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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 15. April 2001, Osterfest  über Lukas 24, 1-8 --

Ihr Lieben,

Der Schock des Karfreitag steckte den Jüngern Jesu in den Knochen.
Sie mussten nicht nur mit ansehen, wie ihr verehrter und geliebter Lehrer qualvoll am Kreuz starb - brutal hingerichtet von der römischen Besatzungsmacht,
dort auf dem Hügel vor der Stadt war auch ihre Lebenshoffnung gescheitert, ja, ihr Glaube an Gottes rettendes Eingreifen war zerbrochen.
"Wir aber dachten, er sei es, der Israel erlösen würde." - das war der quälende Gedanke nicht nur der beiden auf dem Weg nach Emmaus.
Wenige Tage vorher hatten sie sich noch gestritten, wer im bald anbrechenden Reich Gottes die Ministerposten bekommen würde - und nun war Jesus tot.
Alles, worauf sie ihr leben hatten bauen wollen, lag in Scherben.
Es gibt Zeiten, da kann man nicht schlafen, da kann man aber auch nichts tun - man ist wie gelähmt.
Eine nicht enden wollende Nacht hatte die Jünger eingeschlossen.
Und die Frauen? Nicht weniger erschüttert, nicht weniger enttäuscht und ratlos.
Aber: anders als die Männer taten sie, was zu tun ist:
Sobald der Sabbat vorüber war, also am Samstagabend hatten sie die nötigen Zutaten gekauft, um den Leichnam einzubalsamieren. Die Nacht war vergangen mit dem Zubereiten von Salben und Ölen und jetzt, in der Dämmerung des neuen Tages machten sie sich auf, um das nachzuholen, wozu am Freitagabend keine Zeit mehr war:
Das Ordentliches Einbalsamieren des Leichnams als Einleitung des Verwesungsprozesses. Ein Jahr später würden sie dann die Knochen auf der Liegestatt in der Grabhöhle einsammeln, in einen kleinen Steinkasten packen und endgültig bestatten. Die nötige Routine angesichts des Unfassbaren.
Doch dazu kam es nicht.
Lukas berichtet, was die Frauen am Grab vorfanden:
Am ersten Tag der Woche sehr früh kamen die Frauen zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: "Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Erinnert Euch daran, was er gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muß überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. Und sie erinnerten sich an seine Worte.
Das war der erste Ostermorgen der Geschichte. Es ist der dramatische Wendepunkt in der Geschichte derer, die Jesus nachfolgten. Hier - mitten in der Routine des Todes leuchtet das auf, was dann Glaube genannt wird.
Es ist die Routine des normalen Handelns, Denkens und Empfindens - ohne Glaube, ohne Vertrauen zu Gott. Und gerade darin zeigen sich die ersten Spuren des neuen Glaubens; des Glaubens an den Auferstandenen.
Die Routine ohne Gott ist damals wie heute gekennzeichnet durch drei Dinge: Zu spät kommen; An der falschen Stelle suchen und Die Worte Gottes vergessen oder nicht ernst nehmen.
1. Wir kommen zu spät!
Wie Jesus aus dem Grab wieder heraus kam, hat niemand gesehen - und keiner berichtet. Es ist und bleibt ein Geheimnis. Es gehört zur Glaubwürdigkeit der Evangelien, daß sie an dieser Stelle ehrlich und sehr nüchtern sind. Gott lässt sich in seinem Tun nicht auf die Finger schauen. Das gilt nicht nur hier, sondern das erleben wir immer wieder. Hier und da glauben wir, Ergebnisse des Handelns Gottes zu sehen - und doch: ob wirklich Gott gehandelt hat, das ist immer mehrdeutig.
Wenn da einer krank war und gebetet hat - und später tatsächlich wieder gesund wurde - hat da nun Gott Heilung geschenkt? Oder war es ein Zufall? Oder doch die Kunst der Medizin?
Wir haben etwas verloren und bitten Gott, daß er uns finden hilft - war das nun Gott? Oder doch ein Zufall?
Gott lässt sich nicht beweisen - so viel ist sicher.
Was immer wir als Glaubenserfahrung beschreiben, bleibt mehrdeutig.
Auch das leere Grab.
Schon damals kam schnell das Gerücht auf: sie haben den Leichnam gestohlen, und dann verbreitet, er sei auferstanden. Das leere Grab allein beweist nichts.
Es ist eben nur ein leeres Grab - schrecklich für die, die aus ihrer Routine aufgerüttelt werden.
Routine ohne Gott ist
2. Wir suchen Gott an der falschen Stelle
"Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?" - So werden die Frauen gefragt. Sie haben den Lebenden gar nicht gesucht! Sie suchen den Leichnam - als wenn es Gott nicht geben würde. Ihr Plan war es, das Begräbnis zu organisieren - mehr nicht. Das Normale, eben, als wenn es Gott nicht gäbe. Könnte es sein, daß wir in der Gemeinde manchmal ganz ähnlich planen und handeln:
Wir tun, was zu tun ist; Es gibt ja schließlich Ordnungen und Vorschriften.
Bloß keine Veränderungen; keine Überraschungen oder gar ein Risiko.
Eine beklemmende Vorstellung: Es stellte sich heraus, daß Gott wirklich tot sei - aber wir machten einfach weiter, wie es sein soll.
Routine in der Kirche, die eine Routine des Todes geworden ist?
Könnte es sein, daß uns das auch im Privaten passieren kann?
Die Routine von lieben Gewohnheiten, ohne das wir noch offen ist für Neues, für Überraschungen?
Den Lebenden findet ihr dort nicht! Gott ist nicht zu finden, wo nur das zugelassen wird, was wir fest im Griff haben.
Und das dritte, was eine Routine ausmacht, die nicht mit Gott rechnet:
3. Wir vergessen, was Gott uns gesagt hat oder verstehen es falsch.
Wir finden die Spuren des Handelns Gottes nicht, weil wir die Bibel zu wenig kennen. Die Frauen hätten es ja wissen können: Jesus hat nicht nur sein Sterben angekündigt, sondern auch, daß er wieder auferstehen würde.
Daran erinnern die Männer die Frauen: Erinnert Euch daran, was er gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen.
Stimmt, das hatte Jesus gesagt. Aber das allein zu wissen, bedeutet nicht, zu glauben. Es gibt einen Umgang mit der Bibel, der nichts mit Glauben zu tun hat.
Die Frauen am Grab hatten vergessen, was Jesus gesagt hatte; Wir vergessen, was in unser Weltbild nicht hineinpasst. Wir hören immer nur, was wir hören wollen. Was in unsere Routine passt, die eine Lebensroutine ohne Gott ist.

