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Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7) Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. (1. Samuel 16, 7)

Predigt zu Johannes 20, 11 - 18 Ostermontag 16. April 2001

Ein schreckliches Wochenende liegt hinter Maria von Magdala. Sie haben Jesus gefangen genommen und in einem kurzen Prozeß verurteilt. Er wurde ans Kreuz genagelt und starb wie ein Verbrecher. Drei Tage ist es her, daß sie Jesus begraben haben. Und nun beginnt die neue Woche!
Was für eine schwere und dunkle Woche wird es werden?

1. Ist das, was geschehen ist, das Ende?
Früh am Morgen, in der Dämmerung, läuft Maria aus Magdala durch die Straßen von Jerusalem zum Grab Jesu.
Sie möchte seinem Leichnam einen letzten Liebesdienst erweisen.
Sie ist traurig. Das ist schon am gebeugten Gang und dem Hängenlassen des Kopfes ganz offensichtlich erkennbar. Sie weint und schluchzt.
Jeder Schritt ist von Tränen begleitet. Sie kommt am Grab an und blickt hoch. Und sie traut ihren Augen nicht!
Der Stein ist weggerollt. Schnell eilt sie zurück zu den Jüngern. Diese laufen zum Grab und stellen fest: Das Grab ist leer. Die Jünger rennen wieder zurück nach Jerusalem. Maria aus Magdala aber bleibt allein am Grab zurück.Tiefe Bestürzung und Ratlosigkeit erfüllt ihr Herz.
Jesus lebt nicht mehr, der ihr Leben so gravierend verändert hat. Jesus, der die Macht hatte, daß sie endgültig von allen bösen Geistern verlassen wurde. Durch ihn waren alle dämonischen Selbstquälereien vorbei. Indem sie sich Jesus zugewendet hat, erfuhr sie Heil und Hilfe.
Jesus hat ihr ein neues, ein angstfreies und fröhliches Leben geschenkt.
Und nun ist Jesus tot.
Ist das das Ende?
Beginnt nun wieder ihr altes Leben?

Das leere Grab zeigt die Begrenzung unseres Lebens, die niemand umgehen kann.
Der Tod ist eben die Grenze unseres Lebens. Keiner von uns kann sie durchbrechen oder selbst überwinden, mag er sich noch so mühen, bemühen oder gar darum kämpfen. Mit dem Tod Jesu ist bei Maria aus Magdala nichts als Leere, Trauer, Verzweiflung und Hilflosigkeit geblieben.
Hinzu kommt noch, daß das Passafest wieder vorbeigegangen war, ohne daß die Hoffnungen der Jünger auf Erlösung und Befreiung in Erfüllung gegangen sind. Der "König der Juden" starb den Verbrechertod am Kreuz. Das bot eher ein Bild menschlicher Ohnmacht und Verlassenheit.
Von Triumph und machtvoller Herrschaft eines Königs war augenscheinlich nichts zu sehen.
Das alles und dazu der Verlust des geliebten Herrn bewegt Maria. Alle Erwartungen sind zerronnen,
alle Hoffnungen in Jesus zerbrochen. Maria, die am Grabe Jesu steht und weint, steht für viele Menschen vielleicht auch für den einen oder die andere heute morgen.
Der Tod eines lieben Menschen führt in Hoffnungslosigkeit, Ohnmacht, Verzweiflung und Hilflosigkeit. Der Schmerz sitzt tief. Die Trauer um einen lieben Menschen verschließt den Blick.Wir sind nicht mehr fähig, über das Grab hinauszusehen und zu planen.
Man sieht das Leben ohne Perspektiven, ohne Zukunft. Alle Türen scheinen wie verschlossen.
Man meint, es geht nicht mehr weiter.

Maria ist so in ihrer Trauer und in ihrer all zu menschlichen und begrenzten Wirklichkeit gefangen,
daß sie die Boten Gottes nicht richtig zur Kenntnis nimmt und nur sagt:
"Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben."
Mehr erkennt sie nicht. Sie erkennt nicht einmal den auferstandenen Herrn und meint,
es sei der Gärtner. Und im Blick auf die Trauer und den Tod, auf die Hoffnungs- und Perspektivenlosigkeit gibt es für Maria keinen anderen logischen Schluß als den, daß der, der ihr begegnet, der Gärtner ist.
Wer soll es sonst sein?

