers 1 wird der Ort genannt, wo das Standbild aufgestellt wurde.
Es stand auf der Ebene Dura. Dura bedeutet: "ein geschützter, isolierter
Ort". Das weist darauf hin, dass die Menschen, die dieses Standbild verehren
sollten, einzeln dorthin geführt wurden - isoliert von anderen. Auch das
ist heute bei der verfolgten Kirche ähnlich. Menschen werden wegen ihres
Glaubens isoliert. Sie können nicht fliehen. Und jeder Kontakt zu anderen
Gläubigen ist verboten. So habe ich aus einem Konzentrationslager in Nordkorea
gehört, in dem bis heute viele Christen Zwangsarbeit leisten müssen.
Dort ist es verboten, einen anderen gegenüber auch nur den Mund zu öffnen.
Jede Kontaktaufnahme ist verboten.
Drittens: Vers 2 sagt uns, wie die Menschen dorthin gebracht wurden. Sie wurden
aufgefordert, dorthin zu kommen. Und wer nicht kam, dem drohte der Verlust seines
Amtes oder sogar seines Lebens. Ähnliches hören wir heute aus muslimischen
Ländern: wer Moslem ist oder wird, der bekommt Arbeit, der darf studieren
oder promovieren. Wer das nicht will, der wird ausgestoßen.
Viertens: Es wurde gedroht und manipuliert. Auch den drei Freunde von Daniel
wurde befohlen, vor dem Bild des Königs auf die Knie zu fallen. Aber diese
jungen Männer hatten eine Entscheidung getroffen: Nicht erst, als die Drohung
ausgesprochen wurde, sondern lange vorher, als sie sich entschlossen hatten,
sich nicht mit den Speisen und dem Wein des Königs zu verunreinigen.
Was für eine Lehre für uns! Sie hatten sich entschieden lange, bevor
sie vor eine Entscheidung gestellt wurden, lange, bevor die Bedrohung kam. Für
junge Menschen, aber auch für Erwachsene und Eltern ist es so wichtig,
dass wir uns jetzt mit unserem Herrn verbinden. Auch ein Soldat muss schon in
Friedenszeiten das Kämpfen üben. Nur dann ist er gut vorbereitet,
wenn der Kampf kommt. Die Freunde Daniels blieben standhaft, weil sie lange
vorher eine klare Entscheidung getroffen hatten. Und sie standen nicht allein.
Sie waren zu dritt, ermutigten einander und beteten für einander.
Schließlich standen sie der Bedrohung gegenüber. Wenn in der Zeremonie
die Musik der Posaunen, Trompeten und all der anderen Instrumente abbrach, musste
jedermann niederknien und das goldene Bild anbeten, das König Nebukadnezar
hatte aufstellen lassen. Nur die drei jungen Männer blieben stehen. Sie
beugten ihre Knie nicht.
Ihr Verhalten wurde sofort dem König berichtet. Der König wurde zornig
und befahl, die Männer gefangen zu nehmen. Bald danach standen sie vor
diesem König, dem Menschen, von dem alle dachten, er habe alle Macht auf
Erden. Er fragte sie: "Habt ihr das absichtlich getan?" Der König
wartete auf ihre Antwort, aber setzte auch gleich hinzu: "Ich gebe euch
eine zweite Gelegenheit: Die Musik wird noch einmal gespielt und wenn sie aufhört,
dann kniet nieder."
Versetzt euch in die Lage dieser drei Männer! Der König war außer
sich vor Zorn. Er meinte wirklich, was er da sagte. Es gab keinen Ausweg. In
so einer Situation ist es sehr leicht, das wir auf unsere eigene innere Stimme
hören, die uns sagt: "Ergreife diese zweite Gelegenheit. Gott gibt
dir diese Gelegenheit zur Rettung, damit du ein großer Segen für
dein Volk sein kannst. Du bist ja schließlich ein Minister. Du kannst
in deiner Funktion alle möglichen Gesetze, die für dein Volk schlecht
sind, verhindern. Gott gibt dir diese Chance. Er wird dich gebrauchen."
Aber die Männer blieben standhaft. Sie hatten sich entschieden. Das galt
auch jetzt, wo sie wussten: wir können dem Feuer nicht entfliehen. Viele
Christen in den verfolgten Kirchen stehen vor derselben Entscheidung. Und auch
sie bleiben fest bei ihrem Glauben. "Wir bleiben Gott treu. Ja, wir werden
Gott immer dienen."
Und dann sagt der König Nebukadnezar in V. 15: "Welcher Gott kann
Euch aus meiner Hand retten?" Wir erkennen: Hier geht es nicht mehr darum,
dem König Respekt zu erweisen - hier geht es darum, dass der König
sich gegen Gott stellt.
Die Antwort dieser drei Männer ist klar und mutig. Noch einmal: Machen
wir uns klar, was hier passiert! Sie hätten doch an ihre Frauen und Kinder
denken müssen. Würden sie sie jemals wiedersehen? All diese Fragen
mussten ihnen durch die Köpfe gehen. Was für ein innerer Kampf muss
das gewesen sein. Und wieder - dasselbe gilt auch heute für viele Christen,
die heute Verfolgung erleiden, weil sie Jesus Christus nicht verleugnen wollen.
