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Predigt zu Markus 16, 9-14 Sonntag Quasimodogeniti 22. April 2001
Liebe Gemeinde,
"Der Herr ist auferstanden! Ich bin ihm begegnet. Ich habe seine Füße
berührt und mit ihm gesprochen. Er hat gesagt, wir sollen nach Galiläa
gehen, dort werden wir alle ihn sehen."
"Wir sind Jesus begegnet. Erst haben wir es gar nicht gemerkt, aber als
er mit uns am Tisch saß und das Brot brach - da wussten wir es: es war
der Herr! Er lebt."
So oder ähnlich klangen die Berichte der ersten Zeugen. Übersprudelnd,
ohne Zusammenhang, begeistert und völlig überzeugt.
Und die elf Jünger? Die hörten sich das an. Zwei sind auch losgerannt
zum Grab, fanden es so, wie die Frauen erzählt hatten: der Eingang zum
Grab offen, die Leintücher liegen da, aber der Leichnam weg. Und trotzdem:
sie glaubten es nicht.
Ich lese aus dem Markus-Evangelium im 16. Kapitel die Verse 9-14
Zwei unabhängige Zeugen - nach jüdischer Rechtsauffassung hätte
das reichen müssen, um das, was gesagt wurde, auch zu glauben. Und hier
waren die Zeugen sogar glaubwürdige Freunde.
Und trotzdem: zweimal diese niederschmetternde Feststellung: "... sie glaubten
es nicht."
Ahnen wir etwas davon, dass es beim Osterglaube um mehr geht als um facts? Um
objektive Tatsachen? Das auch! Aber diese Tatsachen fordern das ganze Denken,
die ganze Weltsicht heraus. Was von den Zeugen berichtet wird, ist eben nicht
eine Schilderung von Ereignissen, die - hätte es das damals schon gegeben
- mit dem Camcorder hätten aufgezeichnet werden können. Was dann?
Als Jesus sie dann selber aufsucht, findet er keinen Glauben vor, sondern Herzensverhärtung
und Unglauben. Das kann uns auf eine Spur bringen.
Ostern ist offenbar nicht der Anfang des Glaubens, sondern erst einmal der Beginn
einer großen Verunsicherung.
Das Evangelium für den heutigen Tag stellt uns zwei ernste Fragen:
- Wie entsteht aus Unglaube Osterglauben?
- Warum glauben Menschen nicht?
Zuerst die Frage: Wie entsteht aus Unglaube Osterglauben?
Es geht hier nicht um die Frage, ob wir die Existenz Gottes bejahen.
Oder ob wir die Bibel für Gottes Wort halten.
Man kann das alles richtig finden und doch von Unglaube erfüllt sein -
wie damals die Jünger.
Paulus hat einmal einen Römer gefragt: "Warum wird das bei euch für
unglaublich gehalten, dass Gott Tote auferweckt?" Es gibt Unglauben bei
sehr religiösen Menschen. Sogar bei sehr Frommen!
Was Jesus meint, wenn er nach Glauben fragt, ist dies: Welche Macht trauen wir
ihm zu?
Auch die Macht über den Tod? Die Macht über unreine Geister? Oder
auch die Macht, die Seinen zu beschützen, für ihr Leben zu sorgen
und sie zu bewahren vor Gefahr und Not?
Glauben hat ganz tief etwas mit Vertrauen zu tun. Vertrauen, das ist mehr als
Wissen.
Wenn meine Tochter ganz unbefangen in meine ausgebreiteten Arme springt und
sich überhaupt keine Sorgen macht, dass ich sie nicht auffangen könnte,
dann ist das Glauben.
Wie entsteht solcher Glaube?
Jedenfalls nicht aufgrund einer einmal gemachten Erfahrung oder eines Lebenszeugnisses,
das wir mal gehört haben. Glaube ist etwas, was auf einem Weg wächst.
Bei manchen geschieht dies durch sehr klar zu benennende Stationen:
So bei Maria aus Magdala. Am Anfang ihres Weges stand eine sehr tiefgehende
und die ganze Person erfassende Erfahrung: Jesus, so wird gesagt, trieb sieben
unreine Geister von ihr aus. Dann ging sie mit ihm, beobachtete, was er sagte
und tat und lernte. Und dann die Begegnung mit dem Auferstandenen. Sie kam vom
leeren Grab - innerlich aufgewühlt und erschrocken. Und plötzlich
steht einer vor ihr und fragt sie nach ihrem Kummer: "Warum weinst Du?"
Und spricht sie dann mit ihrem Namen an: "Maria!"
Da fällt es ihr wie Schuppen von den Augen: "Rabbuni - mein Meister!"
Das ist eine Geburtsstunde des Osterglaubens.
Dieses Erkennen von Jesus als dem Lebendigen.
Manchmal ist es die ganz persönliche menschliche Zuwendung, die jemand
in einer Lebenskrise erfährt, die einen Durchbruch zum Glauben auslöst.