Ob wir ihn wohl erkennen, den auferstandenen Herrn?
Oder ob wir nicht auch in falschen Vorstellungen gefangen sind?
Halten wir ihn vielleicht für einen Großen in der Weltgeschichte?
Oder sehen wir ihn in einer Reihe mit Religionsstiftern wie Buddha, Konfuzius oder Mohammed?
Solange wir den auferstandenen Christus in diese Umgebung einreihen, haben wir ihn nicht erkannt.
Ja! Wir sind ihm nicht einmal auf der Spur. Einer unter anderen, einer, den man mit anderen vergleichen kann, das ist nicht der Christus, nicht der Auferstandene! Und so fragt sie konsequent-logisch weiter: "Wo hast du ihn hingelegt, so will ich ihn holen."
Das alles zusammen ist gedacht, gelebt und erlitten in der alten Wirklichkeit, in der wir leben, die uns umgibt, in der das Unmögliche nicht möglich sein kann. Eine Wirklichkeit, die Gottes Möglichkeiten außer acht läßt, die mit Gott nicht rechnet.Und ich denke, daß jeder und jede von uns sich hier wieder findet. Das ist der Ostermorgen für Maria von Magdala.
Das Geschehen von Ostern kann sie erst einmal nicht begreifen.
Von Fest keine Spur. Kein Licht, keine Freude, kein Leben, kein Sieg, keine Halleluja-Lieder.
Nur Trauer und Tränen, eine begrenzte Gedankenwelt, Fragen, Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Erschrecken und Zittern. Ostern ist verwurzelt in Karfreitag. Mit Karfreitag scheint alle Hoffnung gestorben zu sein, da ist keine Freude, sondern Tränen, da bestimmt das Gefühl von Verlust;
und vom Überwinden des Todes ist nichts zu erkennen.Ist der Tod Jesu am Karfreitag das Ende aller Hoffnungen für Maria von Magdala, für die Jünger, für die Anhänger Jesus und für uns heute?

Nein!!! 2. Es ist vielmehr die Wende!!!!

Nun aber existiert in unserem Bericht auch eine andere Linie.
Sie ist die Linie der "neuen Wirklichkeit",
die Maria von Magdala bisher verborgen geblieben ist.
Es ist die "neue Wirklichkeit",
die mit den unbegrenzten Möglichkeiten Gottes rechnet,
die sich mit Jesus Christus für sie und uns eröffnet.
Die neue Wirklichkeit Gottes leuchtet als helles und befreiendes Licht in die Finsternis und Dunkelheit unser alten Wirklichkeit hinein.

Da sind zunächst die zwei Engel in weißen Kleidern. Sie sind in seinem Auftag unterwegs.
"Frau, was weinst du?"
Durch die Frage der Boten Gottes wird endlich die Stille der Trauer durchbrochen.
"Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!"
Nun hat Maria es aussprechen können. Die Worte klingen nach Schmerz, Ratlosigkeit und nach Sehnsucht. Aber es tut gut, wenn man das Bedrückende und das Sich-Selbst-Fragende einmal aussprechen kann und wenn sich jemand dafür interessiert und zuhört. Damit beginnt die Wende. Damit beginnt auch für Maria Ostern. Es ist zwar noch kein Osterfest, aber ein Dämmern, ein Aufhellen, ein allmähliches Hellwerden! Gott ist jetzt am Werk. Mit dem Erscheinen der beiden Boten erkennen wir:
Gott ist da!
Er kümmert sich um Maria aus Magdala und um uns. Es ist wie bei den 3 D-Bildern:
In eine Fülle von äußeren Eindrücken taucht plötzlich Gott selbst auf, dessen neue Wirklichkeit in die Welt und unser Leben hinein scheint. Und dann steht der Auferstandene selbst bei Maria und fragt, obwohl er schon längst weiß, was Maria bewegt:
"Warum weinst du?"
Die Frage ist nicht vorwurfsvoll, sondern mitfühlend und teilnehmend. Christus, der Auferstandene, weiß, wie es in der "alten Wirklichkeit" zugeht. Wie es ist, wenn die Not im Leben herrscht, die Schmerzen einen zu erdrücken scheinen und die Zukunft einem düster und ausweglos vorkommt.
Christus leidet mit uns. Er kommt mitten in unser Leid hinein. So ist seine Frage aus seiner erbarmenden Liebe zu uns heraus motiviert.

Und aus Liebe und seinem Mit-leiden stellt Christus eine zweite Frage:
"Wen suchst du?" Christus weiß, daß wir alle auf der Suche sind; daß wir alle eine Sehnsucht haben, aus dieser "alte Wirklichkeit" befreit zu werden, die uns einengt, Kraft raubt und die Zukunftsperspektiven zerstört. Letztendlich sind wir doch alle auf der Suche nach dem verlorenen Paradies und nach der Gemeinschaft mit Gott.

Und unser Predigttext zeigt es uns:
Der auferstandene Herr selbst muß Maria aus ihrer Trauer befreien.
Er redet sie beim Namen an: "Maria!"
Er ruft sie also ganz persönlich mit Namen. Bei ihm ist niemand ein namenloses Wesen oder eine Nummer, die austauschbar wäre.

Christus schenkt ihr damit seine starke Zuwendung, die sie jetzt auch braucht. Das erinnert mich daran, was in Johannes 10, 3 steht: "Er ruft seine Schafe mit Namen"
und in Jesaja 43, 1: "Fürchte dich nicht ...., ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein."

Mit dieser zu tiefst persönlichen Anrede mit ihrem Namen - und da können wir alle unseren Namen einsetzen - nimmt Christus die Maria und uns mit hinein in Gottes Möglichkeiten,
in seine neue Wirklichkeit. Er öffnet uns die Augen dafür, daß bei ihm das Unmögliche möglich ist.