Hier ist die ihre Antwort in Vers 16: "Es ist nicht nötig, dass wir
dir darauf antworten." Das ist geradezu beleidigend für den König.
Und dann, in den Versen 17+18 bekennen sie ihren Glauben so: "Wenn unser
Gott, den wir verehren, will, so kann er uns erretten; aus dem glühenden
Ofen und aus deiner Hand, o König, kann er erretten. Und wenn er's nicht
tun will, so sollst du dennoch wissen, dass wir deinen Gott nicht ehren und
das goldene Bild, das du hast aufrichten lassen, nicht anbeten wollen."
Sie sagen nicht: "Wir werden unseren Gott um Rettung bitten." Nein,
sie sagen: "Sogar, wenn Gott uns nicht rettet..." Mit diesem großartigen
Bekenntnis legen sie die ganze Situation in die Hand Gottes. "Auch wenn
Gott auf andere Wege führt als wir es erwarten, bleiben wir ihm doch treu."
Mit Ihrem ganzen Vertrauen legen sie sich in Gottes Hand.
Liebe Brüder und Schwestern, an Gott zu glauben bedeutet nicht, dass wir
das bekommen, was wir uns wünschen. Die drei Männer wollten nicht
mit Gott diskutieren. Sie vertrauten darauf: Gott wird sich in dieser Situation
zeigen. "König, du hast gefragt, welcher Gott uns aus deinen Händen
zu retten vermag. Dies ist unser Gott. Wir legen unser Schicksal in seine Hände"
sagten sie.
Dann wurden sie in die Feuersbrunst geworfen. Vers 20 sagt, dass sie erst gefesselt
und dann in die Flammen geworfen wurden. Gefesselt! Ohne eine Chance, sich zu
bewegen oder gar zu fliehen. So stürzten sie in die Flammen.
Und nun geschahen zwei Wunder: das erste ist: Gott hat sie nicht aufgegeben,
sondern er war mit ihnen. Gott selbst kam hinein in ihre Not, in ihre Angst
und in die Gefahr. Als der König in den Ofen sah, da sah er nicht drei,
sondern vier Männer in den Flammen. Und der vierte sah aus "als wäre
er ein Sohn der Götter" - War es Jesus? Oder war es ein Engel? Die
Bibel sagt es uns nicht. Wie auch immer, das ist klar: Gott ließ die drei
nicht allein. Auch das wiederum ist bis heute wahr für viele Kirchen in
Verfolgung heute.
Und es gibt noch ein Wunder: Sie wurden gefesselt ins Feuer geworfen, aber nun
laufen sie frei darin umher. In ihrer Not, in dem Feuer gab Gott ihnen eine
unglaubliche Freiheit durch seine Gegenwart. Viele verfolgte Christen bezeugen
dasselbe heute. Eine Christin namens Rhee erlitt das Martyrium für Christus
in Nord-Korea in vergangenen Jahr. Vor ihrer Hinrichtung bedrohten die Nordkoreanischen
Sicherheitskräfte sie mit dem Tod, wenn sie weiter am christlichen Glauben
festhalten würde. Sie aber antwortete: "Ich bin bereit, mein Leben
loszulassen - eher, als meinen geliebten Herrn und Retter zu verleugnen."
Die Männer konnten umhergehen. Das Feuer hat ihre Fesseln und Ketten verbrannt,
aber die Haare und Kleider rochen noch nicht einmal nach Rauch. Sie waren inmitten
des Feuers und doch unverletzt. Gott hat sie beschützt. Dies sollte uns
nicht dazu verleiten, zu meinen, Verfolgung und Leiden um Christi willen sei
eine leichte Sache. Aus der menschlichen Sicht war dies schwer, ja geradezu
unmöglich zu ertragen. Aber Gott war mit ihnen. Sie mussten durch das Feuer
gehen. Warum? Um dem König zu zeigen, wie der wahre Gott handelt und dass
er tatsächlich die drei Männer aus der Hand des Königs retten
kann.
Unsere christlichen Schwestern und Brüder erdulden manchmal schweres Leiden,
damit die Menschen um ihnen erkennen mögen, wie groß unser Gott ist.
Sie brauchen unsere Fürbitte. Gebete, die begleitet sind von unseren Tränen.
Gebete mit echtem und tiefem Mitleiden für unsere Schwestern und Brüder,
die so sehr an vorderster Front stehen.
Es gibt viele Lektionen in dieser einen Geschichte. Wenn wir darüber nachdenken,
kommen wir in gefährliches Gebiet. Die Frage für uns ist: Sind auch
wir - wie diese jungen Männer und wie Daniel, wie unsere verfolgten Glaubensgeschwister
- bereit, fest zu bleiben, wenn wir in eine Situation geraten, in der es alles
kosten kann, Jesus treu zu bleiben?
Die leidenden Kirchen weltweit erleben bis heute verschiedene schwere Verfolgungen.
Die Christen in der freien Welt müssen für diese Kirchen beten, und
sie müssen sich innerlich darauf vorbereiten, dass auch für sie Zeiten
der Verfolgung kommen können. Dafür sollten wir uns öffnen und
von den verfolgten Christen lernen, damit wir bereit sind, wenn ein Sturm von
Verfolgung losbricht. Amen!
Pfr. Yong Joon Choi, koreanische Han - Bit Gemeinde, Köln |