Bei anderen ist der Weg in den Glauben eher unauffällig und ist erst im
Rückblick zu benennen. So war es bei Kleopas und seinem Freund: sie haben
erst im Rückblick begriffen, was dort auf dem Weg geschehen war, wer da
bei ihnen war und ihnen die Bibel geöffnet hat. "Es ist der Herr!".
Das merken sie beim Brot brechen - übersetzt: in der Feier des Mahles.
So ist es auch heute bei vielen. Sie gehen den Weg in einer Gemeinde mit, lesen
in der Bibel, feiern Gottesdienste mit, singen Loblieder, empfangen die Gastfreundlichkeit
Gottes im Abendmahl
und irgendwann blicken sie zurück und erkennen: "Mein Herz ist ja
längst warm geworden, ist entbrannt für den Glauben an den Auferstandenen."
Wie kommt es dazu, dass Menschen glauben? Es bleibt ein Geheimnis. Was wir erkennen
können: meistens ist es ein längerer Weg, den Gott mit Menschen geht.
Das andere Thema heute morgen ist die Frage: Warum glauben Menschen nicht?
Warum glauben die Jünger den ersten Zeugen nicht?
Warum erleben wir es auch heute immer wieder: da wissen Menschen genug aus der
Bibel, sind oft in unseren Gottesdiensten. Und trotzdem: wir haben den Eindruck:
sie sind und bleiben seltsam distanziert. Man spürt ihnen nichts ab von
Begeisterung oder Bereitschaft, sich einzusetzen für die Gemeinde.
Jesus spricht hier von Herzenshärtigkeit! Ein deutliches Wort!
Der Glaube, wie Jesus ihn meint, ist nicht erst eine Kopfsache, sondern eine
Herzensangelegenheit. Was uns nicht ins Herz gerutscht ist, das verändert
unser Verhalten nicht!
Und offenbar gibt es so etwas wie eine Verhärtung des Herzens. Im Griechischen
klingt das wie eine medizinische Diagnose: Sklerokardie! Das Herz ist hart!
Es kann nichts eindringen. Da hat jemand dicht gemacht oder nie wirklich aufgemacht.
Was ist das, das Menschen sich nicht darauf einlassen, in ihr Leben Jesus hinein
zu lassen?
Erfahrungen machen hart. "Mir hat nie jemand was geschenkt!" - wer
so empfindet, der ist nicht bereit, sein herz zu verschenken. Wer oft von Menschen
enttäuscht wurde, hat sich einen Panzer zugelegt - noch einmal lasse ich
mir nicht so wehtun! Vielleicht ist es ein tief empfundener Schmerz über
den Verlust eines geliebten Menschen. Etwas, wo einer nicht drüber weg
kommt. Herzensverhärtung!
Ein anderer hat gelernt: nur mit meinem Leid bekomme ich überhaupt Aufmerksamkeit.
Also muss ich leiden. Einer, der mir einen Ausweg aus dem Leid verspricht, bedroht
mich geradezu damit. Wo bleibe ich, wenn mein Leiden von mir genommen wird?
Nimmt mich dann überhaupt noch jemand ernst? Herzensverhärtung!
Oder einer weiß um eine schwere Schuld in seinem Leben. Auch das macht
ein herz hart. Da ist etwas über lange Zeit gut vertuscht worden - und
hat doch die Macht entwickelt, in mir die Fähigkeit zum Glauben zu unterdrücken.
Wer selber Dinge unbedingt geheim halten muss, der hat es schwer, einem anderen
ganz zu vertrauen. Der kann auch das Zeugnis von der Auferstehung nicht wirklich
an sich heran lassen.
Die Elf hatten eines gemeinsam: sie alle hatten Angst um ihr Leben - und mehr
oder weniger hatten sie alle das getan, was von Petrus so klar berichtet wird:
als es darauf ankam, sich zu Jesus zu bekennen, da sind sie ausgewichen und
geflohen. Da haben sich versteckt.
Alle elf wussten: am Karfreitag ist nicht nur Jesus der Macht des Feindes unterlegen
- jeder von uns hat an diesem Tag eine Niederlage in seinem Glauben erlitten.
Wenn bei jemandem das Zeugnis des Glaubens nicht ankommt - wenn sein Herz verhärtet
ist, dann kann es daran liegen, dass da Dinge noch unbereinigt sind, die sein
Herz haben verhärten lassen.
Jesus weiß um diese Dinge. Er sieht unser Herz an - und wie ein Arzt erkennt
er auch unsere Krankheit, wenn sie denn Verhärtung des Herzens heißt.
Tröstlich ist: Jesus geht trotzdem zu ihnen hin. Er will gesund machen
und heilen, was an unseren Herzen verhärtet und krank ist. Lassen wir das
zu? Bitten wir Gott, unser verhärtetes Herz gesund zu machen? Er will das
tun. Er kommt zu seinen Jüngern - und diese Begegnung verändert alles.
Aus Unglaube wird Osterglaube.
Amen!
Stille
Glaubensbekenntnis
Kollekte für die Jugendarbeit und Diakonie ansagen!
Lied: Liedblatt Herr, das Licht deiner Liebe leuchtet auf...
Björn Heymer |