Und doch: der Anbruch des Ostermorgens ist auch der Beginn des Glaubens. An den Frauen erkenne ich drei Keime des Glaubens:
Glaube wächst auf - im Tun des Normalen, - im Entdecken des leeren Grabes und - im Erinnern an Gottes Worte
1. Der erste Keim geht auf im Tun des Normalen.
Es war ja nicht verkehrt, zum Grab zu gehen und den Leichnam zu versorgen. Selbst ohne Hoffnung war es das Richtige, was die Frauen taten.
Hätten sie sich nicht auf den Weg gemacht, dann wäre ihnen das Wunder nicht aufgeleuchtet. Sie suchten dabei nicht Gott, sie rechneten nicht damit, dem Lebendigen zu begegnen. Aber Gott tritt ihnen in ihrer Routine in den Weg.
Der Ostermorgen sagt auch:
Gott tritt Menschen unerwartet in den Weg. Das können wir nicht planen.
Es geschieht! Wir feiern Ostern wie üblich, so, wie immer -wir rechnen nicht damit, dem lebendigen Gott zu begegnen - weder im Gottesdienst noch in den besonderen Begegnungen in diesen Tagen.
Und dann spricht uns plötzlich dieser Lebendige an und sagt: "Ihr sucht mich an der falschen Stelle! Ich bin da, aber nicht so, wie ihr mich erwartet."
Im Tun des ganz Normalen tritt uns Gott selber in den Weg.
2. Das Grab war wirklich leer -dies ist der zweite Keim des Glaubens.
Der Leichnam war einfach weg. Das ist von Anfang an bestritten worden. Man hat behauptet, die Leiche sei gestohlen worden. Oder später: Jesus sei nur scheintot gewesen.
Solche Thesen belegen vor allem: irgendwie musste das leere Grab erklärt werden - eben, weil es unbestreitbar leer war.
Es klingt völlig unglaublich und ist auch aus der damaligen Zeit und den religiösen Erwartungen überhaupt nicht zu erklären.
Beweisbar ist es schon gar nicht. Es ist wie eine Lücke, wie ein Loch im Bild dieser Welt. Der Finger Gottes hat in das Grab gezeigt und quasi einen Brandfleck hinterlassen: Hier gelten nicht mehr die Gesetzmäßigkeiten, die wir kennen. Hier beginnt die neue Schöpfung!
Der Sohn Gottes, geboren ganz als ein Teil dieser Welt, ist von Gott hinaus genommen und eingesetzt als erstes Teil der neuen Schöpfung. Geblieben ist in unserer Welt ein Loch, das wir nicht erklären können: das leere Grab.
Für die einen ein Unsinn, für andere ein Keim des Glaubens.
3. Im Erinnern schließlich liegt der dritte Keim des Glaubens.
Das wiederum ist gut jüdisch und passt ins das Bild der Zeit: "Sie erinnerten sich an seine Worte." Von der Erinnerung an das, was gewesen ist, lebt der Glaube. In der Bibel begegnen uns geschichtlich konkrete Menschen, die Erfahrungen mit Gott gemacht haben.
Das unterscheidet christlichen und jüdischen Glauben von anderen religiösen Ideen: Immer wieder der Bezug zu dem, was geschehen ist und bezeugt wurde. Erinnerungen kann man miteinander teilen - so bastelt sich nicht jeder seinen eigenen Glauben zusammen. Erinnerungen gilt es zu bewahren und immer wieder in die Gegenwart hinein zu retten. Deshalb kommen wir zusammen und feiern die Feste des Glaubens jedes Jahr neu. In der feiernden Gemeinschaft halten wir die Geschichte lebendig.
Wenn wir heute morgen miteinander zum Ostergottesdienst zusammen sind, dann ist es etwas anderes, als wenn jeder von uns für sich diese Geschichte gelesen hätte. Gelebter Glaube braucht die Gemeinde und den Gottesdienst.
Im gemeinsamen Singen und Beten, im Hören auf die Berichte der Zeugen und in der Feier des Mahles werden wir mit hinein genommen in das, was Gott getan hat. Davon lebt der Osterglaube.


Amen!

Björn Heymer