Martin Luther bemerkt in einer Predigt: "Niemand kann Jesus finden, auch wenn er vor ihm stehet,
es sei denn, daß er sich finden lasse." Und Christus läßt sich von Maria finden.
Sie erkennt den Auferstandenen und nennt ihn Meister. Ein Band ist geknüpft, das nicht mehr zerreißen kann: So wie Maria sind auch wir mit hineingenommen in Gottes Welt, in der Gott bei uns ist und wir bei ihm, in der kein Tod und kein Geschrei mehr sein wird, kein Weinen und keine Tränen. Erkennen wir wie Maria: Christus hat mich erlöst aus der alten Existenz der Vergänglichkeit, der Trennung von Gott, von Schuld und Verzweiflung?
Leben wir in der Gewißheit, daß uns nichts mehr von der Liebe Gottes trennen kann, die er uns in Jesus Christus, unserem Herrn, bewiesen hat?

3. Christus sendet uns!
Maria aber lebt noch - wie wir - in der alten Wirklichkeit, und trotzdem auch schon in Gottes neuer Wirklichkeit. Wir leben im Glauben und noch nicht im Schauen. In der Begegnung mit dem Auferstandenen bricht die neue Wirklichkeit Gottes in unser Leben hinein, wie die Sonnenstrahlen in den neuen Tag. Und wo das passiert, werden wir zu Zeugen der Auferstehung, werden wir zu Missionaren wie Maria, werden wir zu Gesandten des auferstandenen und lebendigen Christus.

Maria wird von Christus beauftragt. Er sendet sie zu seinen Jüngern: "Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen!" Sie soll weitersagen, was sie gehört und gesehen hat, sie soll Zeugin der Auferstehung und des Auferstandenen sein. Es soll kein privates Erlebnis bleiben, das sie voller Freude in ihrem Herzen verschließt und wegsperrt. Martin Luther sagt in einer Osterpredigt zu dieser Stelle:
"Der Herr macht eine Predigerin aus ihr, daß sie eine Meisterin und Lehrerin der lieben Apostel sein kann." Wie Maria zu den Jüngern gesandt wird,
um zu verkündigen: "Ich habe den Herrn gesehen und solches hat er zu mir gesagt",
so sind auch wird gesandt.
Wenn Christus einen Jünger oder eine Jüngerin ruft, dann nimmt er sie auch immer in seinen Dienst und sendet sie. Menschen warten auf uns und unsere Botschaft: im Krankenbett, in Verzweiflung, in Ausweglosigkeit und Sinnlosigkeit, in Ängsten, in Schuld und Verirrung.
Sagen wir nicht vertröstend: "Das Leben muß weitergehen", sondern sprechen wir von dem,
was Gott für uns und an uns getan hat. Alles Grübeln darf bei ihm abgeladen werden
und alles, was unsere Herzen verletzt und vernarbt hat. Wo Christus uns begegnet, da verwandeln sich Tränen der Trauer und Verzweiflung in Freudentränen.

In der Auferstehung ist in Christus nicht nur der Tod überwunden, sondern wir sind mit hineingenommen in die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater.
"Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott."
Der Vater Jesu ist nun auch unser Vater. Was am Kreuz durch Christus errungen wurde,
ist nun in Kraft gesetzt. Die neue Wirklichkeit ist für uns da. Darin besteht die ganze freudige Osterbotschaft. In ihm, dem Sohn Gottes, der "wahrer Mensch" und "wahrer Gott" ist, sind "alte" und "neue" Wirklichkeit unlösbar miteinander verbunden. Wer sich mit hineinnehmen läßt in Gottes Reich, wer zu einer gelebten Beziehung mit Christus bereit ist und lebt,
sagt zu dem allmächtigen Gott: Vater. So ist das Himmelreich nicht nur zeitlich nahe gekommen,
sondern auch räumlich. Das "Fremde" im Sterben wird zum "Heimgehen", die Angst und das Sorgen zum Vertrauen und die Vergänglichkeit zur Zuversicht und Gewißheit.
Die Leere des Lebens weicht dem Sinn, die Finsternis dem Licht. Die neue Wirklichkeit Gottes ist für uns angebrochen. Lassen wir uns durch die Osterbotschaft "Christus ist wahrhaftig auferstanden und lebt" mit hineinnehmen in die Gemeinschaft mit ihm und seinen Vater.
Und wollen wir uns doch heute morgen neu senden lassen in unsere Häuser, in unsere Arbeit, in unsere Familien und an unseren Platz in der Gesellschaft.

Christus fragt uns heute:

"Wen soll ich senden?
Wer will geht?
Wer trägt meine Liebe in die Welt hinein?
Wer will für mich Bote sein?"

Verschließen wir uns doch diesen Fragen nicht mehr, sondern geben unser ganzes Leben als Opfer hin und antworten:
"Jesus ich will gehn, sende mich. Ich will leben mit dir, gebrauche mich.
Jesus, ich will gehn, sende mich."
Amen.

Rainer Strauß